Außer Atem - Panic Snap
Geschwindigkeit. Er bewegt sich wild in dem Bedürfnis zu kommen und sich das zu nehmen, was er von mir haben will. Bald spüre ich, wie sein Samen in meinen Mund spritzt, und dann erinnere ich mich wieder an seine Worte:
Es ist ein Privileg.
Während er meinen Kopf an seinen Unterleib presst, während er mich noch immer an sich zieht, habe ich ein Gefühl, als würde ich in eine andere Welt gezogen, in meine Welt vor langen Jahren, in eine leichtere Zeit einfacherer Wünsche, eine Zeit, in der mein einziger Gedanke und mein einziges Bedürfnis darin bestanden, diesem Mann zu Gefallen zu sein. Ich bin dabei, mich zu verändern, das weiß ich jetzt.
22
»Sie haben nicht die Absicht fortzugehen, nicht wahr?«, fragt Gina leise.
Ich antworte nicht. Sie kennt die Antwort auf diese Frage. Langsam wandern wir durch einen der östlichen Weingärten. Arbeiter pflücken Blätter ab – sie entfernen die abgestorbenen Blätter und dünnen das zu dichte Laub aus. Zu viele Blätter beengen die Trauben; bei zu wenigen Blättern besteht dagegen die Gefahr, dass die Sonne die Schalen versengt. Trotz der Fortschritte im Weinbau erfahre ich, dass der Weinbau immer noch eine unpräzise Wissenschaft ist, die vom Wissen des Anbauers und vom Glück des guten Wetters abhängt.
Gina schiebt ihre Hand in meine und hält sie fest, während wir dahinschlendern. Die Geste überrumpelt mich. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, doch ich wehre mich nicht dagegen. Ich fand sie bisher immer auf eine harte Art und Weise verwirrend. Jetzt wirkt ihr Gesicht zerbrechlich, und die Haut unter ihren Augen ist durch ihre Schlaflosigkeit dunkel und eingesunken. Ihr Haar hat sie auf ihrem Kopf aufgetürmt. Ein paar lange Strähnen hängen lose herunter, und einige schwarze Locken baumeln herum, als ob sie elektrisch aufgeladen wären. Das lässt sie wild und unordentlich aussehen.
»Haben Sie und James...« Ich zögere. Miteinander gefickt? Miteinander geschlafen? – Wie soll ich die Frage formulieren? »Sie und James«, beginne ich noch einmal. »Sind Sie...« Wieder gerate ich ins Stocken.
Ihre Hand umschließt meine ein wenig fester. Sie sieht mich nicht an und verlangsamt auch nicht den Schritt. Sie sagt: »Würden Sie fortgehen, wenn ich Ihnen sagte, dass es so wäre?«
»Nein«, sage ich.
»Dann hat es keinen Zweck, darüber zu sprechen.«
Wir gehen nun schweigend weiter die Reihe entlang. Der verfrühte Sturm hat keine Spuren hinterlassen. Er war nur ein vorübergehender, launenhafter Augustregen, dessen Nässe die Sonne am nächsten Tag wieder wegtrocknet. Heute ist der Himmel blau und wolkenlos. Plastikbänder, die an den Spalieren und den Stützpfeilern angebracht worden sind, flattern in der Luft und verjagen mit ihren heftigen Zickzack-Bewegungen die Vögel, die hinter den Trauben her sind. Mit jedem weiteren Tag duftet es in den Weingärten immer süßer, intensiver und stärker nach den Trauben.
»Versprechen Sie mir etwas«, sagt sie, ohne anzuhalten oder meine Hand loszulassen. »Versprechen Sie mir, dass Sie mir sagen, wenn James...« Jetzt kann
sie
ihren Satz nicht beenden. Sie hält an und entzieht mir ihre Hand. Sie sieht mit undurchsichtiger Miene auf mich herab.
Schließlich sagt sie: »Kommen Sie zu mir, wenn Sie Hilfe brauchen.« Und dann geht sie abrupt davon.
Ich schaue über die Spitzen der Rebstöcke hinweg. Die Arbeiter reparieren die Bewässerungsanlage und das Frostwarnsystem, und ich sehe, dass der Winzermeister mit einem Handgerät den Säure- und Zuckergehalt der Trauben misst. Ein Lastwagen, der mit neuen Eichenfässern beladen ist, kommt den asphaltierten Weg heraufgefahren. Alle bereiten sich geschäftig auf die Herbstlese vor.
Ich befühle mit der Hand ein Blatt und atme den herrlichen warmen Fruchtgeruch ein. Die Blätter sind jetzt dunkelgrün, und die Trauben hängen kräftig purpurrot an den Rebstöcken. Die weißen Trauben reifen als Erste völlig aus und danach erst die roten, was die Lese vom späten August bis zum späten Oktober und vielleicht sogar bis zum frühen November ausdehnt.
Ich sehe Gina davongehen. Sie und James sind heute schon im Morgengrauen aufgestanden, haben die Weingärten in der Morgendämmerung inspiziert, den Zustand der Trauben überprüft und das Datum der Lese einzuschätzen versucht. Ich sehe sie jetzt in einem ganz anderen Licht. Vielleicht sehe ich sie jetzt ja auch klarer als vorher. Nun erkenne ich ihre Verbundenheit mit dem Land und den Reben. Sie sind zwar
Weitere Kostenlose Bücher