Auswahl seiner Schriften
darnach ein französisches Textbuch machen zu lassen. So weit war Alles eingeleitet, als Meyerbeer abermals von Paris fortging und die Erfüllung meiner Wünsche dem Schicksal überlassen mußte. Bald war ich erstaunt, von Pillet zu erfahren, der von mir überreichte Entwurf gefalle ihm so sehr, daß er wünschte, ich träte ihm denselben ab. Er sei nämlich genöthigt, einem ältern Versprechen gemäß einem andern Komponisten baldigst ein Opernbuch zu übergeben: der von mir verfaßte Entwurf scheine ihm ganz zu solchem Zwecke geeignet, und ich würde wahrscheinlich kein Bedenken tragen, in die erbetene Abtretung einzuwilligen, wenn ich überlegte, daß ich vor dem Verlauf von vier Jahren mir unmöglich Hoffnung machen könnte, den unmittelbaren Auftrag zur Komposition einer Oper zu erhalten, da er erst noch Zusagen an mehrere Kandidaten der großen Oper zu erfüllen habe; bis dahin dürfte es mir natürlich doch auch zu lang werden, mich mit diesem Süjet herumzutragen; ich würde ein neues auffinden, und mich gewiß über das gebrachte Opfer trösten. Ich bekämpfte hartnäckig diese Zumuthung, ohne jedoch etwas Anderes, als die vorläufige Vertagung der Frage ausrichten zu können. Ich rechnete auf eine baldige Wiederkunft Meyerbeer's und schwieg.– – Während dieser Zeit wurde ich von Schlesinger veranlaßt, in dessen Gazette musicale zu schreiben: ich lieferte mehrere ausführliche Artikel »über deutsche Musik« u.s.w. Vor Allem fand lebhaften Beifall eine kleine Novelle, betitelt: »Eine Pilgerfahrt zu Beethoven«. Diese Arbeiten haben mir nicht wenig geholfen, in Paris bekannt und beachtet zu werden. Im November dieses Jahres hatte ich die Partitur meines »Rienzi« vollständig beendigt, und sandte sie unverzüglich nach Dresden. Diese Zeit war der Kulminationspunkt meiner äußerst traurigen Lage: ich schrieb für die Gazette musicale eine kleine Novelle: »Das Ende eines deutschen Musikers in Paris«,
Anmerkung des Herausgebers: 5) Ebenfalls aus der Reihe »Novellen und Aufsätze« (G. S. u. D. I, S. 114ff.).
worin ich den unglücklichen Helden derselben mit folgendem Glaubensbekenntniß sterben ließ: »Ich glaube an Gott, Mozart und Beethoven.« Gut war es, daß nun meine Oper beendet war, denn jetzt sah ich mich genöthigt, auf längere Zeit der Ausübung aller Kunst zu entsagen: ich mußte für Schlesinger Arrangements für alle Instrumente der Welt, selbst für Cornet à pistons übernehmen, denn unter dieser Bedingung war mir eine kleine Erleichterung meiner Lage gestattet. Den Winter zu 1841 durchbrachte ich somit auf das Unrühmlichste. Im Frühjahr zog ich auf das Land nach Meudon; bei dem warmen Herannahen des Sommers sehnte ich mich wieder nach einer geistigen Arbeit; die Veranlassung dazu sollte mir schneller kommen, als ich dachte. Ich erfuhr nämlich, daß mein Entwurf des Textes zum »fliegenden Holländer« bereits einem Dichter, Paul Fouché, übergeben war, und ich sah, daß, erklärte ich mich endlich zur Abtretung desselben nicht bereit, ich unter irgend einem Vorwande gänzlich darum kommen würde. Ich willigte also endlich für eine gewisse Summe in die Abtretung meines Entwurfes ein. Ich hatte nun nichts Eiligeres zu thun, als mein Süjet selbst in deutschen Versen auszuführen. Um sie zu komponiren, hatte ich ein Klavier nöthig, denn nach dreivierteljähriger Unterbrechung alles musikalischen Produzirens mußte ich mich erst wieder in eine musikalische Atmosphäre zu versetzen suchen; ich miethete ein Piano. Nachdem es angekommen, lief ich in wahrer Seelenangst umher; ich fürchtete nun entdecken zu müssen, daß ich gar nicht mehr Musiker sei. Mit dem Matrosenchor und dem Spinnerlied begann ich zuerst; Alles ging mir im Fluge von Statten, und laut auf jauchzte ich vor Freude bei der innig gefühlten Wahrnehmung, daß ich noch Musiker sei. In sieben Wochen war die ganze Oper komponirt. Am Ende dieser Zeit überhäuften mich aber wieder die niedrigsten äußeren Sorgen: zwei volle Monate dauerte es, ehe ich dazu kommen konnte, die Ouvertüre zu der vollendeten Oper zu schreiben, trotzdem ich sie fast fertig im Kopfe herumtrug. Natürlich lag mir nun nichts so sehr am Herzen, als die Oper schnell in Deutschland zur Aufführung zu bringen: von München und Leipzig erhielt ich abschlägige Antwort: die Oper eigne sich nicht für Deutschland, hieß es. Ich Thor hatte geglaubt, sie eigne sich nur für Deutschland, da sie Saiten berührt, die nur bei dem Deutschen zu erklingen im
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