Außer Kontrolle: Thriller (German Edition)
Gründe«, antwortete Patrick. » Die Türkei ist eines dieser Länder, denen man keinen rechten Respekt entgegenbringt. Sie sind weder Europäer noch Asiaten, sie gehören nicht zum Kaukasus und nicht zum Mittleren Osten, sie sind Muslime, aber weltlich orientiert. Sie kontrollieren wichtige Land- und Seewege, haben eines der größten Wirtschaftssysteme weltweit, eine der größten Armeen, sind mächtig genug, um einen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu bekleiden, und doch verweigert man ihnen den Beitritt zur EU , und in der NATO behandelt man sie wie das rothaarige Stiefkind. Ich denke, da wäre ich auch frustriert.«
» Mag sein, dass sie Respekt verdienen, aber einen Tritt in den Hintern haben sie ebenso verdient«, grummelte Wilhelm. » Nun, ich nehme an, damit ist Ihr Vertrag beendet. Oder etwa nicht? Vielleicht brauchen die Iraker Sie ja jetzt nötiger denn je?«
» Erst einmal werden wir noch bleiben«, sagte Patrick. » Ich werde empfehlen, dass wir den Waffenstillstand und den Rückzug der türkischen Streitkräfte überwachen. Wahrscheinlich werden wir danach noch eine weitere Weile bleiben, bis die Irakis ihre eigene Überwachungstruppe aufgestellt haben. Sie verfügen über eine kleine Flotte von Cessna Caravans, die für Bodenüberwachung und Nachrichtenübermittlung umgerüstet wurden, außerdem geht das Gerücht um, dass sie beabsichtigen, einige Drohnen zu leasen.«
» Dann sind Sie also womöglich bald arbeitslos?«
» Schätze ja.« Patrick atmete einmal tief durch, so tief, dass Wilhelm es bemerkte. » Das hier ist ein guter Job, und wir haben hier auch eine prima Truppe, aber ich war schon zu lange von zu Hause fort.«
» Offen gestanden, es hat gut getan, aus dem Tank rauszukommen und endlich mal wieder einen Trupp Soldaten ins Gefecht zu führen«, sagte Wilhelm. » Ich habe meinen Leuten schon viel zu lange nur auf Video- und Computerbildschirmen dabei zugesehen.« Er schenkte McLanahan ein dünnes Lächeln. » Aber es ist ein Spiel für junge Männer, hab ich recht, General?«
» Das habe ich nicht gesagt.« Mit einem Nicken wies Patrick auf die Tische mit den Leichensäcken, die im Hangar aufgereiht standen. » Aber ich habe das hier schon zu oft gesehen.«
» Ihr Helden der Lüfte habt ein völlig anderes Bild vom Krieg als die Bodentruppen«, meinte Wilhelm. » Für euch bedeutet Kampf Computer, Satelliten und Drohnen.«
» Nein, tut er nicht.«
» Ich weiß, Sie haben eine Menge mitgemacht, haben eine Menge gesehen, General, aber das hier ist etwas anderes«, fuhr Wilhelm fort. » Sie haben es mit Systemen, Sensoren und Apparaten zu tun, wir dagegen mit kämpfenden Männern. Was ich hier sehe, General, sind keine toten Männer und Frauen, es sind Soldaten, die eine Uniform angezogen und ein Gewehr in die Hand genommen haben, die mir gefolgt und im Kampf gefallen sind. Ich trauere nicht um sie. Ich trauere um ihre Familien und ihre Lieben, aber auf sie bin ich stolz.«
IM ROSA PALAST, CANKAYA, ANKARA, REPUBLIK TÜRKEI
Am selben Abend
Das Telefon auf dem Schreibtisch des Präsidenten läutete. » Äh… Herr Präsident… Minister Cizek und General Guzlev möchten Sie sprechen«, stammelte der persönliche Referent des Präsidenten.
Präsident Kurzat Hirsiz sah auf seine Armbanduhr, dann in den Kalender seines Computers. » Hatten wir ein Treffen angesetzt, Nazim?«
» Nein, Herr Präsident. Sie… sie sagen, es sei dringend. Sehr dringend.«
Hirsiz seufzte. » Nun gut. Sagen Sie meiner Frau, dass ich mich ein wenig verspäten werde.« Er ordnete die Papiere auf seinem Schreibtisch, als er hörte, wie die Tür zu seinem Büro geöffnet wurde. » Kommen Sie ruhig herein, meine Herren«, sagte er zerstreut, während er weiter für Ordnung sorgte. » Aber könnten wir es kurz machen? Ich habe meiner Frau versprochen…«
Er blickte auf– und sah Verteidigungsminister Hasan Cizek und den Militärstabschef der Republik Türkei General Abdullah Guzlev mitten in seinem Büro stehen, mit grünen Tarn-Kampfanzügen und blitzblanken Fallschirmspringerstiefeln bekleidet und jeder von ihnen mit einer M1911-.45er-Kaliber-Seitenwaffe amerikanischer Herstellung in einem polierten schwarzen Lederhalfter.
» Was, zum Teufel, geht hier vor?«, fragte Hirsiz ungläubig. » Wieso tragen Sie eine Militäruniform, Hasan, und warum tragen sie im Rosa Palast eine Waffe?«
» Guten Abend, Kurzat«, sagte Cizek. Er gab ein Zeichen über seine rechte Schulter, worauf mehrere
Weitere Kostenlose Bücher