Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Ahnung davon hatte. Diese Hoffnung sollte sich allerdings nie erfüllen. Der einzige Überlebende blieb tatsächlich Rudi Wollner.
6. Kein Zufall
Nachdem Bernd Take seinen Chef angerufen und ihm die Situation erklärt hatte, dauerte es keine halbe Stunde und Hugo Kaindl war im Verlag. Kaindl ließ sich die ganzen Zwischenfälle nochmals erläutern, ging selbst alle Maschinen ab, um sicherzustellen, dass Take nicht doch ein Fehler unterlaufen war, um dann frustriert festzustellen, dass hier offensichtlich ein technisches Problem vorlag, welches auch mit noch so guten Kenntnissen allgemeinen lngenieurwissens nicht zu beseitigen war. Dennoch rief er erneut einen Service-Notdienst an, der immer als Ersatz einsprang, wenn der beim Verlag unter Vertrag stehende Techniker krank war oder Urlaub hatte. Doch auch dieser Service-Ingenieur stand vor einem Rätsel und fand weder eine Erklärung noch eine Lösung. So blieb es letzten Endes dabei: Die heutige Ausgabe der Zeitung konnte definitiv nicht erscheinen. Kaindl nahm das weit weniger schwer als Take.
“Wenn wir durch einen Streik lahm gelegt sind, erscheint schließlich auch keine Zeitung, und die Welt sowie der Verlag brechen deshalb nicht gleich zusammen. Unsere Leser werden das schon einen Tag überleben, und wir - wir müssen zusehen, dass wir den Fehler beheben, damit wir morgen wieder wie gewohnt auf dem Markt sind.“
Den Fehler beheben, dachte sich Take. Welchen Fehler denn? Wenn sie nur eine leise Ahnung gehabt hätten, was für ein Fehler vorlag und wo er zu suchen war! Aber so stocherten sie doch völlig im Dunkeln herum. Was also sollte da behoben werden? Und er bezweifelte beim momentanen Kenntnisstand ganz stark, dass morgen tatsächlich, wie gewohnt, alles seinen normalen Gang gehen würde. Kaindl schickte Take und seine Mannschaft nach Hause. Es gab ohnehin nichts zu tun.
“Sie haben heute Nacht wirklich genug geleistet. Alle miteinander. Take, Ihnen gebe ich morgen einen Tag Sonderurlaub. Schlafen sie mal richtig aus und erholen sie sich. Leute wie sie brauchen wir noch eine zeitlang. Und das mit der Polizei und der Berufsgenossenschaft werden wir schon irgendwie klären. Machen sie sich darüber keine Gedanken.“
Take bedankte sich für den Tag Sonderurlaub. Er hatte ihn tatsächlich nötig. Ein Tag würde zwar nicht viel bringen, aber immerhin besser als gar keiner.
Die Morgenschicht war bereits seit langem anwesend. Sie war genauso wie seine Schicht zur Untätigkeit verdammt, weil eben einfach nichts mehr funktionierte. Wahrscheinlich würde man auch sie alle später nach Hause schicken, was sicherlich keinen traurig stimmte.
Als Take das Verlaghaus verlies, war es kurz nach acht Uhr morgens. Draußen herrschte regsame Betriebsamkeit, so als sei es ein ganz normaler Arbeitstag. Aber es war kein normaler Arbeitstag, und wie Take bis zum Abend bestätigt kam, sollte es für niemand ein normaler Arbeitstag werden. Er ging zur nächsten U-Bahnstation am Hauptbahnhof, die nur fünf Minuten vom Verlag entfernt lag. Mit dem Auto in den Verlag zu fahren, machte für ihn keinen Sinn. Schließlich wohnte er am Stadtrand Münchens und konnte mit der U-Bahn bequem und ohne Stau seine Arbeitsstätte erreichen.
Es waren um diese Uhrzeit gewöhnlich nicht sehr viele Menschen, die in seine Richtung fuhren. Die meisten drängten in die Stadt hinein und nicht aus der Stadt heraus. Auch heute war das so. Er schätzte die Anzahl derer, die mit ihm die gleiche U-Bahn bestiegen, auf höchstens dreißig. Bernd Take nahm auf einem der Sitze Platz und ließ die vergangene Nacht noch einmal an sich vorüberziehen. Eine schlimme Nacht, die er nicht wieder so schnell vergessen würde. Er lehnte sich zurück und sah gedankenverloren nach draußen. Immer wenn sie in eine Haltestelle einfuhren, rauschten die Werbetafeln, die an den Wänden befestigt waren und auf den Bahnsteigen standen, am Fenster vorbei. Er studierte die einzelnen Plakate und wunderte sich, dass diese völlig weltfremden Darstellungen so erfolgreich sein konnten. Diese kuschel-weichen-heile Welt-Idyllen hatten durch ihre Penetration die Betrachter mittlerweile so verblödet, dass sie inzwischen wirklich glaubten, alles, was ihnen dort versprochen wurde, nur dann erreichen zu können, sobald sie das entsprechende Produkt kauften. Insofern waren die Werbemanager tatsächlich erfolgreich gewesen, wenn auch der Erfolg in der Penetration lag und nicht in einer tollen
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