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Ausländer

Ausländer

Titel: Ausländer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baumhaus
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beitreten wollte. Am meisten lockte ihn immer noch die Luftwaffe, aber dort wurden nur wenige Bewerber genommen.
    Also würde es ziemlich sicher auf das Heer oder die Marine hinauslaufen. Gegen den Iwan im Ostland antreten oder in einem U-Boot irgendwo draußen auf dem Atlantik Torpedosauf Tommys oder Amis feuern. Irgendwo, wo es kalt war und schmutzig. Annas Aussichten waren weniger trostlos, doch keineswegs angenehmer. Wer an der Heimatfront blieb, zog zwar nicht hinaus, um den Tod zu suchen, wartete aber darauf, dass dieser zu ihm kam.
    Als sie die Tiergartenstraße entlanggingen, fuhren zwei HJ -Jungen auf Fahrrädern an ihnen vorbei. Die Jungen lehnten ihre Räder an die Mauer der japanischen Botschaft und marschierten auf das weitläufige Botschaftsgelände. Peter und Anna spähten durch das Geländer und beobachteten, wie die beiden durch die Eingangstür geleitet wurden.
    »Überbringen wahrscheinlich irgendwelche Nachrichten«, sagte Peter.
    Anna blickte die Straße hinauf und hinunter. Der Mond hatte sich hinter Wolken verzogen. Es war stockfinster und weit und breit niemand zu sehen. Bevor er sie davon abhalten konnte, kniete sie sich hin und schraubte die Ventile an einem der Fahrräder auf. Peter unterdrückte ein Kichern und nahm das andere Fahrrad in Angriff. Während die Luft leise aus den Reifen zischte, machten sie sich Hand in Hand eilig in die Büsche des Tiergartens davon. Irgendwann hörten sie in der Ferne wütende Stimmen. Sie setzten, halb hüpfend, ihren Weg fort. In der Nähe der Hofjägerallee bleiben sie stehen und bogen sich vor Lachen.
    Doch die Zeit wurde knapp. Sie beschleunigten ihren Schritt und verabschiedeten sich vor Annas Haustür. Gerade als sie sich küssten, wurde die Tür aufgerissen. »Wo seid ihr gewesen?«, fragte Oberst Reiter in strengstem Ton. Peter war groß, aber Annas Vater überragte ihn um ein ganzes Stück.
    »Beim Treffen des Winterhilfswerks, Vati«, sagte Anna, sichtlich bemüht, unschuldig zu klingen.
    »Ganz bestimmt nicht, in dieser Aufmachung«, erwiderte ihr Vater. »Und der junge Bruck war auch mit dabei? Ist wohl knapp an Mitgliedern, der BDM ? Nimmt jetzt schon Hitlerjungen auf?« Seine Stimme war ruhig, aber sein Sarkasmus unmissverständlich.
    Peter hatte Oberst Reiter noch nie wütend erlebt. »Kommt herein, ihr beiden«, sagte er. Es war eher ein Befehl als eine Aufforderung.
    Er scheuchte sie ins Esszimmer, wo Frau Reiter saß. Sie sah sehr aufgebracht aus.
    »Also, was ist passiert?«, fragte sie, an die beiden gewandt. »Anna, warum ist Peters Hand verbunden?«
    Anna blickte Hilfe suchend zu Peter. Darauf waren sie nicht vorbereitet.
    »Ich bin hingefallen und habe mir die Hand auf dem Pflaster aufgeschlagen«, sagte Peter kleinlaut. Es gefiel ihm nicht, die Reiters anzulügen. Es waren gute Menschen. Menschen, die er bewunderte.
    Die Eltern nickten, ohne zu lächeln.
    »Wir waren auf einer Tanzveranstaltung im Café Berta an der Oranienburger Straße«, sagte Anna. »Alles ganz anständig. Nette Leute.«
    »Was du nicht sagst«, erwiderte Oberst Reiter. Er versuchte es jetzt mit Logik. »Du hättest uns doch Bescheid gegeben, dass du dorthin gehst, wenn das der Fall gewesen wäre. Also, Peter, wo seid ihr gewesen?«
    Peter war kurz davor zu fragen: »Was ist das hier? Die Gestapo?«, aber er ließ es lieber bleiben. Er mochte die Reiters zusehr, als dass er ihnen rüpelhaft kommen wollte. Außerdem sah ihn Oberst Reiter an, als würde er ihm gleich eine Tracht Prügel verpassen.
    »Wir waren beim Swing-Tanzen. Die HJ ist hereingestürmt. Aber wir konnten entkommen«, sagte Anna.
    »Du dummes, dummes Mädchen«, stieß Frau Reiter, nach Atem ringend, hervor.
    Anna, die zuvor so gelassen gewesen war, als sie über die Zukunft gesprochen hatte, sah nun wie ein weinerliches Schulmädchen aus. Mit rotem Kopf starrte sie zu Boden.
    Frau Reiter wandte sich an Peter. »Du musst versprechen, so etwas nie wieder zu tun.«
    »Hat euch jemand gesehen, der euch kennt?«, fragte der Oberst.
    »Wir waren mit Segur dort«, sagte Peter. »Wir wissen nicht, ob er es geschafft hat abzuhauen.«
    »Das ist ja wunderbar«, sagte der Oberst. »Was meinst du, wie lange wird es dauern, bis er bei der Gestapo singt?
    Peter, wir haben dir vertraut, weil wir dich für einen anständigen, vernünftigen Jungen hielten. Aber du bist auch ganz schön töricht«, schimpfte er. »Ich sage dir, was passieren wird, falls Segur euch verrät. Die Gestapo wird hier aufkreuzen. Ich

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