Aussicht auf Sternschnuppen
auch. Giuseppe Salvatore.“ Sie griff ihrem Sohn ans Kinn und schüttelte es leicht.
Ich blickte hilfesuchend zu ihm herüber. Er drückte seine Mutter kurz an sich, flüsterte ihr etwas ins Ohr und nahm mich dann am Arm.
„Ich denke, das ist der richtige Moment, um dir unser Zimmer zu zeigen“, erklärte er mir auf unserem Weg. „Wir schlafen heute Nacht in der Villa. Wo ist dein Gepäck?“
„Ich habe keins dabei.“
„Wieso nicht?“
Das Zimmer lag auf der Rückseite des Hauses und bot einen wunderschönen Blick auf den Garten mit seinen efeubewachsenen Bäumen und ich schrie entzückt auf, als ich es betrat. Denn in seiner Mitte stand ein großes Bett mit Baldachin und die Wände waren mit einem verschnörkelten moosgrünen Stoff überzogen. Als ich näher trat, sah ich, dass auf dem Überwurf des Bettes ein Herz aus pinkfarbenen Rosenblättern lag. Fragend blickte ich Giuseppe an.
Der schaute verlegen zu Boden. „Ich hatte zuerst ein Einzelzimmer, aber als du mir gesagt hast, dass du kommen wirst, habe ich nach einer der Suiten gefragt.“ Er nahm mich in den Arm. „Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe.“
Ich machte mich los. „Weißt du, wie demütigend es ist, zu erfahren, dass du dich nicht auf Geschäftsreise befindest, sondern zu einer Familienfeier gefahren bist?“
„Natürlich. Ich habe einen großen Fehler gemacht habe. Aber zumindest weißt du jetzt, dass ich dich nicht betrogen habe. Angela ist meine Lieblingscousine. Wir sind wie Geschwister aufgewachsen. Ihre Eltern wohnen in Lucca direkt neben meinen. Und das Handy des Partners zu durchsuchen, ist übrigens auch nicht richtig“, gab er zu bedenken.
Ich wusste, dass er mit diesem Vorwurf Recht hatte, aber das musste ich ihm ja nicht zeigen und so fuhr ich ihn an: „Jetzt lenk nicht ab! Und sag mir endlich die Wahrheit! Warum hast du mir nichts von der Goldenen Hochzeit deiner Eltern erzählt?“
Giuseppe schaute mich betreten an. „Du hast doch gesehen, wie meine Eltern und meine Verwandten sind. Und du hast meine Mutter gerade erlebt. Ihr ganzes Leben dreht sich um die Familie und darum, sie zu vergrößern. Ich wusste nicht, ob dir all das nicht zu viel werden würde.“
„Und das soll ich dir glauben? Dass du mir nur aus Rücksicht auf mich nichts von eurer Familienfeier erzählt hast!“
„Ja“, beharrte Giuseppe und zog eigensinnig die Augenbrauen zusammen. Er konnte zuweilen sehr stur sein. „Wenn man als Italiener ein Mädchen mit in die Familie bringt, bedeutet das für die Familie, dass man vorhat, dieses Mädchen auch zu heiraten und mit ihr Kinder zu haben. Ich wusste nicht, wie du zu diesen Themen stehst.“
„Du hättest mich fragen können. Wir sind schließlich seit zwei Jahren zusammen.“
„Aber Kinder waren zwischen uns nie ein Thema.“
„Aber du musst doch gemerkt haben, dass ich Kinder mag und mir ein eigenes wünsche. Ich bin schließlich keine sechzehn mehr.“
Giuseppe nahm mich erneut in den Arm und sah mich nun doch reumütig an. „Ich weiß, italienische Männer sind kompliziert. Aber jetzt, wo du da bist, bin froh, dass du mir die Entscheidung, dich meiner Familie vorzustellen, abgenommen hast. Kannst du mir noch einmal verzeihen?“
„Ich versuche es“, antwortete ich spröde und drückte ihn kurz an mich.
Als wir wieder nach unten kamen, war das Fest in vollem Gange. Eine Band hatte auf der Tribüne am Pool ihre Instrumente aufgebaut und mehrere Paare tanzten zu italienischer Schlagermusik. Giuseppe nahm mich bei der Hand und wir mischten uns unter die Menge. Hatte ich mich zunächst noch wie auf dem Präsentierteller gefühlt, da unweigerlich alle Gespräche verstummten und sofort ein leises Tuscheln einsetzte, wenn ich irgendwo auftauchte, so gewöhnten sich die meisten Anwesenden nach und nach an meine Anwesenheit und ich fing an, mich zu entspannen. Selbst mein Appetit kehrte zurück und so ließ ich mir zur großen Freude von Carla gleich zwei große, üppig verzierte Tortenstücke auf den Teller laden und war auch später beim abendlichen Buffet gern dazu bereit, mich an einen der Glücksbärchi-Tische zu setzen und kräftig zuzuschlagen.
Das Essen war aber auch einfach köstlich. Hauchdünnes Carpacchio, mit Thunfisch-Kapernsoße überzogenes Kalbsfleisch, gegrilltes Gemüse, orange-leuchtende Melonenschiffchen, garniert mit Parmaschinken, und marinierte Meeresfrüchte waren auf Tischen rund um den Pool aufgebaut und wetteiferten um meine Gunst. In silbernen
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