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Auswahl seiner Schriften

Auswahl seiner Schriften

Titel: Auswahl seiner Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wagner
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Mißstellung der Dichtkunst zu bezwecken gelte.
    Ich weiß nicht, ob bildende Künstler dieß begreifen und zugeben werden; für jetzt möge uns das aber nicht kümmern, denn hoffentlich sind sie bei einer »Goethestiftung« nicht die Tonangeber.
    Gedenken wir nun noch des Musikers, um uns schnell über seine Stellung zur »Goethestiftung« zu einigen. – Dem Musiker bieten sich für die Verwirklichung seiner reicheren Konzeptionen zwei Wege zur Öffentlichkeit dar: der Konzertsaal und – ebenfalls das Theater. Was er für kleinere Kunstkreise schafft, steht der poetischen Litteratur gleich, die ja auch vorgelesen und deklamirt wird, und mit der wir hier nichts zu thun haben wollen. Der Konzertsaal mit seinem Orchester und Sängerchore ist bei uns meist überall so beschaffen, daß er dem absoluten Musiker als ein vollkommen entsprechendes Organ seiner Absichten gelten kann: in diesem Genre sind die Deutschen original geblieben, weder Franzosen noch Italiener bestreiten ihnen das Feld. Alles hierauf verwendete Genie der Nation ist ganz entsprechend gefördert worden; Mittel und Zweck sind hier vollkommen in Harmonie, und wenn unsere Konzertinstitute einer ästhetischen Kritik mancherlei zu bedenken geben, so liegt dieß in der Natur des Genre's selbst, das hier gepflegt wird, nicht aber in einer technischen Mißbeschaffenheit, der im Sinne einer »Goethestiftung« abzuhelfen wäre. Den Musiker können wir daher nur von da ab in Betracht ziehen, wo er sich mit dem Dichter berührt und unserem Theater gegenüber sein Schicksal theilt: für diese Richtung fällt er uns daher ganz in die Kategorie des Dichters, und Alles, was wir für diesen sagten, gilt im Bezug auf das Theater somit auch für den Musiker. –
    Laß mich nach diesen Auseinandersetzungen zu einem Schlüsse kommen.
    Will eine »Goethestiftung« sich keinen anderen Zweck setzen, als abwechselnd für Bildhauerei, Malerei, Litteratur und Musik jährliche Preise zu vertheilen, so fördert sie meines Trachtens nicht im Mindesten die Kunst, sondern sie macht es nur einzelnen Künstlern bequemer ihre Arbeiten abzusetzen, als es ihnen für gewöhnlich möglich ist. Bei dieser Wirksamkeit würde die »Goethestiftung« unvermeidlich nach und nach zu der Geschäftigkeit unserer bestehenden Kunstvereine herabsinken, und die Stiftung könnte mit der Zeit um ihres materiellen Bestehens willen nichts Anderes als eine Kunstlotterie unter der Firma »Goethe« werden.
    Namentlich nach Deiner Absicht soll die Wirksamkeit der »Goethestiftung« aber in einer Förderung der Kunst sich äußern. Über den Sinn der Förderung kann einzig noch gestritten werden, und hierin ist es, wo ich uneinig mit Dir bin, und zwar dießmal – so glaube ich – als Realist mit dem Idealisten. – Eine bloß materielle Erleichterung des Künstlers für den Absatz seines Werkes, und selbst der Zuspruch eines künstlerischen Preises, kann nimmermehr die ideale Wirkung zur Förderung der Kunst haben, die Du wiederum als Absicht doch einzig im Auge hast: die Annahme dieser Wirkung ist selbst schon das zu weit vorgerückte Ideal, dessen Verwirklichung wiederum eine nur gedachte, nicht aber realisirbare sein kann. Wer nicht die Notwendigkeit des Kunstschaffens in sich fühlt, wer nicht aus dieser Nothwendigkeit schaffen muß, und wer erst durch die Möglichkeit eines lohnenden Absatzes oder einer lobenden Aufnahme seines Werkes zum Produziren desselben gereizt werden soll, der wird nie ein wirkliches Kunstwerk zu Stande bringen. Aber eine andere Möglichkeit muß dem Künstler geboten werden, wenn er den Muth, ja die Fähigkeit zum Schaffen gewinnen soll, und dieß ist die Möglichkeit, sein gedachtes und entworfenes Werk zu der, seiner Absicht entsprechenden Erscheinung zu bringen, in welcher diese seine Absicht erst wirklich verstanden, d. h. empfunden werden kann. Steht einem Künstler dieses Material nicht zu Gebote, so wird er allerdings auch seine Absicht aufgeben müssen: das Kunstwerk wird also in seinem Keime erstickt, oder noch richtiger, die Absicht dazu kann gar nicht erst gefaßt werden. – Diese Möglichkeit zu bieten hast Du nun im Sinne: darin, wodurch sie geboten werden soll, sind wir aber nicht einverstanden, denn Du setzest bereits vorhandene Mittel der Verwirklichung für das dichterische Kunstwerk voraus, deren Dasein oder genügende Tauglichkeit ich bestreiten muß. – Laß mich daher zu der Darstellung Dessen, was nach meiner Ansicht ein Goetheverein in dieser

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