Auswahl seiner Schriften
ärgerte sich, seiner Zeit, der Kölnische Professor Bischoff; er hielt sie für eine ungebührliche Zumuthung an sich und seine Freunde.] jetzt, in unserer erziehungssüchtigen Welt, führt nur noch der Zufall uns diese Gabe zu, – der Zufall, nicht erzogen zu werden . Vor der Abwehr eines Vaters, der an meiner Wiege starb, sicher, schlüpfte vielleicht die so oft verjagte Norn an meine Wiege und verlieh mir ihre Gabe, die mich Zuchtlosen nie verließ, und, in voller Anarchie, das Leben, die Kunst, und mich selbst zu meinem einzigen Erzieher machte.
Ich übergehe die unendlich mannigfaltige Verschiedenheit der Eindrücke, die von Jugend auf mit großer Lebhaftigkeit auf mich wirkten: sie wechselten in ihrer Wirkung ganz in dem Grade, als sie sich mir darboten. Ob ich unter ihrem Einflusse Jemand als »Wunderkind« erschienen bin, muß ich sehr bezweifeln: mechanische Kunstfertigkeiten wurden nie an mir ausgebildet, auch spürte ich nie den mindesten Trieb dazu. Neigung zum Komödiespielen empfand ich und befriedigte sie auch bei mir auf der Stube; jedenfalls war dieß durch die nähere Berührung meiner Familie mit dem Theater angeregt: auffallend war dabei nur mein Widerwille, selbst zum Theater zu gehen; kindische Eindrücke, die ich vom klassischen Alterthume und dem Ernste der Antike, so weit sie auf dem Gymnasium mir bekannt wurden, empfing, mögen mir eine gewisse Verachtung, ja einen Abscheu vor dem geschminkten Komödiantenwesen beigebracht haben. Am bestimmtesten warf sich mein Nachahmungseifer auf das Dichten und Musikmachen, – vielleicht weil mein Stiefvater, Portraitmaler, zeitig starb, und so das Malerbeispiel aus meiner nächsten Nähe schwand; sonst hätte ich wahrscheinlich auch zu malen begonnen, wiewohl ich mich entsinnen muß, daß die Erlernung der Technik des Zeichnens mich sehr schnell anwiderte. Ich schrieb Schauspiele, und das Bekanntwerden mit Beethoven's Symphonien, das bei mir erst im fünfzehnten Lebensjahre erfolgte, bestimmte mich endlich auch leidenschaftlich zur Musik, die allerdings von jeher schon mächtig auf mich gewirkt hatte, namentlich durch Weber's »Freischützen«. Nie ließ mich bei meinem Studium der Musik der dichterische Nachahmungstrieb ganz los; er ordnete sich jedoch dem musikalischen unter, für dessen Befriedigung ich ihn nur herbeizog. So entsinne ich mich, angeregt durch die Pastoral-Symphonie, mich an ein Schäferspiel gemacht zu haben, das in seiner dramatischen Beziehung wieder durch Goethe's »Laune des Verliebten« angeregt war. Hier machte ich gar keinen dichterischen Entwurf, schrieb Musik und Verse zugleich, und ließ so die Situationen ganz aus dem Musik- und Versemachen entstehen.
Nach vielen Abschweifungen bald nach dieser, bald nach jener Seite hin, traf mich der Eindruck der Julirevolution im angetretenen achtzehnten Lebensjahre. Er war heftig und vielfach anregend; namentlich war, nach großer Begeisterung für das kämpfende, schließlich meine Trauer um das gefallene Polen sehr lebhaft. Noch aber waren diese Eindrücke auf meine künstlerische Entwickelung nicht von erkennbarer Gestaltungskraft; sie waren in Bezug hierauf nur allgemeinhin anregend: so stark war mein Empfängnisvermögen noch von rein künstlerischen Eindrücken bestimmt und zum Nachahmungstriebe angeregt, daß ich gerade um diese Zeit mich am ausschließlichsten mit Musik beschäftigte, Sonaten, Ouvertüren und eine Symphonie schrieb, und sogar einen mir angebotenen Text zu einer Oper »Kosziusko« von mir wies. Dennoch richtete sich mein Reproduktionseifer auf das Drama, d. h. aber eben nur die Oper. Nach einem Gozzi'schen Märchen dichtete ich mir einen Operntext » die Feen «; die damals herrschende »romantische« Oper Weber's und auch des gerade an meinem Aufenthaltsorte, Leipzig, zu jener Zeit neu auftretenden Marschner, bestimmte mich zur Nachahmung. Was ich mir verfertigte, war durchaus nichts Anderes, als was ich eben wollte, ein Operntext: nach den Eindrücken Beethoven's, Weber's und Marschner's auf mich setzte ich ihn in Musik. Dennoch reizte mich an dem Gozzi'schen Märchen nicht bloß die aufgefundene Fähigkeit zu einem Operntexte, sondern der Stoff selbst sprach mich lebhaft an. Eine Fee, die für den Besitz eines geliebten Mannes der Unsterblichkeit entsagt, kann die Sterblichkeit nur durch die Erfüllung harter Bedingungen gewinnen, deren Nichtlösung von Seiten ihres irdischen Geliebten sie mit dem härtesten Loose bedroht; der Geliebte unterliegt der
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