Auswahl seiner Schriften
Thätigkeit spannte. – Ein Roman von H. König »die hohe Braut« war mir in die Hände gekommen; Alles, was ich las, hatte nur nach seiner Fähigkeit als Opernstoff verwendet werden zu können, Interesse für mich: in meiner damaligen Stimmung sprach mich jene Lektüre um so mehr an, als schnell das Bild einer großen fünfaktigen Oper für Paris aus ihr mir in die Augen sprang. Einen vollständigen Entwurf davon schickte ich direkt an Scribe nach Paris, mit der Bitte, ihn für die dortige große Oper zu bearbeiten, und mir zur Komposition zuweisen zu lassen. Natürlich führte dieß zu Nichts.
Mein häusliches Trübsal vermehrte sich; der Drang, einer unwürdigen Lage mich zu entwinden, steigerte sich zu dem heftigen Begehren, überhaupt etwas Großes und Erhebendes zu beginnen, selbst mit vorläufiger Außerachtlassung eines nächsten praktischen Zweckes. Diese Stimmung ward in mir lebhaft genährt und befestigt durch die Lektüre von Bulwers »Rienzi«. Aus dem Jammer des modernen Privatlebens, dem ich nirgends auch nur den geringsten Stoff für künstlerische Behandlung abgewinnen durfte, riß mich die Vorstellung eines großen historisch-politischen Ereignisses, in dessen Genuß ich eine erhebende Zerstreuung aus Sorgen und Zuständen finden mußte, die mir eben nicht anders, als nur absolut kunstfeindlich erschienen. Nach meiner künstlerischen Stimmung stand ich hierbei jedoch immer noch auf dem mehr oder weniger rein musikalischen, besser noch: opernhaften Standpunkte; dieser Rienzi, mit seinem großen Gedanken im Kopfe und im Herzen, unter einer Umgebung der Rohheit und Gemeinheit, machte mir zwar alle Nerven vor sympathetischer Liebesregung erzittern; dennoch entsprang mein Plan zu einem Kunstwerke erst aus dem Innewerden eines rein lyrischen Elementes in der Atmosphäre des Helden. Die »Friedensboten«, der kirchliche Auferstehungsruf, die Schlachthymnen, – das war es, was mich zu einer Oper : Rienzi, bestimmte.
Bevor ich jedoch zur Ausführung meines Planes schritt, trug sich Manches in meinem Leben zu, was mich, von dem gefaßten Gedanken ab, nach Außen zerstreute. Ich ging damals, als Musikdirektor einer dort neu gebildeten Theatergesellschaft, nach Riga. Der etwas geordnetere Zustand, und das wirkliche Ausgehen der Direktion auf mindestens gute Vorstellungen, gaben mir nochmals die Absicht ein, für die eben mir zu Gebote stehenden Kräfte etwas zu schreiben. So begann ich bereits die Komposition eines komischen Operntextes, den ich nach einer drolligen Erzählung aus »tausend und einer Nacht«, jedoch mit gänzlicher Modernisirung des Stoffes angefertigt hatte. – Auch hier verleideten sich mir jedoch schnell meine Beziehungen zum Theater: Das, was wir unter »Komödiantenwirthschaft« verstehen, that sich vor mir bald in vollster Breite auf, und meine, in der Absicht sie für diese Wirthschaft herzurichten, angefangene Komposition, ekelte mich plötzlich so heftig an, daß ich Alles bei Seite warf, dem Theater gegenüber mich immer mehr nur auf die bloße Ausübung meiner Dirigentenpflicht beschränkte, vom Umgange mit dem Theaterpersonale immer vollständiger absah, und nach Innen in die Gegend meines Wesens mich zurückzog, wo der sehnsüchtige Drang, den gewohnten Verhältnissen mich zu entreißen, seine stachelnde Nahrung fand. – In dieser Zeit lernte ich bereits den Stoff des »fliegenden Holländers« kennen; Heine erzählt ihn gelegentlich einmal, als er einer Aufführung gedenkt, der er von einem aus diesem Stoffe gemachten Theaterstücke in Amsterdam – wie ich glaube – beiwohnte. Dieser Gegenstand reizte mich und prägte sich mir unauslöschlich ein: noch aber gewann er nicht die Kraft zu seiner nothwendigen Wiedergeburt in mir.
Etwas recht Großes zu machen, eine Oper zu schreiben, zu deren Aufführung nur die bedeutendsten Mittel geeignet sein sollten, die ich daher nie versucht sein könnte in den Verhältnissen, die mich drückend und beengend umgaben, vor das Publikum zu bringen, und die mich somit, um ihrer einstigen Aufführung willen, bestimmen sollte Alles aufzubieten, um aus jenen Verhältnissen herauszukommen, – das entschied mich nun, den Plan zum » Rienzi « mit vollem Eifer wieder aufzunehmen und auszuführen. Auch hier fiel mir bei der Textverfertigung im Wesentlichen noch nichts Anderes ein, als ein wirkungsvolles Opernbuch zu schreiben. Die »große Oper«, mit all' ihrer szenischen und musikalischen Pracht, ihrer effektreichen, musikalisch-massenhaften
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