Ausradiert: Thriller (German Edition)
besser«, sagte Nick. Er breitete seine Arme aus, stark, kraftvoll. »Ich schwimme beinah täglich. Und esse wie ein Pferd. Steak und Eier zum Frühstück, Mittag- und Abendessen, Billie.« Er wies auf die Küche mit dem sauberen Teller im Abtropfgestell, Beweisstück A. »Mein Cholesterinspiegel jagt durchs Dach.«
Ihre Augen blieben unerbittlich. »Ändere deine Meinung, für mich«, sagte sie.
Aber darum ging es ja: Er konnte seinen Verstand nicht länger beeinflussen, dieser beeinflusste ihn, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. »Ich suche Dr. Tully auf«, versprach Nick, »sobald ich den Fall gelöst habe.«
»Wann wird das sein?«
»Kann ich nicht sagen.«
»Dann tut es mir leid«, sagte Billie. Sie beugte sich vor, küsste ihn auf den Mund, und dann war sie fort; aus der Tür und fort, so schnell, dass es ihn sprachlos machte. Sie hinterließ ihren Duft, ein Prickeln auf seinen Lippen und eine Träne; die irgendwie auf seinem Gesicht gelandet war. Er riss die Tür gerade noch rechtzeitig auf, um zuzusehen, wie sie davonfuhr – in ihrem eigenen Auto, einem kleinen BMW, zehn oder fünfzehn Jahre alt, aber gewienert und poliert, makellos –, mit beiden Händen am Steuer und erhobenem Kopf.
Nick ging ins Schlafzimmer und legte sich hin, nicht weil er erschöpft oder müde oder so etwas war, sondern einfach um seine Gedanken zu ordnen. Als Erstes musste er alles verdrängen, was mit Billie zusammenhing. Zweitens musste er die Bedeutung von Ruis letzten Worten überdenken. Drittens musste er sich erinnern, was Rui Deej erzählt hatte. Er schloss die Augen, einzig zu dem Zweck, besser nachdenken zu können.
Petrov fühlte sich verdammt gut, besser als das, großartig, phantastisch, nicht von dieser Welt. Reasoner war vor einigen Stunden zum Revier gebracht, vor den zu Hunderten versammelten Medienleuten über seine Rechte belehrt und abgeführt worden. Petrov, Elaine und ein Haufen anderer Polizisten, beinah jeder, der an dem Fall gearbeitet hatte, waren im Dru, einer Bar in San Vicente, die ihnen gefiel, und betranken sich. Obgleich das in Petrovs Fall nicht zutraf: Er trank ununterbrochen, einen Kurzen nach dem anderen, die er mit einer Flasche Bier nach der anderen hinunterspülte wie ein Wüstenreisender Wasser, wenn er endlich in eine Oase getaumelt war, aber es zeigte keine Wirkung.
Elaine saß am anderen Ende des langen Tisches. Sie trug Jeans und ein knappes ärmelloses T-Shirt, keinen BH. Ihre Brustwarzen, geschwollen und hart, drückten sich gegen den Stoff. Mitten im Satz kippte sie einen farblosen Schnaps, Tequila vielleicht, und fuhr dann mit dem fort, was immer sie auch erzählte. Es brachte die Männer um sie herum zum Lachen. Sie konnte Petrov unter den Tisch trinken, hatte es mehr als einmal bewiesen. Qualm stieg schneller zur Decke, als die Ventilatoren ihn verwirbeln konnten; aus der Musikbox dröhnte Heavy Metal: Metallica, Aerosmith, Lynyrd Skynyrd, sie brüllten sich über den Lärm zu. Ein Reporter, der Petrov zu interviewen versuchte, verschüttete Bier über seine Notizen. Seine ganzen gesammelten Zitate verschwammen und verflüchtigten sich. Jetzt lachte auch Elaine mit zurückgeworfenem Kopf. Petrov wollte in ihrem Mund sein, genau so, über ihr stehend. Sie hatten das getan, hatten jede gottverdammte Stellung ausprobiert. Er stand auf und ging um den Tisch, stellte sich hinter sie.
»Lass uns gehen«, sagte er.
Immer noch lachend knuffte sie einem Typ in Sergeantenuniform gegen die Schulter, nicht gerade sanft, und hörte ihn nicht.
»Lass uns gehen«, sagte er.
Sie drehte sich um. Sonnenlicht trieb durch den Rauch, glitzerte in den goldenen Punkten in ihren Augen. »Wohin?«
»Egal«, sagte Petrov. »Zu mir.« (Er war in ein Motel in Hermosa Beach gezogen, nachdem Kathleen ihn rausgeworfen hatte.) »Oder zu dir.« (Ihr schäbiges Zwei-Zimmer-Apartment in Sherman Oaks.)
»Das ist doch deprimierend«, meine Elaine. »Wir amüsieren uns hier doch gut. Zieh dir einen Stuhl ran.«
Petrov beugte sich hinunter, flüsterte ihr ins Ohr: »Es liegt nicht an der Kneipe. Wir könnten bloß noch mehr Spaß haben.«
Elaine lachte, versprühte ein bisschen Bier. Sie leckte sich die Lippen, die Zunge feucht und rosa. »Ich hab’s kapiert«, sagte sie, stand auf, nahm Petrov an der Hand. »Wir sind gleich wieder da, Jungs.«
Sie gingen in die Herrentoilette. Elaine verriegelte die Tür. Sie griff in seine Hose. »Die Hauptattraktion«, sagte sie, »wartet in den Kulissen.« Dann
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