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Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Reese
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hier im Bett zusammenkuscheln könnte und für immer beschützt wäre, als ob ich mich unter der Schirmherrschaft von Charlotte McGuane befände. Doch ich weiß, dass das eine Illusion ist. Sie kann mich heute genauso wenig schützen, wie sie es vor fünfzehn Jahren gekonnt hat.
    Ich habe einen Kuchen für morgen früh gebacken. In der noch immer ofenwarmen Küche duftet es nach Äpfeln und Zimt. Weil ich nicht schlafen kann, mache ich mir eine Tasse heißen Kräutertee. Ich süße ihn mit Honig und gebe einen Spritzer Zitrone hinein, gehe damit zur hinteren Veranda und schiebe die Glastür leise hinter mir zu. Obwohl die Sommertage auf Byblos heiß sind, manchmal auch stickig, sind die Nächte recht kühl. Nebelschwaden, so dünn wie Altweiberfäden, gleiten und tanzen in der Nachtluft auf und ab. Der leuchtende goldene Mond wirft Schatten über das Land. Ich gehe auf den Verandatisch zu.
    Plötzlich halte ich inne und horche. Ich dachte, ich wäre hier draußen allein, doch ich höre ein aufgeregtes Flüstern, Stimmen, die von hinter der Hausecke zu mir dringen. Lautlos gehe ich näher und horche angestrengt. Ich erkenne die Stimmen. James und Gina streiten sich in hitzigem Geflüster. Ich habe noch nie gehört, dass sie wütend aufeinander waren. Leider kann ich kein Wort verstehen. Ich gehe noch ein wenig dichter heran.
    »Nein!«, höre ich Gina sagen. »Ich werde Byblos nicht aufs Spiel setzen. Wir könnten alles verlieren.«
    James' Antwort ist so leise, dass ich sie nicht verstehen kann. Er spricht eindringlich, doch mit gesenkter Stimme. Als ich noch näher herangehe, höre ich das Knirschen von Kies unter meinen Füßen. Es ist ein leises bröckeliges, schotteriges Geräusch, doch für mich klingt es wie das Bersten von Felsbrocken.
    James und Gina schauen um die Hausecke, ihre Mienen sind bestürzt. Keiner von beiden sagt etwas. Gina erholt sich als Erste und lächelt unsicher.
    Ich mache Anstalten, mich zurückzuziehen. »Ich dachte, Sie wären schon nach Hause gegangen«, sage ich, und hebe meinen Teebecher an. »Ich bin nur herausgekommen, um einen Moment lang die Nachtluft zu genießen. Ich werde Sie allein lassen.«
    »Nein«, sagt James, und ich kann deutlich sehen, wie sich sein Gesicht verändert und er seine Fassung wieder findet. Er hält mich auf, indem er mir die Hand auf den Arm legt. »Wir sind fertig«, sagt er.
    Gina wirft mir einen misstrauischen Blick zu und fragt sich bestimmt, wie viel ich mitgehört habe. Dann wechseln sie und James einen Blick, dessen Bedeutung mir nicht klar ist.
    »Gute Nacht, Gina«, sagt er mit fester Stimme.
    Sie zögert einen Augenblick, schaut mich flüchtig an, doch die Sorge in ihren Augen ist nicht zu übersehen. Dann nickt sie ihrem Bruder kurz zu und geht in Richtung ihres Hauses davon. Sie schlendert über den Rasen, und ihr großer, schlanker Körper sieht im Mondlicht wie eine Scherenschnitt-Silhouette aus.
    James geht mit mir zum Tisch. Seine Hand umfasst meinen Arm mit festem Griff. Er zieht einen Stuhl hervor und nötigt mich zum Setzen. Er trägt noch immer die Kleidung, die er am Nachmittag anhatte, doch die Seidenkrawatte hängt ihm lose am Hals, und der Hemdkragen ist aufgeknöpft. Er zieht sich einen Stuhl heran. Wir schweigen. Nervös trinke ich meinen Tee. Federartige, magische, beinahe überirdische Nebelschwaden umwabern uns wie Nachtgeister. James' rechte Gesichtshälfte ist dunkel, verschattet, was ihn drohend aussehen lässt.
    Er sagt: »Du glaubst, dass ich vor fünfzehn Jahren versucht habe, dich zu töten. Warum hast du das der Polizei nicht auch noch erzählt?«
    »Ich weiß es nicht«, sage ich kopfschüttelnd. »Ich vermute, weil ich wusste, dass sie mir ohnehin nicht geglaubt hätten.«
    Er greift nach meinem Arm und zieht mich mit einer plötzlichen Bewegung zu sich heran. Sein Gesicht ist nur Zentimeter von meinem entfernt. »Sie hätten dir nicht geglaubt?«, wiederholte er meine Worte mit angespannt flüsternder Stimme. Er starrt mich an und lässt meinen Arm plötzlich wieder los, als könne er die Berührung meiner Haut keine Sekunde länger ertragen, als hätte
ich ihn
verraten. Er lehnt sich zurück.
    »Du weißt gar nichts«, sagt er. »Niemand versucht, dich zu töten. Weder Gina noch ich.« Er starrt mich an, und ich senke meinen Blick.
    Wieder packt er meinen Arm und zwingt mich, ihn anzusehen. »Ich bin der einzige Mensch, der deine Vergangenheit kennt«, sagt er mit gepresster Stimme. »Der einzige Mensch – und wenn

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