Australien 01 - Wo der Wind singt
sagte Nick mit unbewegtem Gesicht. »Phantastisch. Mit wem warst du unterwegs?«
Nick biss die Zähne aufeinander.
»Mit der landwirtschaftlichen Beraterin. Sie …«
»Sie? Sie !« Felicity baute sich vor Nick auf. Ihre Stimme wurde immer schriller. Nick teilte den letzten Schlag aus.
»Kate Webster.«
» Wie kannst du es nur wagen ? Wie kannst du es wagen, meine Springpferde zu nehmen und mit diesem Flittchen ins Gelände zu gehen. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Sie hätten sich verletzen können! Ist dir denn nicht klar, wie wertvoll diese Pferde für mich sind? Und dann hattest du nicht einmal so viel Verstand, sie hinterher abzuspritzen!«
»Es tut mir leid«, sagte er.
»Es tut dir leid? Ist das alles, was du zu sagen hast?«
»Was willst du denn noch hören?«
»Was soll das heißen?«, sagte sie und funkelte ihn dabei böse an.
»Das weißt du ganz genau.«
»Nein. Ich weiß es nicht. Ich denke, du solltest es klar und deutlich aussprechen, Nick.«
»Wir beide wissen doch ganz genau, dass es dir viel lieber ist, mit diesen blöden Viechern hier draußen im Kreis herumzureiten, als deine Zeit mit mir zu verbringen.«
»Du armer, eifersüchtiger kleiner Junge«, sagte sie. »Dabei habe ich alles versucht, um dich in mein Leben einzubeziehen. Wirklich.«
Nick wusste, dass es nicht Felicitys Schuld war, aber er konnte einfach nicht anders, als sich über sie zu ärgern. Er hatte gesehen, dass Kate bei der Schafschur härter gearbeitet hatte als jeder Mann. Hatte gesehen, wie selbstverständlich sie auf einem Pferd saß, ohne dieses
Getue und diesen übertriebenen Stolz. Sie hatten sich oft zwanglos unterhalten. Es war eine Art von Unterhaltung, wie er sie mit seiner zukünftigen Frau niemals führen könnte. Er wollte Felicity wehtun. Genau so, wie Kate ihm wehgetan hatte.
»Du hast also versucht, mich einzubeziehen?«, sagte er sarkastisch. »Du meinst, als verdammter Steigbügelhalter bei deinen Turnieren, ja? Wo ich den ganzen Tag sinnlos herumstehe, während zu Hause ein Berg Arbeit auf mich wartet. Wie oft hast du denn angeboten, mir mit einem deiner dämlichen Gäule bei der Arbeit mit den Schafen zu helfen? Ein Mal. Ein einziges Mal. Ich würde dir jedes verdammte Wochenende helfen, wenn du eine Farm hättest … Aber nein! Du bist ja ständig auf irgendeinem Turnier. Nein, um mich ist es dir noch nie gegangen. Nie. Es geht immer nur um dich.«
»Ach wirklich? Ist das so? Ich bin also ein selbstsüchtiger Mensch, der nur an sich selbst und seine Pferde denkt? Ist es das, was du mir sagen willst?«
Nick starrte auf sein Motorrad. Er wusste, dass er Unrecht hatte.
»Wie viel Zeit habe ich bei deinem Vater verbracht, um ihn zu pflegen? Und um deine Mutter zu trösten, wenn sie wieder einmal völlig verzweifelt war. Hm? Das muss alles ich machen, weil du dazu nämlich nicht in der Lage bist. Das Ganze ist weiß Gott nicht so einseitig wie du es darstellst, Nick. Und das weißt du auch.«
Nicks Gesicht glühte vor Scham, als er sich aufrecht auf das Motorrad setzte. Er stellte seinen Fuß auf den Kickstarter und schaltete die Zündung ein. Dann sah er Felicity mit kaltem Blick an. »Du hältst nicht viel von mir, nicht wahr? Für dich sind nur deine Pferde und das Farmhaus wichtig. Habe ich nicht Recht? Ich hätte auch jeder andere sein können. Solange ich nur eine Pferdekoppel besitze. Wozu brauche ich da auch noch Verstand und Gefühl? Hast du denn nicht alles, was du willst?« Nick trat wütend den Kickstarter nach unten, und das Motorrad erwachte brüllend zum Leben. Er warf einen kurzen Blick in Felicitys verzweifeltes Gesicht und wusste dabei, dass in seinen Worten kaum mehr als ein winziges Körnchen Wahrheit lag. Dass er sich grob und ungerecht verhielt. Und das machte ihn noch wütender.
Als er Gas gab und der Motor aufheulte, scheuten Felicitys Pferde. Calvin stieß seinen Futtereimer um. Nick ließ das Hinterrad absichtlich durchdrehen, so dass Dreck und kleine Steine in Richtung der Pferdekoppel flogen. Er fuhr durch das Tor, über den Hof und weiter in Richtung Bach. Er wollte zur Kammlinie hinauf, zu dem umgestürzten Baumstamm, auf dem er und Kate gesessen hatten. Um dort zu sich zu kommen. Und um über seine Zukunft nachzudenken.
Am Abend dieses Tages hob Kate Nell aus der Badewanne und wickelte sie dann in ein weiches lila Handtuch ein. Während sie sie trocken rubbelte, betrachtete sie Nells makellose Haut und ihre kräftigen Glieder. Ihre Tochter war eine
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