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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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glänzend weißen Schaumschicht vor ihm stand.
    »Du bist so wunderschön«, flüsterte er.
    »Ins Bett, lass uns ins Bett gehen«, murmelte sie, als sie ihren Mund von seinem gelöst hatte. Sie rubbelten sich gegenseitig mit kratzigen, frisch gewaschenen Handtüchern die vom heißen Wasser gerötete Haut trocken.
    »Ich wollte das schon machen, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, genau hier in diesem Bett«, gestand Jim.
    Rosie zog ihn mit nach unten, wo sie sich von neuem küssten, lang und innig, während sie sich gegenseitig mit den Fingern erforschten. Jim schien keine Eile zu haben, ihren Körper kennen zu lernen. Rosie glaubte vor Lust fast zu platzen. Draußen rauschte immer noch der Regen aufs Dach, und sie merkte, wie das tröstliche Geräusch über sie hinwegschwemmte. Ihre zögerlichen Küsse gewannen an Lust, und bald raste die Leidenschaft durch ihre Adern wie das Wasser durch die ausgetrockneten Flussbetten, die heute Nacht zu frischem Leben erwacht waren.
    So intensiv war ihr Erlebnis, dass sie gar keine Zeit für die typische Erste-Nacht-Nervosität oder Schüchternheit hatten. Rosie streckte den Rücken durch und wand sich unter ihm, weil sie es kaum mehr erwarten konnte, ihn in sich zu spüren. Das Toben des Sturms hörte sich an, als würde ein Güterzug über die Stallungen und das Haupthaus hinwegbrausen. Ein ohrenbetäubender, grollender Donner ließ das Blechdach erbeben und vibrierte durch ihre Körper. Für einen Sekundenbruchteil erhellte ein gleißender Blitz den Raum. Die Blitze zeigten zwei Liebende, die einander hemmungslos und wie von Sinnen ritten. Die Luft war mit der Energie des Gewitters aufgeladen und entführte Jim und Rosie an einen anderen Ort. Sie gehörten nicht mehr in diese Welt, in diese Zeit. In einer Sphäre reiner Lust schwebend, vergaßen sie alles um sich herum. In diesem Augenblick gab es nur noch sie und ihre Leidenschaft und das Ungestüm der Natur. Nichts anderes zählte.

    Am Morgen versteckte sich die Sonne schmollend hinter einer dicken grauen Wolkenwand, die alles in ein trübes Licht tauchte. Die Eukalyptusblätter hingen voll gesogen an den Zweigen, ließen den Regen an die Blattspitzen gleiten und in dicken Tropfen auf den Boden fallen. Fette Kookaburras flatterten von den Zaunpfosten und zerrten Würmer aus dem nassen Boden. Mit ihrem aufgeplusterten Federkleid, mit dem sie den Regen abhielten, sahen die Vögel aus wie kleine dicke Damen im Pelzmantel bei einem eleganten Abendessen. Auf der niedrigen Weide, wo das Gras allem Anschein nach über Nacht zu sprießen begonnen hatte, stolzierten Papageien umher und suchten nach Insekten. Sie tranken frisches Regenwasser aus den klaren Pfützen und hüpften wie tanzend im Regen herum. Die leuchtend grünen und roten Gefieder waren vom Regen sauber gewaschen und setzten strahlend bunte Farbtupfer in diesen düsteren, grauen Tag.
    Im Quartier bekamen Jim und Rosie nichts von diesem Naturschauspiel mit. Kein Sonnenstrahl hatte sich durchs Fenster hereingeschlichen, um sie zu wecken. Der düstere Tag hatte sie friedlich bis in den Morgen hinein und bis weit nach sieben Uhr schlafen lassen.
    Wenig später erwachte Rosie durch das unablässige Läuten des Telefons. Die Außenklingel schallte über den leeren Hof. Rosie küsste Jims Schulter. Er lächelte verschlafen.
    »Kannst du nicht deine Mum drangehen lassen?«
    »Ich muss sowieso nach ihr sehen.«
    Rosie schlüpfte aus dem Bett und zog sich an. Als das Telefon nicht aufhören wollte zu klingeln, begann sie sich Sorgen zu machen. Wo blieb ihre Mutter?
    Erst als Rosie ins Haus lief, erstarb das Klingeln.
    »Typisch«, sagte sie, weil sie an Jim und sein warmes Bett denken musste.
    In der Küche war niemand. In der Spüle stapelte sich das schmutzige Geschirr, und auf dem Tisch standen mehrere halb leere Kaffeetassen. Der Lavendel, den ihre Mutter letzte Woche gepflückt hatte, stand schlaff und halb verwelkt in seiner Vase.
    »Mum?«, rief Rosie. Keine Antwort. Im Flur rief sie noch einmal, diesmal lauter: »Mum!« Aber das riesige Haus lag in tiefem Schweigen. Sie stieg die Treppe hoch und ging den Flur bis zum Ende, wo sie rechts zaghaft an die Tür des Elternschlafzimmers klopfte. Kleider hingen halb aus dem großen Ebenholzschrank, als hätte er plötzlich niesen müssen. Die goldene Uhr auf dem Kaminsims läutete wichtigtuerisch vor sich hin. Rosie sah ihre Mutter unter einer verknüllten Tagesdecke liegen.
    »Mum?« Unsicher trat sie einen Schritt vor.

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