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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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passiert.“
    „Klar, wenn Timo oder Julia sich melden, Rundruf an alle, okay?“
    Die anderen nickten. Lars stand noch immer am Fenster. Er rechnete damit, dass Saskia sich den dreien anschloss. Doch sie blieb.
    Etwas unentschlossen fragte Lars: „Wollen wir in mein Zimmer gehen? Ich habe noch ’ne Tüte Chips, wenn du magst.“
    Augenscheinlich wollte sie, denn sie ging voran. Lars merkte erst, dass er auf ihren Hintern starrte, als sie sich zu ihm umdrehte. „Du siehst kaputt aus. Hast du schlecht geschlafen?“
    „Nee, geht schon. Ich mache mir nur Sorgen.“
    „Das verstehe ich. Meine Mutter sagt, Rituale spenden Trost. Daran kann man sich entlanghangeln, wenn es schwierig wird.“
    Lars schaute unverwandt auf ihren Mund.
    Ihre Lippen bewegten sich, was sie sagte, hatte keine Bedeutung. Nur ihre Lippen hatten Bedeutung. So rot. So dicht vor ihm. Er legte beide Hände auf ihre Schultern, zog sie zu sich heran, so dass sich ihre Lippen fast berührten. Ihre Lippen waren halb geöffnet, ein Tröpfchen Spucke lag auf der Unterlippe.
    Sie schloss die Augen.
    Was tat er hier? Wollte er Saskia küssen?
    Wollte er?
    Saskia?
    Küssen?
    Bevor er sich entscheiden konnte, klapperte unten die Haustür. Eine männliche Stimme rief: „Huhu, ist jemand zu Hause?“
    „Mein Vater!“
    Saskia riss die Augen auf und trat zwei Schritte zurück. „Dann gehe ich wohl besser mal.“
    Lars nickte. „Ich bring dich runter.“
    Er hatte Saskia verabschiedet, einen Kaffee gekocht und saß nun mit seinem Vater im Wohnzimmer. Der hatte gesagt: „Jetzt weiß ich wenigstens, warum du in den letzten Wochen keine Zeit für mich hattest. Hübsches Mädel.“
    „Das ist es nicht.“
    „Ich weiß.“ Er zeigte auf den Hausschlüssel, den er vor sich auf den Tisch gelegt hatte. „Den hat deine Mutter mir für Notfälle gelassen. Dies ist wohl ein Notfall, oder?“
    Lars nickte. Als sein Vater seine Arme ausstreckte, warf Lars sich hinein, kuschelte sich an ihn und begann zu weinen. Er schluchzte so heftig, dass er einen Schluckauf bekam.

27
    Sebastian stand hinter der Tür zu seiner Wohnung und atmete tief durch. Zu Hause. In Sicherheit. Hier konnte ihm keiner was. Er streifte die Schuhe ab und ging in die Küche. Wenn er wollte, könnte er sich was kochen. Es war alles da. Töpfe, Besteck, Geschirr. Er hatte sogar eine Kaffeemaschine, obwohl er keinen Kaffee mochte. Eigentlich trank er überhaupt nichts Warmes und auch keinen Alkohol. Höchstens mal ein Bier, schön kalt. Er mochte den Geruch nicht, musste sich jedes Mal überwinden.
    Am liebsten mochte er Eistee.
    Sebastian setzte sich an seinen Tisch, das Küchenfenster hinter sich und trank einen großen Schluck Pfirsich-Eistee direkt aus der Packung.
    Heute Abend war es wieder so weit.
    Um 21 Uhr würde sie kommen. Er musste noch alles vorbereiten.
    Sorgfältig spülte er ein Sektglas aus, rieb es trocken, bis es glänzte, und stellte es auf den Nachtschrank. Er setzte sich auf das Bett und dachte an seine Mutter. Sie hatte sein Bild auf dem Nachttisch stehen, mit Schultüte und großer Zahnlücke lächelte er dümmlich unter einer roten Mütze hervor. Was für ein blödes Bild. Aber seiner Mutter gefiel es. Er hatte ihr mal ein neues geschenkt, zum Austauschen. Das hatte sie dahinter an die Wand gepiekt. Verstehe einer die Frauen.
    Er sprang auf, schaute ins Wohnzimmer. Alles ordentlich. Wie sollte es auch anders sein? Er wohnte allein hier.
    Musste er staubwischen? Alles picobello.
    Er schnüffelte. Ein wenig lüften konnte nicht schaden.
    Nachdem er den Teppich gerade gezogen und den Knick in den Sofakissen etwas tiefer gedrückt hatte, suchte er nach der Leonard-Cohen-CD. Ihm gefiel sie nicht, aber sie brachte sie in Stimmung. Also war es okay für ihn. Die CD lag unter dem Regal. Ohne Hülle. Hoffentlich war sie nicht zerkratzt.
    Er nahm „Warriors oft the World“ von Manowar aus dem Player und legte dafür Cohens „Songs of love and hate“ ein. Er spielte „Avalanche“ und „Last year’s man“ an. Das reichte. Weiter kamen sie sowieso nie.
    Anschließend ging er ins Badezimmer. Dort zog er sich aus, drehte die Dusche auf. Genüsslich seifte er sich von oben bis unten mit Rasierschaum ein. Inzwischen hatte er Übung darin, alle Haare zu erwischen. Wenn er eines übersah, und sie entdeckte es, zog sie es mit einer Pinzette heraus. An gewissen Körperstellen tat das höllisch weh. So duschte er sorgfältig allen Schaum und die abrasierten Härchen ab, um wirklich

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