Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
durchgearbeitet. Ihm war die Zeit regel- recht entglitten, und es war ihm gar nicht aufgefallen, dass es mittlerweile Tag und wieder Nacht geworden war. Wie auch, in den Räumen gab es schließlich kein Tageslicht, welches ihn an irgendeine zeit erinnert hätte. Aber auch mit Tageslicht wäre es ihm vermutlich nicht aufgefallen, dazu war er viel zu sehr in seine Arbeit vertieft. Er überlegte, ob er seine Erkenntnisse weitergeben und veröffentlichen sollte. Nur wie? Kommunikation über elektrische Medien war ja kaum mehr möglich. Außerdem, so war er sich sicher, würde er damit niemandem einen Dienst erweisen. Um von verseuchten elektromagnetischen Feldern abgeschirmt zu sein und um mit Strom versorgt werden zu können, wären die Menschen gezwungen, überall in riesigen faradayischen zu Käfigen leben. Alle elektrisch betriebenen Geräte und alle Produktionsmaschinen müssten weltweit vernichtet und dann neu gebaut werden. Um sie zu bauen, wäre aber elektrische Energie unabdingbar. Also wäre es erforderlich, sämtliche Kabel und Leitungen still zulegen und neue einzurichten. Gleichzeitig wäre es notwendig, ausnahmslos jedes Kraftwerk auf der Erde zu zerstören und wieder neu zu errichten. Damit dies alles bewerkstelligt werden konnte, wurden Maschinen benötigt, von denen nicht eine einzige mehr funktionierte und die auch nicht verwendet werden durften, da sie ja bereits verseucht waren. Und um welche zu bauen, fehlte die elektrische Energie. Wie man es auch drehte und wendete, es war ein Problem ohne Ende und ohne Lösung. Franz Kerler war überzeugt davon, dass man ihn, hätte er dies öffentlich kundgetan, tatsächlich als “Irren von München“ endgültig in eine dementsprechende Anstalt gesteckt hätte. Zudem war er sich wohl bewusst darüber, dass dies weltweit eine noch nie dagewesene Umwälzung bedeutet hätte, von der die Menschheit ohnehin nicht in der Lage wäre, sie auch nur einigermaßen zu bewältigen. So blieb er still und resignierte, weil für ihn unzweifelhaft die Rettung der Menschen unter den jetzigen Umständen unmöglich zu bewerkstelligen war,
10. Kirchentage
Am nächsten Vormittag, einen Tag nach dem Flugzeugabsturz und seiner wundersamen Rettung, traf Wollner auf dem Flughafen von München ein, wo seine Frau immer noch verzweifelt auf ihn wartete. Er war im Zentralhospital von Wien untersucht worden, und man stellte außer leichten Prellungen bei ihm keinerlei Verletzungen fest. Natürlich hatte er einen gewaltigen Schock, der jedoch den Ärzten nicht so bedrohlich erschien, um ihm den nach Hause-Flug zu untersagen. Abgesehen davon wollte er selbst auch möglichst schnell die Stadt verlassen. Nicht, dass er etwas gegen Wien gehabt hätte, ganz im Gegenteil, er liebte die gemächliche Atmosphäre, die nicht nur die Menschen, sondern jedes Haus, jeder Baum ausatmete, aber er verspürte einfach den Drang, den Ort, der ihn fast sein Leben gekostet hätte, auf schnellstem Wege zu verlassen.
Als er aus dem Portal des Hospitals heraustrat, stand rund eine Hundertschaft von Reportern aus aller Welt davor, die ihn mit Fragen bestürmten und ein Interview von ihm wollten. Sogar jetzt noch, dachte er sich, wo alles aus den Fugen geraten ist. Er war sich im Klaren darüber, dass er von dieser Meute keine Ruhe bekommen würde, wenn er nicht ihrem Wunsch nach Sensationsbefriedigung entsprach. So schlug er vor, das gegenüberliegende Kaffeehaus aufzusuchen, wo er gerne Rede und Antwort stehen wollte. An diesem Tag machte das betreffende Kaffeehaus wohl den besten Umsatz, den es seit seinem Bestehen jemals gemacht hatte. Wollner antwortete geduldig auf alle Fragen, und war erstaunt darüber, auf einige selbst keine Antwort zu kennen.
Zum Beispiel wollte ein Reporter von ihm wissen, welche Gedanken ihm durch den Kopf gingen, als er feststellte, dass die Maschine am Abstürzen war. Wollner überlegte und sann nach, was er in diesem Augenblick wohl gedacht haben mochte, aber er hatte an diesen Augenblick absolut keine Erinnerung mehr. Das einzige was ihm noch in den Sinn kam, war der fürchterliche Knall, den der Aufprall des Flugzeuges verursacht hatte. Dann fehlten ihm wieder einige Sekunden oder vielleicht auch nur Bruchteile von Sekunden. Das nächste was er spürte, war die Kälte und Nässe des Wassers und er fragte sich, wie er dort hineingelangt war. Rein mechanisch begann er zu schwimmen, bis er zwei treibende Rettungsringe registrierte, an denen er sich krampfhaft festhielt.
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