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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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den Händen. Tiefschwarz im Sonnenlicht blickten sie zu ihnen herüber.
    »Die Geschenke, Sergeant, wo sind die Geschenke?«
    Der Kommodore ging zum Boot zurück und griff ungeduldig nach dem Beutel, den der Sergeant ihm reichte. Er nahm eine Perlenkette heraus und schwenkte sie hin und her, damit sich die Sonne darin spiegelte.
    »Kommt, meine Freunde«, rief er. »Seht mal, was ich hier habe, ich wette, das habt ihr noch nie zuvor gesehen!«
    Ein erwartungsvoller Ausdruck trat auf sein abgehärmtes Gesicht, und Rooke konnte sich zum ersten Mal vorstellen, dass er einmal ein lebhafter Junge gewesen sein könnte.
    Weymark tat es ihm nach und ließ einen Spiegel aufblitzen.
    »Seht mal, Sir«, rief er. »Das könnt ihr ganz für euch haben, ihr müsst bloß nahe genug herankommen und es euch holen! Meine Güte, Barton, die sind ja so argwöhnisch wie eine Katze, die an die Sahne will, aber Angst vor dem Milchmädchen hat!«
    Er lachte sein dröhnendes Lachen, und Rooke hatte den Eindruck, dass es die Männer mutiger werden ließ. Der Grauhaarige machte einen Schritt nach vorn.
    »Ja, genau, Mister Darkie, komm nur her!«
    Der Arzt machte ein paar plumpe Hüpfer, worauf der Mann seinen Speer wieder fester umfasste.
    Kapitän Barton konnte vor seinen Matrosen schlecht wie Weymark herumhüpfen, doch auch er nahm sich eine Perlenkette und ließ sie herumkreisen.
    »Rooke, mein Junge, holen Sie sich auch ein paar Klunker und versuchen Sie Ihr Glück!«, rief er.
    Rooke suchte sich einen Spiegel aus und ging damit ein paar Schritte auf den nächststehenden Eingeborenen zu, einen Mann, der ungefähr so alt sein mochte wie er selbst und dessen Blick zwischen Rooke und Barton hin und her schnellte wie der eines Windhunds.
    Rooke hob eine Hand zum Gruß.
    »Guten Tag!«
    Es war, als hätte man einen Stein in einen Busch geworfen und wartete nun gespannt darauf, was für ein Vogel herausgeflogen käme.
    Der Mann, den er angesprochen hatte, war gut gebaut, mit einem muskulösem Oberkörper und sehr gerader Haltung. Auf seinem Brustkorb prangten regelmäßig angeordnete wulstige Narben, seine Haut war mit Bemalungen verziert, die wie ein Kleidungsstück wirkten.
    Er warf Rooke einen kurzen Blick zu und öffnete leicht den Mund, als wolle er etwas sagen. Das Weiß in seinen Augen leuchtete aufgrund des Kontrasts zu seiner dunklen Haut wie von innen heraus. Mit einer einzigen schnellen Bewegung trat er nach vorn, griff sich den Spiegel und trat wieder zurück. Er hielt den Spiegel dem Mann neben ihm hin, und die beiden begutachteten ihn murmelnd.
    Dann verloren sie das Interesse daran. Der Mann ließ den Spiegel in den Sand fallen, so achtlos wie ein Junge in Portsmouth das Kerngehäuse eines Apfels fallen lassen würde. Die Gruppe bewegte sich ein paar Schritte zurück und schien zu warten.
    Auf bessere Geschenke? Auf eine weitere Geste?
    Weymark machte den nächsten Versuch. Vielleicht war es als Unterhaltung gedacht, eine Zugabe zu dem Stück mit den Perlen und dem Spiegel. Mit forschen Schritten ging er auf den Ältesten der Gruppe zu, einen drahtigen, grauhaarigen Mann, nahm ihm seinen Schild aus der Hand – nur leihweise versuchte er mit Zeichensprache zu erklären – und rammte ihn senkrecht in den Sand. Dann lud er seine Pistole, visierte den Schild aus kurzer Entfernung an, spannte den Hahn und feuerte ab. Die Eingeborenen machten bei der Explosion einen Satz nach hinten.
    Der Rauch waberte davon. Der Geruch von Schießpulver lag in der Luft.
    Die Kugel war mitten durch den Schild – ein solides Ding aus einer Holzscheibe von etwa zwei Fuß Länge und einem guten Zoll Dicke – hindurchgegangen und hatte ein ausgefranstes Loch und einen langen Riss von oben bis unten hinterlassen. Als der alte Mann den Schild aufhob, zerfiel er in zwei Stücke. Er drückte die beiden Teile wieder zusammen und betastete mit seinen schlanken Fingern die Stelle, an der die Kugel das Holz durchschlagen hatte. Dann hielt er sich den Schild vor den Bauch und machte ein paar Gesten, mit denen er zu fragen schien, ob die Kugel das Gleiche auch mit ihm machen würde.
    »Aber selbstverständlich, mein schwarzer Freund«, versicherte ihm Weymark fröhlich. »Die würde dich vom Schädel bis zum Arschloch aufspalten, das kannst du mir glauben!«
    Weymark schien das für einen guten Witz zu halten, Kapitän Barton ebenfalls, und Rooke, durch die beiden irgendwie angesteckt, lachte mit.
    Die schwarzen Männer hingegen fanden das gar nicht lustig. Mit

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