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Ausradiert: Thriller (German Edition)

Ausradiert: Thriller (German Edition)

Titel: Ausradiert: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Abrahams
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ich das Bad vergessen, besonders bei dem Gestank? – und sah einen langen, knochigen Mann aus den Schatten treten, dessen Unterarme von Tätowierungen bedeckt waren, Gefängnisstil, und der eine leere Whiskeyflasche hoch erhoben hatte.
    »Rui?«, fragte er; bog sich im selben Moment zur Seite wie ein Boxer, der einem Schlag ausweicht. Der Fall setzte sich gleichzeitig zusammen und flog auseinander, wie eine theoretische Anomalie in der Physik. Petrov hatte auf dem College geboxt, er war sehr schnell, so schnell, dass ihn die Flasche trotz der Plötzlichkeit des Angriffs kaum berührte, kaum die Seite seines Kopfes streifte.

5
    P etrov schlug die Augen auf. Er sah einen dreizehigen Fuß, ähnlich einem Hühnerfuß, aber größer und rot. Bald entdeckte er einen zweiten, ein paar Zoll hinter dem ersten. Rauhe Füße, knotig, mit gelber Zeichnung und spitzen schwarzen Nägeln oder Krallen oder Klauen, ja, nenn es Klauen – aber er konnte diese ganzen hochpräzisen Details nicht zusammensetzen.
    Die großen roten Zehen schienen sich anzuspannen, bogen sich leicht aufwärts. Petrov spürte einen Stoß im Fleisch seines Oberarms. Die Füße spannten sich weiter an, und der Schmerz wurde stärker. Dann entspannten sich die Füße, und der Schmerz ließ nach. Ursache und Wirkung oder Zufall? Aus der Korrelation die Kausalität zu folgern war ein gefährlicher Trugschluss. Ein roter Tropfen fiel in den Staub, spritzte in der winzigst möglichen Weise auf, rot, staubig, schön. Petrov sah auf, versuchte zu erkennen, woher er gekommen war. Die zwei schwarzklauigen Füße hoben sich vom Boden. Petrov rollte herum. Ein Geier erhob sich schwerfällig in die Luft, ein Fetzen seines marineblauen Anzugs baumelte von dessen Schnabel.
    Er kam auf die Beine, schwenkte die Arme, produzierte zornige Geräusche. Der Geier stieg höher, aber ohne besondere Hast. Blut sickerte durch einen Riss in Petrovs Jacke. Er hob einen Stein auf, schleuderte ihn mit aller Kraft, nicht hoch genug. Der Vogel am Himmel wurde kleiner, zu einem Fleck, einem Punkt, nichts. Petrov beugte sich vor und erbrach sich.
    Allein, in der Mitte eines verlassenen Ödlands; die Sonne stand jetzt niedriger am Himmel, glutrot, sengend. In der Nähe stand ein verblichenes Schild aus Holz, die aufgemalten Wörter waren fast verblasst – SILVER CITY GHOST TOWN –, der abgebrochene Pfeil wies ins Nirgendwo. Petrovs Zunge fühlte sich dick an. Wie lange konnte ein Mann in dieser Hitze ohne Wasser durchhalten? Er rief sich die grundlegenden Fakten ins Gedächtnis. Die Sonne ging im Osten auf, im Westen unter. Im selben Zeitraum umkreiste die Erde die Sonne. Die Zeit verlief nach festen Regeln, ganz gleich, wie sie sich anfühlte, wenn man in ihr lebte. Die Menschen narrten sich selbst. Alle Menschen narrten sich manchmal; manche Menschen narrten sich ständig; niemand narrte sich niemals. Petrov hockte auf einem Fels, ihm schwindelte, und gleichzeitig hämmerte ihm der Schädel. Ein Streifschlag, der ihn kaum berührt hatte – wie konnte der eine Gehirnerschütterung verursacht haben? Unmöglich.
    Nicht weit entfernt bellte ein Hund.
    Petrov stand auf, folgte dem Geräusch über eine Erhebung, vielleicht befand er sich ja mitten in einem verlassenen Ödland, aber gleichzeitig war dies auch George Rummels Hinterhof, die Ausläufer Barstows glitzerten in mittlerer Entfernung. Sein Kopf klärte sich. Er hatte wieder Biss, hatte Biss und war wütend.
    Petrov hämmerte gegen die Verkleidung des Trailers, erhielt keine Antwort. Ein Hund ohne Halsband keuchte heran, weiß mit rostfarbenen Flecken, hässlich.
    »Geh nach Hause«, sagte Petrov, hämmerte wieder.
    Der Hund sah mit hängender Zunge zu ihm auf.
    »Durstig?«
    Der Hund wedelte mit dem Schwanz.
    Petrov ging zur Vorderseite, den Hund an seiner Seite. Sein Auto war verschwunden. Er schlug gegen die Eingangstür, von drinnen kein Laut. Die Empty-Box-CD und das Foto lagen zwischen dem Unkraut neben der Tür. Petrov hob sie auf und begann den Calico Way in Richtung Stadt zu gehen.
    Der Hund folgte ihm.
    »Bleib«, sagte Petrov.
    Er wollte nicht bleiben. Petrov befahl wieder: »Bleib!«, lauter diesmal. Der Hund schreckte zusammen, lief aber weiter.
    Ihre Schatten – Petrovs und der des Hundes – wurden länger; die Soda Mountains wechselten von rosa zu rot. Sie erreichten einen Bürgersteig und kurz danach einen 7-Eleven. Petrov ging hinein, kaufte eine Flasche Wasser und eine Plastikschüssel. Sie tranken auf dem

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