Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
der Wissenschaft alles wieder seinen normalen Gang nehmen würde. Ein Versprechen, an das sie wahrscheinlich selbst nicht glaubten. Was hilft das jetzt noch, dachte er. Selbst, wenn morgen das Leben wieder wie gewohnt läuft, dieser eine Tag hat gereicht, um alles zu zerstören. Resigniert schaltete er beide Geräte ab. Er ging zum Schrank und holte sich die Flasche Cognac, die ihn unwillkürlich an Rita erinnerte, war doch eine ihrer letzten Handlungen mit dieser Cognacflasche verbunden. Bernd trank ein Glas nach dem anderen, worauf er zum Schluss in angetrunkenem Zustand auf der Couch einschlief.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, konnte er sich nicht erinnern, ob er alles nur geträumt hatte oder die Geschehnisse, die in seinen Gedan- ken haften geblieben waren, tatsächlich die grausame Wirklichkeit waren. Er stellte das Radio ein und als er die ersten Meldungen hörte, war ihm klar: Alles war leider knallharte und nicht zu verändernde Realität. Sein Kopf dröhnte. Bernd war sich nicht im Klaren darüber, ob dies die Folgen der Strapazen des vergangenen Tages oder die Folgen des übermäßigen Alkoholgenusses waren.
Er nahm eine Dusche, rasierte sich und brühte einen Pulverkaffee auf, den Rita immer für Notfälle zu Hause hatte. Danach fühlte er sich etwas wohler und war in der Lage, relativ konzentriert den Nachrichten zu folgen. Die Stromausfälle hatten entgegen den Versicherungen der Politiker und Wissenschaftler nicht aufgehört. Ganz im Gegenteil waren immer mehr Geräte, die von der Elektrizität abhängig waren, davon be- troffen, wodurch sich das allgemeine Chaos in der Nacht noch erheblich verstärkt hatte. So weit man es beurteilen konnte, waren alle Regionen der Erde in Mitleidenschaft gezogen, und sämtliche Wissenschaftler gaben nach wie vor dem Kometen die Schuld. Und da Bernd keine bessere Erklärung wusste, ließ er die mit dem Kometen gelten und hoffte nur, dass sich die Wissenschaftler mit dem Ende der Störungen lediglich in der Zeit verschätzt hatten. Eines war nach den Meldungen jedoch sicher: Er würde auch heute keine Möglichkeit haben, zu dem Friedhof zu gelangen, wo man Rita aller Wahrscheinlichkeit nach hintransportiert hatte. Denn die Menschen sollten möglichst in ihren Häusern bleiben und weitere Meldungen abwarten. So saß er noch eine ganze Weile vor seinem inzwischen erkalteten Pulverkaffee und sann darüber nach, welchen Schritt er als nächsten unternehmen sollte. Unter gewöhnlichen Umständen hätte er die Behörden über den Tod seiner Frau informieren und das Begräbnis organisieren müssen. Doch momentan gab es keine gewöhnlichen Umstände. Über das Radio war er in Kenntnis gesetzt worden, dass die Behörden darum baten, diese Ordnungspflicht im Augenblick außer Acht zu lassen und zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, da sie durch die große Anzahl an Toten hoffnungslos überlastet waren. Ähnlich erging es den Bestattungsunternehmen, die mit dem zusätzlichen Problem zu kämpfen hatten, auf keine gangbaren Transportmittel zurückgreifen zu können. Zum anderen war es ihnen nicht möglich, Gräber auszuheben, da die kleinen Bagger alle außer Betrieb waren.
Bernd sah auf die Uhr. Es war mittlerweile schon fast 10 Uhr. Er konnte weder den Friedhof erreichen, noch wollten die Behörden, dass er seiner Pflicht nachkäme. Vermutlich hätte es auch gar keinen Sinn gehabt, auf den Friedhof zu gehen, selbst, wenn es möglich gewesen wäre. Was hätte er dort machen können? Dem Tod seiner Frau ins Antlitz schauen, mehr nicht. Er erinnerte sich plötzlich an Annette Moda und sein gestriges Versprechen, sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Er war zwar wirklich nicht in der Stimmung dazu, aber er hatte die seltene Angewohnheit, Versprechen unter allen Umständen zu halten. Vielleicht tat ihm diese Abwechslung auch ganz gut. Er zog sich an und ging hinunter auf die Straße.
Überall wimmelte es von Soldaten. Nachdem inzwischen selbst die letzten noch gängigen Fahrzeuge ausgefallen waren, war man dazu verdammt, sämtliche Arbeiten von Hand zu erledigen. Er sah, wie die Verletzten der vergangenen Nacht auf Bahren und Handkarren abtransportiert wurden und dachte bei sich, dass dies an die Erzählungen und Berichte aus Mittelalter erinnerten. Geschichtsbücher berichten von den damaligen Cholera- und Pesttoten, die ihren letzten Weg meist auch auf Holzkarren antraten.
Die Münchener Brauereien hatten ihre Brauereipferde mit samt den
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