Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
Glückseligkeit pendelte.
Sie hörte Lachen und Quieken vom Flussufer. Auf einem kleinen Pfad zwischen den Bäumen erschienen Bridie und Sam aus dem Halbdunkel. Beide waren tropfnass und jagten sich. Als sie beim Lagerfeuer angekommen waren, hockte sich Bridie atemlos neben Emily. Ihre Augen glänzten, und ihre sonst perfekt gestylten und geglätteten Haare fielen ihr in langen blonden Ringellocken auf die Schultern. Sie trug nasse Shorts und ein neonrosa Unterhemd mit einem knallblauen Bikinitop darunter, das in der Abendhitze üppig gefüllt und scharf aussah. Sie beugte sich zu Emily und flüsterte: »Sam wollte mich gerade küssen! Unten am Fluss.«
»Und?«
»Ich habe ihn nicht gelassen.«
»Warum nicht?«
»Weil ich gerade Thunfisch mit Frühlingszwiebeln gegessen habe.«
Emily lachte. »Warum tust du denn so was?«
»Weil ich abnehmen will und das Lammfleisch so fettig war …«
»Das meine ich nicht«, flüsterte Emily. »Warum hast du dich nicht küssen lassen?«
Bridie sah an sich herab. »Sieh mich doch mal an. Er kommt aus dieser Rockstar-Welt, in der es von zaundürren Hochglanz-Barbies mit Riesentitten wimmelt.« Sie griff sich in den Hüftspeck. »Als würde er es mit einem Klops wie mir ernst meinen.«
Emily nahm ihre Hand. »Ach, Bridie, du siehst fantastisch aus. Du hast nur zu viele Zeitschriften gelesen. Männer lieben Kurven. Wenn du erst mal deinen Witz aufblitzen lässt – von deinen Brüsten ganz zu schweigen –, können diese dürren Zicken einpacken. Damit kannst du dir jeden Mann angeln. Sogar einen Country-Star.«
»Echt? Glaubst du wirklich? Du meinst, ich sollte ihn küssen?«
Emily grinste. »Schon, aber putz dir vorher die Zähne.«
In diesem Moment schlenderte Sam mit seiner Gitarre in den Lagerfeuerschein.
»Wer will was hören?«
Die Cattlemen jubelten, und Emily jubelte am lautesten. Seit Jahren hatten sie Sam nicht mehr überreden können, einfach so für sie zu singen. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, groß herauszukommen. Aber jetzt war er wieder da, Rod Flanaghans Sohn, aus Nashville zurückgekehrt mit einer tischplattengroßen Gürtelschnalle und einer schicken Gitarre, er würde wieder für sie spielen. Ihr Bruder war zurück.
Emily rutschte auf dem Stamm zur Seite, als ihr Vater ans Lagerfeuer kam und sich neben sie setzte, das Gesicht glühend vor Liebe und Stolz auf seinen Sohn. Emily wusste, dass der Zusammenhalt in der Familie Sam bis zu einem gewissen Grad geholfen hatte, doch heute Abend strahlte er eine ganz neue Energie aus – er hatte sich verliebt. Sam schlug ein paar kraftvolle Akkorde an und stimmte dann seine Maton, indem er ein paarmal an den Saiten zupfte. Danach klopften seine Fingerspitzen auf das abgewetzte Holzantlitz der Gitarre und trommelten eine fröhliche Einleitung.
»Eins und zwei, und eins zwei drei vier …«
Dann legte er los. Sam Flanaghan sang wieder. Es war ein neuer Song, einer, den Emily noch nie gehört hatte, aber sie war ziemlich sicher, dass sie wusste, wo Sam seine Muse gefunden hatte.
»Pfirsichhintern, Honighaar! Du bewegst dich wie ein Star«, sang er. »Wenn ich dich so sitzen sehe, bringt das bei mir was zum Stehen! Du kannst so gemein sein, und doch wirst du mein sein. Oh, Hot Mama, komm und sitz bei mir!«
Sein Publikum johlte über diesen witzigen Funksong und verlangte immer neue Strophen von Sam. Emily lachte, während andere klatschten oder zu tanzen begannen und teilweise in den Refrain einstimmten. Bridie strahlte wie die Sonne.
Zwei Stunden lang gab Sam mitten in der Wildnis ein Konzert. Er brachte ihre Augen im Feuerschein zum Leuchten und ihre Herzen zum Singen. Emily wusste, dass die Freude und das Gemeinschaftsgefühl, das sie in jener Nacht verband, auf zahllosen ähnlichen Nächten unter freiem Himmel gründeten. Freundschaft, Essen, Musik, derbe Scherze, ein Lagerfeuer und die Liebe zum Land waren feste Bestandteile ihres Lebens, an jedem Tag, in jedem Jahr, in jeder Generation. Schließlich verzogen sich die müden Camper in ihre Schlafsäcke, mit Staub, Bier, Tomatensoße und Rum bekleckert, aber mit Wärme im Herzen. Emily trat als Letzte die herumliegenden qualmenden Holzscheite ins Feuer. Widerstrebend rutschte sie in ihren Schlafsack und sehnte sich nach Luke.
Als sie in ihrem Zelt lag, konnte sie das Knistern und Knacken des nächtlichen Busches hören. Ihre sonnenverbrannten Schultern strahlten eine angenehme Wärme aus, und sie spürte, wie sie unter ihrem Unterhemd und
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