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Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Australien 03 - Tal der Sehnsucht

Titel: Australien 03 - Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Treasure
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Steigbügel und klemmte den Schwanz zwischen die Hinterläufe. Sie beugte sich nach unten, wobei sich ein Wasserschwall aus ihrer Hutkrempe auf den Boden ergoss, zog den schlaksigen Hund nach oben und drapierte ihn über Oakwoods Rumpf. Oakwood scheute kurz, kam aber sofort wieder zur Ruhe.
    »In Ordnung?«, fragte Jim.
    Rosie nickte und schluckte die Angst tief hinunter in die Magengrube. Oakwood stapfte ungerührt Jims Stute hinterher in den Fluss, als wäre dies der Ausritt eines Ponyclubs. Dann schossen seine Ohren beunruhigt vor, und er schnaubte, als er die reißende Strömung an seinen Beinen spürte. Vor ihnen rutschten Äste über die Felsen, und Jims Stute scheute kurz zurück, aber Jim redete beruhigend auf sie ein und drängte sie voran, wobei er ihr jedoch bei jedem Schritt Zeit ließ, einen festen Stand zu finden. Als sie in tieferes Wasser kamen, zerrte die Strömung mit erschreckender Gewalt an ihnen. Die Pferde schnaubten vor Anstrengung und versuchten, auf den abgeschliffenen, unsichtbar unter den schäumenden Stromschnellen liegenden Flusskieseln nicht aus dem Tritt zu kommen. Das Wasser stieg bis an Oakwoods Brust, und Rosie beobachtete, wie der Schweif von Jims Stute von der Strömung zur Seite gerissen wurde. Zweige und Blätter verfingen sich darin. In Rosies Stiefel schwappte eiskaltes Wasser, das an ihren Jeansbeinen nach oben stieg, aber gerade als sie glaubte, sie würden mitgerissen, wurde das Wasser wieder flacher, und die Pferde kamen besser voran.
    Eher vor Angst als vor Kälte schlotternd und mit einem Seufzer der Erleichterung begann sich Rosie zu entspannen. Aber genau in diesem Moment geriet Oakwood mit den Vorderfüßen in ein Loch und kam ins Straucheln. Seine Schulter kippte unter Rosie weg, und sein Maul tauchte in das schlammige Wasser. Hilflos schlugen seine Hufe aus. Dann wurde sein Leib zur Seite gedrückt, und er stürzte. Rosie ging mit unter. Die Hunde wurden von Oakwoods Rücken gerissen, und aus dem Augenwinkel sah Rosie ihre winzigen Köpfe davontreiben. Im selben Augenblick spürte sie, wie ihr das Wasser die Brust einengte. Kälte und Angst schnürten ihr so die Kehle zu, dass sie keine Luft mehr bekam. Sobald sie in das wütende Wasser eintauchte, merkte sie, wie ihre Beine nach oben trieben und aus dem Sattel gehoben wurden. Die Wellen versuchten, ihre Füße aus den Steigbügeln zu zerren, und begannen, ihren Körper flussabwärts zu ziehen.
    »Jim!«, schrie sie. Sie und Oakwood waren von der Furt weggetrieben worden und befanden sich jetzt im tiefen, wirbelnden Wasser, wo sie in rasendem Tempo flussabwärts geschwemmt wurden. Sie sah, wie er sich umdrehte, und das Entsetzen auf seinem schlagartig kreidebleichen Gesicht war das Bild, das ihr vor Augen stand, als sie von der eisigen Strömung unter Wasser gezogen wurde. Ihre Finger grabschten fieberhaft nach Oakwoods Mähne oder Sattel. Egal was. Was sie nur zu fassen bekam. Sie schlang die Arme um seinen Hals. Oakwoods Muskeln waren steinhart vor Angst und Anstrengung, aber er kämpfte eisern gegen die Strömung an, um ans Ufer zu gelangen.
    Als Rosie an Oakwood und seine Zügel geklammert wieder an die Oberfläche kam, sah sie, wie panisch er mit den Augen rollte. Er atmete und schnaubte so schwer, dass die Nüstern abwechselnd weit aufgebläht und rot wie die eines Drachens waren, um im nächsten Moment zu erschlaffen und flach anzuliegen, während gleichzeitig seine großen Hufe durchs Wasser stampften. Rosie spürte den Zorn des Flusses. Er wollte ihr die Stiefel von den Füßen saugen. Der Mantel wurde ihr vom Leib gezogen wie einem Kaninchen das Fell. Immer und immer wieder wurden sie und Oakwood unter die Wasseroberfläche gezogen und herumgewirbelt. Äste und Stämme trafen sie. Ertrunkene Schafe schwammen mit aufgeblähten Leibern, angeschwollenen, blutleeren Zungen und glasigen Augen an ihnen vorbei wie Zombies oder prallten an ihnen ab.
    Unter ihr, im schlammigen Grund des Flusses, meinte Rosie die Finger der Toten zu spüren, die nach ihren Knöcheln schnappten und sie hinabzuziehen versuchten. Einen Moment war sie in der dunklen, tosenden Unterwelt gefangen, im nächsten blickte sie wieder in den grauen Himmel und sah das Flussufer vorbeiziehen. Sie konnte spüren, dass Oakwood den Kampf verloren geben wollte. Er wurde müde. Auch ihre Muskeln schmerzten vor Erschöpfung. Die Panik in ihrem Kopf, dieser akute Überlebensinstinkt, wurde spürbar schwächer. Rosie begann, sich zu entspannen. Und auf

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