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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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Sonne oder den Mond nicht finden konnten oder die Bewegungen des Schiffs zu heftig waren, um Peilungen ausführen zu können, war das Chronometer, das selbst nach monatelanger Fahrt exakt die Greenwicher Zeit angab, das einzige, was sie davor bewahrte, an den Klippen von New South Wales zu zerschellen.
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    Botany Bay erwies sich sogleich als ein zur Besiedlung ungeeigneter Ort, weshalb der Kommodore die Flotte noch ein Stück weiter nördlich dirigierte. Die Fahrt bis nach New South Wales hatte neun Monate gedauert – da kam es auf ein paar Meilen mehr auch nicht mehr an.
    Vom Meer aus wirkte es, als hätte der Kommodore einen Fehler gemacht. Rooke und Gardiner lehnten Ausschau haltend an der Reling, während die Sirius den Hafen ansteuerte und die Flotte auf etwas zuleitete, das nach nichts weiter als einem Einschnitt in einer hohen gelblichen Klippe aussah. Sie hörten das Schnurren der Schoten, als die Segel gefiert wurden und die Sirius auf das schäumende weiße Wasser zwischen den Felsen zuhielt.
    Der Kommodore hatte sich jedoch nicht getäuscht. Hinter den Felsen tat sich vor ihnen eine weit nach Westen hin ausgedehnte ruhige Wasserfläche auf. Die Sirius glitt an dicht bewaldeten Landzungen und Buchten mit sichelförmigen gelben Sandstränden vorüber. Etwas an diesem riesigen versteckten Hafen mit einer schön geschwungenen Bucht und einer schön geformten Landzunge nach der anderen versetzte Rooke in eine Art Trance. Er hatte das Gefühl, immer tiefer in das Herz dieses unbekannten Landes hineinsegeln zu können. Es war das Vorwärtskommen, das zählte, nicht das Ankommen. Das Wasser unter dem Bug schäumte, und während sie immer weiter in diesen tiefen Einschnitt des Kontinents hineinfuhren, kam es Rooke vor, als ob es ewig so weiter ginge.
    Als die Sirius gerade eine kleine Felsinsel umrundete, sah Rooke eine Anzahl Männer mit Speeren den Strand entlanglaufen. Der Wind trug immer wieder dasselbe Wort heran: Warra! Warra! Rooke hatte nicht den Eindruck, dass es Willkommen! Willkommen! bedeutete, sondern eher den Verdacht, es hieße, gelinde übersetzt, so etwas wie Geht zum Teufel!
    Mit rumpelndem Rasseln und Platschen wurde der Anker hinabgelassen. Als Rooke danach wieder zum Ufer hinblickte, waren die Männer verschwunden.
    Sie ankerten vor einer kleinen Bucht, die geschützt zwischen zwei hohen Hügelkämmen lag. An ihrem oberen Ende befand sich eine leicht abschüssige Sandfläche, an der ein kleiner Fluss ins Meer mündete. Dahinter erstreckte sich ein flaches bewaldetes Tal ins Landesinnere.
    Die Matrosen ließen das Beiboot zu Wasser. Ein Sergeant und vier bewaffnete Soldaten stiegen hinein, gefolgt vom Kommodore und Kapitän Barton. Schiffsarzt Weymark kletterte mit einer Behändigkeit hinterher, die man einem korpulenten Mann wie ihm nicht zugetraut hätte. Rooke wartete nicht ab, bis er aufgefordert wurde, sondern stieg schnurstracks hinterher. Er wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, unter den Ersten zu sein, die diesen Ort betraten, der nach dem Wenigen, was man über ihn wusste, genauso gut der Saturn hätte sein können.
    Auf dem Sandstrand am Kopfende der Bucht kam es Rooke vor, als kippte der Boden unter ihm weg. Tief sog er die Luft in die Lunge ein. Nach all den vielen Monaten mit nichts als dem neutralen Meereswind war die Luft hier trocken, sauber und warm, roch süß und sauer zugleich und war von einem würzigen Duft nach allen möglichen organischen Dinge erfüllt.
    Weymark machte einen Schritt nach vorn, sank dabei in den Sand ein und lachte, dass ihm der Bauch wackelte. Als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, traten plötzlich fünf Eingeborene zwischen den Sträuchern am Rand des Strandes hervor. In dem Boot hinter sich vernahm Rooke leise klickende Geräusche und wusste, dass sie von Musketen herrührten, die gerade angelegt wurden.
    »Immer mit der Ruhe!«, hörte er den Sergeant mit angespannter Stimme sagen.
    Die Männer waren dunkelhäutig und nackt, ihre Gesichter im Sonnenlicht nur schattenhaft zu erkennen. Eingeborene , dachte Rooke, ich stehe von Angesicht zu Angesicht Eingeborenen gegenüber!
    Sie waren fremdartig und normal zugleich: Männer, die im Wesentlichen so aussahen wie er selbst, die gleichen Schultern, Knie und Geschlechtsteile, mit dem einzigen Unterschied, dass ihre offen sichtbar waren. Ein muskulöser graubärtiger Mann stand an der Spitze der Gruppe, die anderen hinter ihm, jeder mit einem hölzernen Schutzschild und einem Speer in

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