Ausradiert - Nicht ohne meine Tochter: Thriller
riskierte nicht nur ihren Job, wenn alles aufflog, sondern eine m als vorerst gemeingefährlich eingestuften Patienten zur Flucht zu verhelfen und ihn dann auch noch bei sich zu verstecken, dürfte auch in den USA kein Kavaliersdelikt s ein. Das alles wegen Mitleid oder Zuneigung? Das tat doch kein Mensch, wenn er glaubte, jemand sei einfach zu Unrecht einsperrt worden. Dann müssten ja jeden Tag edle Gefängniswärter zu Fluchthelfern mutieren.
Mark fühlte sich überhaupt nicht gut bei der ganzen Aktion. Als er mit Alice Pierce wie gewünscht zusammenstieß, fiel sie fast auf den Boden, weil durch seine Aufregung aus dem gespielten Stolpern ein echtes wurde. Dabei kachelte sogar das Tablett mit dem Essen auf den Boden. Die Szene war komplett schiefgelaufen, aber der Körperkontakt fand statt. Sie fragte ihn sogar, ob ihm nicht gut wäre, weil er so verschwitzt auss ä he. Er entschuldigte sich und versicherte ihr, dass mit ihm alles okay sei.
Nachde m das Licht pünktlich um 22 Uhr gelöscht wurde und Ma rk sich zum Schein schlafen legte , war er aufgeregter als vor seiner entscheidenden Abiturklausur. Der gefährlichste Teil seiner Flucht stand noch bevor.
***
Gary hatte es eindeutig übertrieben. Dass er sie geschlagen hatte, fand Jana schon schlimm genug. Aber nachdem sie ihm klar zu verstehen gegeben hatte, dass sie zurück zu ihren Gasteltern wollte, sperrte er sie ein.
Was war denn bloß los mit ihm? Wenn er glaubte, sie würde sich das einfach so gefallen lassen, hatte er sich aber geschnitten. Völlig enttäuscht und wütend setzte sie sich auf das Bett und heulte los. Sie weinte so lange , bis sich keine Flüssigkeit mehr in ihren Augen zu befinden schien. Jana griff zu ihrem Tagebuch und suchte nach den glücklicheren Tagen, blätterte planlos darin herum . Sie hatte sogar aufgeschrieben, was sie alles mitgenommen hatte. Während sie die Zeilen durchlas, blieb ihr Blick an dem Wort ‚Ladekabel‘ hängen, sie blickte durch das Fenster nach draußen.
» So ein Arschloch « , hörte sie sich selbst sagen . » Ich habe das Kabel gar nicht vergessen, der wollte nicht, dass ich das Telefon aufladen kann. Der hat die ganze Aktion von Anfang an so geplant. « Völlig frustriert warf sie das Tagebuch gegen die Tür , ging hinterher und rüttel t e an dem verschlossenen Mistding . Die gab keinen Millimeter nach. Danach untersuchte sie das Fenster. Dieses beknackte Blockhüttenfenster, das einzige, ließ sich nicht öffnen. Mit dem Ellenbogen stieß sie mit ganzer Kraft gegen die Scheibe. Außer einem höllischen Schmerz tat sich gar nichts. Sie hastete zur Küchenzeile, riss die Schublade au f und suchte nach einem geeigneten Werkzeug. Ein Hammer war hier natürlich nicht zu finden. Hektisch wühlte sie das Besteck durch und griff nach dem Schleifwerkzeug, das wohl zum Schärfen von Messern diente. Unten am Griffstück befand sich eine kleine Spitze aus Metall. Damit müsste es eigentlich klappen. Bevor sie das Werkzeug ausprobierte , schaute sie nach draußen, ob sie Gary irgendwo entdecken konnte: Nichts zu sehen von ihm. Auch der Jeep war weg.
Zwei kräftige Schläge mit der Metallspitze des Messerschärfers genügten, um das Fensterglas zum Springen zu bringen. Ängstlich schaute sie nach draußen, horchte angestrengt. Nichts, außer Vogelgezwitscher.
Sie nahm sich ein Küchentuch , entfernte die restlichen Scheibenstücke aus dem Fenster und kletterte hindurch. Bei der Landung auf dem Knie zog sie sich eine Schür fwunde zu. Sie ignorierte den Schmerz und rannte los, direkt in den Wald.
Um sich nicht zu verlaufen, blieb sie immer in Sichtweite der Nebenstraße, die vom Blockhaus auf die Hauptstraße führte. Von da aus würde sie schon die Stadt finden oder zumindest jemanden, der ihr helfen könnte.
Jana musste, völlig außer Atem, Pause machen, hockte sich hinter einen Baum und wischte sich mit ihrem T-Shirt den Schweiß von der Stirn. Bevor sie weiterlief , horchte sie in den Wald hinein und hörte zunächst das Motorengeräusch eines Autos. Dann vernahm sie Textfetzen eines Liedes, das Gary und sie die vergangenen Tage oft gehört hatten:
Tonight we are young, so let’s set the wor l d on fire, we can burn brighter than the sun…
(Heute Nacht sind wir jung, lass uns die Welt in Brand stecken, wir können heller strahlen als die Sonne…)
Der Schreck scho ss in jede einzelne Zelle ihres Körpers , als sie IHN singen hörte .
I will carry you home toniiiiiiiiight.
(Ich werde dich nach
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