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Außer Atem - Panic Snap

Außer Atem - Panic Snap

Titel: Außer Atem - Panic Snap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Reese
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Regen hat mich überrascht.«
    »Sie haben einen Spaziergang gemacht?«
    Ich nicke. Regentropfen prasseln auf mein Gesicht herab. Die schlammigen und durchweichten Kleider kleben mir am Körper.
    Sie greift hinüber und öffnet mir die Tür. »Steigen Sie ein«, sagt sie.
    Ich gleite in den Lieferwagen. Wir fahren den Hauptweg hinauf. Der Regen bedeckt die Seitenfenster, und im Licht der Scheinwerfer schimmert er wie flüssiges Silber. Ich vermute, dass sie mich bei meinem Auto herauslassen wird, doch sie fährt auf der Auffahrt am Haus vorbei und zu ihrem Häuschen hinüber.
    Sie steigt aus, zieht ihre schlammigen Stiefel aus und stellt sie auf die Veranda. Dann öffnet sie den Reißverschluss ihrer Regenjacke und schaut an sich herunter. Von der Mitte ihrer Oberschenkel abwärts sind ihre Hosen durchnässt. Ein feuchtes Notizbuch schaut aus der Tasche ihrer Bluse. Ihr Haar, das nass ist, wo die Kapuze es nicht bedeckt hat, fällt in dichten, schwarzen Korkenzieherlocken um ihr Gesicht.
    Ich steige aus, bleibe tropfnass auf der Veranda stehen und umarme mich fest in dem Versuch, mein Zittern zu unterdrücken.
    »Wenn Sie möchten«, bietet sie mir an, »können Sie sich mit einer Dusche aufwärmen, ehe Sie nach Hause gehen.«
    »Mir geht es gut«, sage ich und mache Anstalten, zu meinem Wagen zu gehen. Sie greift nach meinem Arm. Es schüttet nur so.
    »Seien Sie nicht albern«, sagt sie und zieht mich zur Eingangstür. »Bis Sie fertig sind, wird der Regen nachlassen.«
    Ich lasse mich von ihr hineinziehen. Ich bin zum ersten Mal hier. Das Häuschen macht einen hübschen, gemütlichen Eindruck. Es sieht bewohnt aus, doch nicht voll gestopft. In den Ecken wachsen Grünpflanzen in Weidenkörben, und eine blaue Steppdecke liegt zerknüllt an dem Ende der Couch, an dem Gina wahrscheinlich über einem Buch oder beim Fernsehen einschläft. Oder vielleicht schläft sie ja gar nicht mehr in ihrem Bett. Vielleicht döst sie ja erst nach einer schlaflos verbrachten Nacht in den frühen Morgenstunden ein. Ich sehe mich noch einmal um. Es ist hier zwar nett und gemütlich, doch irgendetwas fehlt.
    Sie geht zum Kamin hinüber. »Ich habe nicht gedacht, dass ich ihn noch mal brauche«, sagt sie, ohne sich umzudrehen. »Jedenfalls nicht um diese Jahreszeit.« Sie knüllt alte Zeitungen zusammen und stopft sie zwischen die Holzscheite.
    Während sie Feuer macht, bleibe ich neben dem Schreibtisch stehen, der an der Wand steht. Ein großer Umschlag liegt darauf, der fast bis zum Platzen gefüllt ist und aus dem ein paar Blätter herausgucken. Ich sehe zu Gina hinüber – sie zerknüllt noch immer Zeitungspapier – und ziehe dann das oberste Blatt heraus. Es ist ein mit der Maschine geschriebenes Gedicht. Gina greift nach einer Streichholzschachtel. Bevor sie mich sieht, schiebe ich das Blatt zurück in den Umschlag. Sie streicht ein Streichholz an und hält es unter die Zeitungen. Knisternd und schrumpelnd fangen sie an zu brennen und wirbeln Flammen und kleine verkohlte Papierschnitzel auf. Die Holzscheite fangen Feuer und beginnen langsam zu brennen. Der Regen prasselt nun nicht mehr ganz so stark auf das Dach.
    Sie zeigt mir das Badezimmer, legt mir Handtücher und einen hellblauen Bademantel zurecht und schließt im Hinausgehen die Tür hinter sich. Ich schäle mich aus meinen nassen Kleidern und lege sie ins Waschbecken. Als ich die Tür der Dusche öffne, sehe ich, dass das Seifenstück bis auf einen kleinen Rest verbraucht ist. Ich ziehe den Bademantel an und gehe ins Wohnzimmer zurück.
    Gina ist eingeschlafen. Sie liegt lang ausgestreckt auf der Couch, ihre Füße hängen über die Lehne hinaus. Ich frage mich, wie es sich anfühlen mag, so groß zu sein, wie es wäre, wenn ich auf alles herabschauen könnte, statt immer noch hochschauen zu müssen. Ob ich mich dann wohl stärker fühlen würde und mächtiger und die Welt mehr im Griff hätte? Ihr Atem geht sanft und regelmäßig. Ich strecke die Hand aus und fahre ihr mit den Fingerspitzen leicht über die Stirn, während ich mich frage, ob ich wohl eine Schwester habe. Sie bewegt sich, doch sie wacht nicht auf, sondern vergräbt den Kopf noch tiefer in ihren Armen. Sie sieht nicht mehr unbesiegbar aus.
    Ich sehe mich wieder im Wohnzimmer um. Dann wird mir klar, was mich an diesem Raum gestört hat: Er sieht leicht vernachlässigt aus: Eine halb leere Tasse mit Kaffee, auf dem ein Film schwimmt, steht vergessen auf einem niedrigen Tisch; eine alte Zeitung, die noch immer

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