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Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Reese
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schlingt. »Oberflächliche Wahrheiten interessieren mich nicht. Ich will wissen, was darunter los ist, möchte die Spannung unter der Ruhe sehen, die Dunkelheit unter dem Licht.» Er verknotet das Seil und zieht es fest. Er geht wieder zur Truhe hinüber und schaut suchend hinein, nimmt die Laken, die Ersatzkissen, die Peitschen und Seile heraus, die er darin aufbewahrt.
    »Liebe«, sagt er, während er noch immer in der Truhe wühlt, »wird normalerweise als hübsches, sanftes Gefühl dargestellt, als ein Ort, an dem die Zärtlichkeit regiert. Doch nicht immer ist Liebe so, und sie führt auch nicht immer zu einem exaltierten Zustand von Glückseligkeit.« Er sieht zu mir herüber. »Verstehst du, was ich meine?« Ein Nerv zuckt in seiner Schläfe. »Man muss tiefer graben, unter die Oberfläche gehen.«
    Etwas in seinem Ton beunruhigt mich. Etwas ist falsch – er ist distanziert, gefühllos, von einer kalten Bestimmtheit, die mir neu ist an ihm. Er scheint meilenweit entfernt, unnahbar. Schließlich zieht er noch ein Laken aus der Truhe.
    »Was machst du da?«, frage ich, doch er antwortet nicht. Seine Lippen sind zu einer festen, strengen Linie zusammengepresst. Die Truhe ist leer, ihr gesamter Inhalt stapelt sich davor, und plötzlich kommt mir die Erkenntnis, dass er überhaupt nach nichts gesucht hat. Er hat die Truhe geleert. Ich gerate innerlich in Panik, als mir klar wird, was als Nächstes kommt. Das Seil scheuert an meinen Handgelenken. Ich weiche zurück.
    »Warum wolltest du, dass ich die Bilder im Schuppen sehe?«, frage ich.
    »Manchmal«, sagt er und betrachtet mich so eindringlich, wie eine Katze eine Maus beobachtet und nur auf den richtigen Moment wartet, »manchmal ist die Liebe gewalttätig und zerstörerisch. Manchmal ist sie zwanghaft.« Seine Augen sind zu eisig, zu sachlich und berechnend. Ich versuche zu denken, versuche, die Panik aufzuhalten, die mich erfüllt. Er starrt mich an. Die Luft zwischen uns ist spannungsgeladen. Er sagt: »Manchmal bringt sie auch den Tod.«
    Ich weiche zur Treppe zurück, laufe los, schaffe es gerade einen knappen Meter, ehe ich seinen Arm um meine Taille spüre. Ich versuche mich zu befreien, doch er hebt mich mühelos hoch. Er trägt mich die kurze Strecke bis zur Truhe zurück. Ich kämpfe, doch meine Hände sind gefesselt, und er hält mich fest. Ich schreie so laut ich kann, hoffe, dass mich jemand hört. Er beugt sich vor, setzt mich ab, und meine Beine schrammen am Holz entlang.
    »Tu das nicht«, sage ich. Ich bitte. Ich bettle. Ich versuche aufzustehen, doch er legt mir die Hände auf die Schultern und drückt mich herunter. Ich schreie, trete nach ihm. Er hält meine Beine fest, schiebt sie hinein und schlägt den Deckel zu. Ich höre das Schloss einschnappen.
    Anfangs bin ich still. Es ist stockdunkel hier drin, und es dringt nicht das geringste Licht herein. Die Schwärze ist total. Ich höre mein Herz schlagen, einen lauten dumpfen Klang, Ausdruck meiner Angst. Ich taste mit den Beinen herum und spüre die glatten Seitenteile der Truhe. Er hat alles entfernt. Ich beginne, krampfhaft zu atmen, schnappe nach Luft, fühle, wie die Raumangst kommt. Ich trete gegen den Deckel. Er bewegt sich keinen Millimeter. Wieder trete ich zu und fange an zu schreien. Ich kreische, ich fluche, ich hämmere gegen die Truhe, doch ich höre nur ein gedämpftes
Bum-bum-bum
und hole mir wunde Füße.
    Ich versuche, mich zu beruhigen, versuche, langsam zu atmen, doch ich kann nicht. Tränen laufen mir über die Wangen. Alles ist schwarz. Mir ist schwindelig und übel. Die Truhe scheint sich zu bewegen, herumzuwirbeln, zu schwanken, kleiner und immer kleiner zu werden, doch ich bin sicher, dass das nur die Angst ist, die mich verrückt macht. Minuten vergehen, vielleicht sogar Stunden. Ich weiß es nicht. Die Schwärze löscht alles aus, presst sich auf mich wie ein erstickendes Gewicht, und ich schluchze und schlage mit dem Kopf gegen das Holz. Und dann fühle ich, dass sich etwas auf meine Augen presst, und ich denke an Blut. Blut in meinen Augen, Blut überall, und mein gesamter Körper tut so schrecklich weh, dass es das Wort Schmerz übersteigt. Ich kann mich weder bewegen noch sprechen, doch ich fühle die Schlaglöcher der Straße, jeden einzelnen Ruck, alles ist dunkel, schwarz, und ich versuche, irgendetwas zu bewegen, einen Finger, nur einen Finger, um mich zu vergewissern, dass ich noch existiere, dass ich wirklich bin. Doch mein Finger bewegt sich nicht, und

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