Außer Atem - Panic Snap
steigt in mir hoch. Ich möchte kehrtmachen, zwinge mich aber einzutreten.
Nur drei Lattenkisten stehen im Schuppen. Ich versuche, eine zu öffnen, doch sie ist zugenagelt. Ich brauche ein Stemmeisen. Alle drei Kisten, die fast so groß sind wie ich, so breit wie hoch und vielleicht sechzig Zentimeter tief, sind auch noch mit einem Seil zugebunden. Schließlich entdecke ich auf der hintersten Kiste ein rot lackiertes Stemmeisen. Ich greife danach.
Urplötzlich überfällt mich ein Unbehagen, meine Eingeweide krampfen sich zusammen. Die Schatten scheinen mich zu bedrängen und meine alte Angst vor dunklen, verschlossenen Räumen wieder hervorzuzerren. Mein mühsamer Atem geht stoßweise, krampfartig. Der Raum ist zu klein und zu dunkel. Ich muss hier raus. Als ich den Schuppen im Rückwärtsgang verlasse, bin ich schon fast gelähmt vor Angst. Meine Bewegungen sind ruckartig, und der Pulsschlag donnert mir in den Ohren. Ich schiebe die Tür auf, quetsche mich nach draußen und schließe sie ab. Dann drücke ich sie mit beiden Händen zu, um mir die Albträume vom Hals zu halten. Ich atme einfach nur. Hier ist viel Platz, rede ich mir gut zu, viel freier Raum; ich entspanne mich jetzt, und mein Atem wird auch ruhiger. Ich drehe mich um und lehne mich mit dem Rücken gegen die Tür. Das Stemmeisen, das ich noch immer in der Hand habe, bringt mich auf eine Idee.
Ich gehe um den Schuppen herum, zu dem verdeckten Fenster, und hebele alle Bretter ab. Dann gehe ich wieder hinein. Gedämpftes Sonnenlicht scheint nun durch das staubige Fenster. Der Raum ist noch immer dämmrig, aber nicht mehr so finster wie zuvor. Ich wende mich den Kisten zu – sie sind zugenagelt und unnötigerweise auch noch mit einem Seil zugebunden, als müsste das, was in ihnen verborgen ist, doppelt gesichert werden.
Ich entscheide mich für die Kiste, die am dichtesten beim Fenster steht. Ich knüpfe das Seil auf, lasse es zu Boden fallen und versuche, mit dem Stemmeisen das seitliche Brett zu lösen. Es will sich nicht entfernen lassen. Wieder und wieder setze ich das Stemmeisen an und habe schließlich das Gefühl, dass die Nägel ein wenig nachgeben. Ich zwänge das Stemmeisen dazwischen und strenge mich noch mehr an, hebele so lange, bis sich das Brett mit einem stöhnenden Knirschen löst. Ich lege das Stemmeisen beiseite und ziehe das Brett ganz weg, lege es auf den Boden und richte mich wieder auf.
Angstvoll atme ich tief ein, ziehe das Verpackungsmaterial heraus, weiße Tücher, die schmuddelig und muffig riechen, und lasse sie alle zu Boden fallen. In der Kiste befindet sich ein Stapel Bilder. Ich ziehe mehrere heraus. Sie zeigen das junge Mädchen und ähneln jenem, das ich hinter James' Kommode gefunden habe; es ist das Mächen, das ich gewesen bin. Ihr Haar ist lang und schwarz, ihre Haut blass, und ihre geduckte Haltung signalisiert Verletzlichkeit. Ihr Gesicht aber ist nicht zu erkennen, es ist vor Wut und Ärger derart verzerrt, dass es nichts Menschliches mehr hat. Ich ziehe auch noch den Rest heraus. Weitere Bilder von mir, alle an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Posen gemalt, doch ähnlich in der Aussage – ein Mädchen, das durch Ärger hässlich geworden ist.
Ich stelle die Bilder beiseite und bin enttäuscht. Ich hatte gehofft, Konkreteres zu entdecken. Ich möchte einen klaren Beweis für James' Schuld haben, einen Beweis, der auch vor Gericht standhält. Diese Bilder beweisen gar nichts.
Ich öffne die zweite Kiste, finde weitere Bilder, ziehe sie alle hervor. Das Mädchen – sie zeigen alle nur das Mädchen. Ich sehe mir jedes Bild an und staune über James' Besessenheit von ihr... seine Besessenheit von mir. Ich stelle die Bilder an den Wänden des Schuppens auf und starre sie fasziniert und ein wenig unbehaglich an. Wann hat er sie gemalt – während wir uns liebten? Oder nachdem er mich zum Sterben verurteilt hatte?
Ich hebe das Stemmeisen auf, presse es unter das Brett der dritten und letzten Kiste und erwarte, weitere Bilder zu finden. Die Nägel sind rostig und ächzen, als ich sie herausziehe. Ich lege das Stemmeisen ab, zerre mit beide Händen an dem langen Brett und reiße es los. Dann höre ich die Schuppentür quietschen.
Das Brett noch in der Hand, drehe ich mich um.
James steht dort, versperrt den Eingang, und sein Körper wirkt genauso massiv und unerschütterlich wie die Mauern des Schuppens. Er sieht erst mich kühl an, dann die geöffneten Kisten, die staubigen weißen Stofftücher
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