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Australien 02 - Der Sternenleser

Australien 02 - Der Sternenleser

Titel: Australien 02 - Der Sternenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Grenville
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Die ganze Geschichte ist höchst unterhaltsam. Was mir jedoch fehlt, ist der Anfang. Wie sie hierher gebracht wurden. Gardiner wollte einfach nicht darüber reden. Es ist mit Abstand das bedeutsamste Ereignis, das sich seit unserer Ankunft hier zugetragen hat! Ich brauche Einzelheiten, ich brauche den Bericht eines Augenzeugen, aber Gardiner weigerte sich, mir etwas zu sagen.«
    Er beugte sich über den Tisch zu Rooke vor.
    »Was weißt du darüber, Rooke? Gardiner hat dir doch bestimmt davon erzählt.«
    Rooke fuhr zurück, als wäre er zu dicht ans Feuer gekommen, und benutzte das Wackeln des Tisches als Vorwand, abzutauchen und den Keil zurechtzurücken, den er zur Stabilisierung unter eines der Tischbeine geklemmt hatte. Als er wieder auftauchte, hatte er die richtigen Worte gefunden.
    »Naja, nur, dass es ein voller Erfolg war!«
    Rooke spürte, wie ihm die Röte in die Wangen stieg. Er war noch nie ein guter Lügner gewesen. Er stand auf und machte sich mit dem Reisig zu schaffen.
    »Und sonst hat Gardiner nichts gesagt?«, bohrte Silk nach. »Als die Sache stattfand oder gleich danach? Oder zu einem späteren Zeitpunkt?«
    Silk würde einen guten Anwalt abgeben, dachte Rooke.
    »Wir unterhalten uns über alles Mögliche«, sagte er und brach dabei ein paar Zweige über seinem Knie entzwei. »Unser gemeinsames Interesse sind natürlich die Himmelskörper.«
    Er hörte sich selbst, Leutnant Rooke, so beiläufig wie möglich. Silk beobachtete ihn scharf. Rooke spürte, wie sich die Muskeln um seinen Mund verkrampften, während er angestrengt eine ausdruckslose Miene zu bewahren versuchte.
    »Soso«, sagte Silk und strich mit der Hand über die Haare am Hinterkopf, wo sie sich in einer glänzenden Welle über den Kragen ringelten.
    Rooke spürte Silks bohrenden Blick, diesen wortlosen Versuch, ihm mehr zu entlocken. Er fühlte sich unwohl in seiner Haut, während er sich ungeschickt bemühte, Stillschweigen zu bewahren. Er fragte sich, ob Geschichtenschreiber riechen konnten, wenn hinter einer Sache mehr steckte, als man auf den ersten Blick vermutete.
    Silk ging es lediglich um eine reizvolle Ergänzung zu seiner Erzählung. Würde er aber in Erfahrung bringen, was Gardiner ihm hier in der Hütte anvertraut hatte, und es öffentlich machen, wäre das eine Katastrophe.
    Der Gouverneur würde gezwungen sein, zu handeln. Die Kolonie verfügte nicht über genügend Offiziere, um eine Militärgerichtsverhandlung abhalten zu können, aber Gardiner würde vom Dienst suspendiert werden und in einer Art luftleerem Raum leben müssen, bis ein Schiff eintraf, das ihn nach England zurückbringen könnte, wo er dann vor Gericht gestellt würde.
    Und dann? Gardiner hatte den Gehorsam nicht verweigert, sondern nur bedauert, einen bestimmten Befehl ausgeführt zu haben. Er würde nicht gehängt werden. Wahrscheinlich nicht. Für einen Offizier, der einen Befehl in Frage gestellt hatte, gab es in Seiner Majestät Diensten jedoch keinen Platz. Gardiner konnte bestenfalls darauf hoffen, degradiert zu werden. Das wäre etwa so, als würde man einen Arm oder ein Bein verlieren. Er könnte aber auch unehrenhaft entlassen werden wie damals die Rebellen im Englischen Hafen. Wie immer die Sache auch ausgehen mochte, Gardiner würde für den Rest seines Lebens ein Gebrandmarkter sein.
    »Wirklich, Silk, du machst mir ein größeres Kompliment, als ich verdient habe«, sagte Rooke, »wenn du glaubst, ich wüsste Dinge, von denen du selbst nichts weißt.«
    Er hörte, wie sich in dem Baum unterhalb der Hügelkuppe die weißen Papageien sammelten. Laut kreischend wie Lebewesen, die starke Schmerzen haben, stoben und flatterten sie umher.
    Ich wünschte bei Gott, ich hätte es nicht getan . Rooke hatte diese Worte gehört und Verständnis für sie empfunden. Deshalb hatten sie Macht über ihn, und das war gefährlich. Er musste diese Worte unbedingt aus seinem Gedächtnis löschen.


    S eit Gründung der Siedlung waren neun Monate vergangen, und damit war der frühestmögliche Zeitpunkt für die Wiederkehr von Dr. Vickerys Komet gekommen. Rooke besaß eine Abschrift von Dr. Vickerys Berechnungen: Der Komet würde zwischen Oktober 1788 und März 1789 wieder auftauchen.
    Jede Nacht tastete sich Rooke zur Kuppel hinauf. Er wünschte, er hätte den Raum ein bisschen größer konstruiert. Mit dem Quadranten auf dem Felsblock und dem Fernrohr auf dem Stativ blieb für einen Astronomen nicht mehr viel Platz.
    Rooke hatte noch nie einen Kometen

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