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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Koppold
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Behältern steckten kleinen Kalbsmedaillons in einer würzigen Marsalasoße, verschiedene Pastasorten und gegrillter Fisch. Zum Nachtisch gab es Tiramisu, Tartufo, Vanille- und Schokoladenmousse sowie die kleinen Teigkügelchen, von denen ich nun wusste, dass sie bignes hießen. Ich aß, bis ich fast platzte. Und jeder einzelne meiner Bissen wurde von Giuseppes Eltern wohlwollend registriert.
    „Wenn jemand isst, bedeutet das für Italiener, dass er sich wohlfühlt. Und je mehr du isst, desto wohler fühlst du dich in den Augen meiner Eltern. Du könntest sie nicht mehr beleidigen, als wenn du ihr Essen verschmähen würdest“, erklärte Giuseppe.
    „Ich nehme auch noch ein winziges Stück Tiramisu, aber dann passt wirklich nichts mehr in mich hinein. Meinst du, deine Mutter akzeptiert das? Oder muss ich wirklich den ganzen Abend weiteressen?“
    „Das Büffet wird gleich abgebaut, dann hast du Ruhe bis zur Mitternachtssuppe.“
    Ich stöhnte. „Dann müssen wir bis dahin aber noch oft tanzen, damit in meinem Magen wieder Platz ist.“
    „Eine meiner leichtesten Übungen.“ Giuseppe zog mich nach oben und führte mich zur Tanzfläche.
    „Bitte halte mich nicht für indiskret, aber ich muss dir eine Frage stellen: Sind deine Eltern reich?“, fragte ich Giuseppe, nachdem wir einige Minuten zu einem Lied von Eros Ramazotti getanzt hatten.
    Dieser sah mich verwundert an. „Nein, wie kommst du darauf?“
    „Das wunderschöne Hotel, das gute Essen, die Musik, die … aufwendige Dekoration, das muss alles eine Menge gekostet haben.“
    „Hat es auch. Aber bei italienischen Feiern muss geklotzt werden, damit jeder beeindruckt ist. Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Eltern für diese Feier einen Kredit aufgenommen haben.“
    „Unglaublich. Einen Kredit aufnehmen, nur um eine Goldene Hochzeit zu feiern? Ihr Italiener seid wirklich ein komisches Volk. Und weißt du, was ich noch seltsam finde? Du hast gesagt, für Italiener ist es das größte Lebensziel, dass die Familie größer wird. Was ist denn, wenn eine Frau überhaupt keine Kinder möchte? So etwas soll es geben. Fee zum Beispiel.“
    „In Italien gibt es so etwas nicht. Alle Frauen haben Kinder. Es sei denn, sie sind krank oder lesbisch.“
    „Fee müsste also so tun, als ob sie krank oder lesbisch wäre, damit sie nicht von der Familie verstoßen wird.“
    „Nein, muss sie nicht. Sobald sie verheiratet ist und keine Kinder hat, nimmt man es sowieso an.“

    Mittlerweile hatte sich die Dämmerung über die Feier gelegt und auf den Tischen und auf dem Buffet wurden erste Kerzen angezündet. Zusammen mit dem hell erleuchteten Pool sorgten sie für eine märchenhaft-romantische Stimmung in dem großen Park. Ich stand mit einem Glas Prosecco in der Hand bei Angela, ihrem Mann Ernesto und Giuseppe an einem der Stehtische und wir unterhielten uns, als wir ein helles Klirren vernahmen. Salvatore, Giuseppes Vater, stand auf der Bühne und schlug mit einem kleinen Löffel gegen ein Sektglas.
    „Meine lieben Freunde, schön, dass ihr alle gekommen seid, um mit mir und Carla ein ganz besonderes Fest zu feiern. Carla, meine Liebe, kommst du zu mir?“, begann er oder zumindest vermutete ich das. Und ich schien richtig verstanden zu haben. Denn Carla betrat die Bühne und hatte vor lauter Aufregung ganz rote Wangen.
    „Kannst du mir übersetzen, was er sagt?“, fragte ich Giuseppe leise. Dieser nickte.
    „Carla“, begann Salvatore feierlich. „Seit fünfzig Jahren bist du an meiner Seite und du bist für mich noch genauso schön und begehrenswert wie am ersten Tag. Du bist meine Sonne am Morgen und mein Stern am Abend, du bist meine Geliebte und meine beste Freundin. Ohne dich wären mein Leben und mein Bauch leer.“ Salvatore rieb sich über die Auswölbung seines Hemdes und die Gäste lachten. „Denn du bist nicht nur die allerbeste Ehefrau und Mutter – schaut euch nur unser Prachtexemplar dort hinten an …“, Salvatore zeigte auf Giuseppe, „sondern auch noch die allerbeste Köchin auf der Welt. Ich danke Gott, dass er dich mir geschenkt hat und dass du es nach fünfzig Jahren mit einem alten Sturkopf wie mir immer noch aushältst.“
    Bei seinen letzten Worten nahm er Carla in den Arm. Die Menge tobte, applaudierte und machte dabei einen unbeschreiblichen Krach und dennoch standen Salvatore und Carla auf der Bühne und sahen sich an, als gäbe es nur sie beide in diesem Moment.
    Perfekt abgepasst intonierte die Band im Hintergrund die ersten

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