Australien 04 - Wo wilde Flammen tanzen
einzufordern? Er nickte ihr kurz zu und reichte dann Rod die Hand, der sie ergriff und schüttelte.
»Herzlichen Glückwunsch euch beiden.« Rod schenkte Penny ein höfliches Lächeln und beugte sich dann über den Kinderwagen.
»Die sind ja niedlich! Meg und Tilly können es kaum erwarten, sie zu sehen.«
»Ja«, sagte Penny. Dann senkte sich betretenes Schweigen über die Gruppe.
Emily stand wie vor den Kopf geschlagen da und verfolgte sprachlos die Szene. Dass Clancy, von Penny und den Zwillingen ganz zu schweigen, hier auftauchen könnte, hatte sie nicht erwartet. Warum ließ er sich ausgerechnet hier blicken, schließlich hatte er sich in den vergangenen Monaten nie für die Mädchen interessiert? Und wieso hatte er Penny mitgebracht? Emily schluckte einen bitteren Angstkloß hinunter.
»Vielleicht solltest du uns den beiden vorstellen«, brach Rod schließlich das Schweigen. Emily war froh, dass er wenigstens einen Anschein von Höflichkeit wahrte und trotz der Anspannung, die spürbar an allen zerrte, die Situation aufzulockern versuchte.
Clancys Wangen röteten sich leicht, dann beugte er sich über den Wagen.
»Das hier ist Renee, und das hier ist Dimity.«
»Andersrum«, korrigierte Penny gutmütig.
»Ach ja, stimmt«, berichtigte er sich.
Emily schaute in den Wagen und merkte, wie ihr warm ums Herz wurde. Sie waren absolut süß . Die kleinen Halbschwestern ihrer beiden Mädchen. Eine hatte Pennys Haarfarbe geerbt, die andere die dunkelblauen Augen des Vaters. Emily merkte, dass sie schlucken musste. Es war so surreal und befremdlich, den beiden zu begegnen. Clancys Töchtern. Es tat ihr weh, die Kinder zu sehen, aber gleichzeitig waren sie faszinierende Wesen. Bestimmt würden Clancy diese beiden kleinen Mädchen genügen. Jetzt würde er ihr Meg und Tilly doch nicht mehr wegnehmen wollen, oder? Emily wollte ihn gerade fragen, ob er deswegen hier war, als eine kleine, rundliche Frau mit braunem Haar und Topfschnitt in den Wartebereich gewatschelt kam, die in der Hand eine Akte hielt. Ihre griesgrämige Miene hellte sich zu einem strahlenden Lächeln auf.
»Penny! Meine Güte, das nenne ich eine Überraschung! Und deine Babys! Ich habe schon von ihnen gehört. Wie niedlich!«
»Hi, Marj.« Penny schloss die Frau kurz in die Arme. »Wie schön, dich wiederzusehen.«
»Das finde ich allerdings auch, altes Mädchen. Zu dumm, dass ich nicht mehr Zeit habe …«, sagte die Frau, »… aber ich glaube, diese Leute hier haben einen Termin bei mir.« Sie rümpfte wie ein Karnickel die Nase und betrachtete Emily blinzelnd durch ihre Brille.
»Ich weiß«, sagte Penny. »Es macht uns nichts aus zu warten.«
»Ach ja?«
»Clancy ist der Vater der Mädchen, um die es geht«, sagte Penny und deutete auf die Akte in der Hand der Frau. »Er würde dich gern sprechen. Danach.«
Marjory sah erst Clancy und dann Emily an.
»Ich verstehe. Sie sind also wegen des Sorgerechtes hier?«
»Ja«, antwortete Clancy mit hoch erhobenem Kopf und vorgerecktem Kinn.
»Nein«, sagte Emily.
»Ich verstehe«, sagte Marjory wieder, doch diesmal weniger freundlich. »Dann fangen wir mit Ihnen an.« Sie wandte sich an Rod und Emily und deutete auf die Tür zu ihrem Büro. »Hier entlang, bitte.«
Beim ersten Schritt begann sich alles um Emily zu drehen. Sorgerecht? Sie merkte, wie es ihr die Luft abschnürte. Hätte Rod sie nicht am Ellbogen gestützt und sanft vorwärtsgeschoben, wären ihr bestimmt die Knie eingeknickt.
Emily vermochte nicht zu sagen, wie lange sich das Gespräch hinzog. Sie saß schwitzend in dem klimatisierten Zimmer, der Mund trocken wie eine Schotterstraße, während Marjory Pitts kurz umriss, was Giles Grimsley ihr berichtet hatte.
Die Fragen nach den Mädchen wollten kein Ende nehmen. Welche Schule würden sie besuchen? Hatte die Ältere während des Winters Heimunterricht bekommen? Woher bezog Emily ihr Einkommen? Lebte sie in einer Partnerschaft? Hatte sie ihre Kinder zu irgendeinem Zeitpunkt in Gefahr gebracht? Nahm sie Drogen?
Manchmal, wenn Emily die Worte fehlten, sprang Rod für sie ein. Er klang immer gleich ruhig und gelassen. Manchmal hatte Emily auch das Gefühl, gleich zu explodieren, und hätte sich am liebsten auf die Frau gestürzt, um ihr die Akte zu entreißen, aber hauptsächlich saß sie wie vor Angst versteinert da. Diese Frau hatte die Macht, ihr Leben in Fetzen zu reißen, wenn sie auch nur einen falschen Mucks machte, ein dummes Wort sagte. Schließlich war Marjory mit
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