Auswahl seiner Schriften
ich wirklich bin, und in meinen künstlerischen Mitteilungen genau eben nur Das als wesentlich erkenne, was meiner Absicht und meinem Darstellungsvermögen gemäß in ihnen von mir kundgegeben wurde.] zu werden hoffen kann, welche Neigung und Bedürfniß fühlen mich zu verstehen, und dieß können eben nur meine Freunde sein.
Für solche kann ich aber nicht Die halten, welche vorgeben mich als Künstler zu lieben, als Mensch [Fußnote: Sie verstehen übrigens unter »Mensch« genau genommen nur »Unterthan« , in meinem besonderen Falle vielleicht aber auch Den, der seine eigenen Ansichten hat, und diesen rücksichtslos nachgeht.] jedoch mir ihre Sympathie versagen zu müssen glauben. Ist die Absonderung des Künstlers vom Menschen eine ebenso gedankenlose, wie die Scheidung der Seele vom Leibe, und steht es fest, daß nie ein Künstler geliebt, nie seine Kunst begriffen werden konnte, ohne daß er – mindestens unbewußt und unwillkürlich – auch als Mensch geliebt, und mit seiner Kunst auch sein Leben verstanden wurde, so kann weniger als je gerade gegenwärtig, und bei der heillosen Mißbeschaffenheit unserer öffentlichen Kunstzustände ein Künstler meines Strebens geliebt und seine Kunst somit verstanden werden, wenn dieses Verständniß und jene ermöglichende Liebe nicht vor Allem auch in der Sympathie, d. h. dem Mitleiden und Mitfühlen mit seinem allermenschlichsten Leben begründet ist.
Am allerwenigsten können jedoch Die mir als Freunde gelten, die, von den Eindrücken einer unvollkommenen Kenntniß meiner künstlerischen Leistungen bestimmt, das Schwankende und Unsichere dieses ihres Verständnisses aus den künstlerischen Gegenstand selbst übertragen und einem eigenthümlichen Charakter desselben Das beimessen, was seinen Grund nur in ihrer eigenen Verwirrung findet. Die Stellung, in der diese dem Künstler gegenüber treten und mit mühevollstem Aufwande von Klugheit sich zu behaupten suchen, nennen sie die einer unparteiischen Kritik, und unter allen Umständen geben sie vor, die eigentlichen »wahren Freunde« des Künstlers zu sein, dessen wirkliche Feinde Die wären, die sich ihm mit voller Sympathie zur Seite stellen. – Unsere Sprache ist so reich an Bezeichnungen, daß wir, bei verlorengegangenem Gefühlsverständnisse derselben, nach Willkür sie verwenden zu können und zwischen ihnen Unterscheidungen feststellen zu dürfen glauben. So verwendet und unterscheidet man auch »Liebe« und »Freundschaft«. Mir ist es bei erwachsenem Bewußtsein nicht mehr möglich geblieben, eine Freundschaft ohne Liebe zu denken, geschweige denn zu empfinden; noch schwieriger fällt es mir einzusehen, wie moderne Kunstkritik und Freundschaft für den kritisirten Künstler gleichbedeutend sein könnten.
Der Künstler wendet sich an das Gefühl, und nicht an den Verstand: wird ihm mit dem Verstande geantwortet, so wird hiermit gesagt, daß er eben nicht verstanden worden ist, und unsere Kritik ist in Wahrheit nichts Anderes als das Geständniß des Unverständnisses des Kunstwerkes, das nur mit dem Gefühle verstanden werden kann – allerdings mit dem gebildeten und dabei nicht verbildetem Gefühle. Wen es nun treibt, Zeugniß von seinem Unverständnisse des Kunstwerkes abzulegen, der sollte vernünftiger Weise nur Eines zu erforschen sich vornehmen, nämlich die Gründe, warum er ohne Verständniß blieb. Hierbei würde er allerdings zuletzt auch bei der Eigenschaft des Kunstwerkes selbst ankommen, jedoch erst wenn er Aufklärung über das Nächste gewonnen hätte, nämlich über die Beschaffenheit der sinnlichen Erscheinung, in welcher sich das Kunstwerk an sein Gefühl wandte. Vermochte diese Erscheinung nicht sein Gefühl zu erregen oder zu befriedigen, so müßte er vor allem sich die Einsicht in eine offenbare Unvollkommenheit des Kunstwerkes zu verschaffen suchen, und zwar in die Gründe einer gestörten Harmonie zwischen der Absicht des Künstlers und der Beschaffenheit der Mittel, durch die er diese Absicht eben dem Gefühle mittheilen wollte. Nur Zweies könnte dann seiner Erforschung sich darbieten, nämlich: ob die Mittel der Darstellung an die Sinne der künstlerischen Absicht entsprechend waren, oder ob diese Absicht selbst in Wahrheit eine künstlerische war? Wir sprechen hier nicht von dem Werke der bildenden Kunst, in welchem die Darstellung als technische Arbeit die wesenhafte Schöpfung des Künstlers selbst ist; sondern vom Drama, dessen sinnliche Erscheinung von der Technik des
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