Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
wechselte Larrys Stimme ins Falsett. »›Was ist denn, Chip? Hast du schlecht geträumt? Geh, leg dich wieder hin. Warum legst du dich nicht wieder hin? Oder willst du uns sagen, dass die Ranger kommen? Wach auf, Jessie, wach auf!‹« Er sprach mit seiner normalen Stimme weiter. »Der kleine Hund rettet ihnen das Leben. – Gibt’s daran was auszusetzen?«, bellte er (passenderweise) Emily an.
Stumm schüttelte sie den Kopf.
»Großartig.« Plötzlich lächelte er breit. »Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit. Ihre Leute hören von meinen Leuten.«
Dann legte er jeder von uns einen Arm um die Schultern und brachte uns zurück in den viel zu hellen Sonnenschein.
Emily schleppte sich zum Auto und murmelte: »Habe ich das geträumt?«
»Das mit dem Hund, der die Mädchen rettet?«
»Nein, das mit ›Ihre Leute hören von unseren Leuten‹?«
»Er hat es wahrhaftig gesagt.«
»Aber das sagt in Wirklichkeit niemand.«
»Das hier ist auch nicht die Wirklichkeit.«
Erst als wir ins Auto stiegen, wurde uns richtig bewusst, dass wir keine Präsentation gemacht hatten.
»Nachdem wir so schön geübt hatten«, lachte ich. »Aber wahrscheinlich ist es besser so.«
»Wie, findest du, ist es gelaufen?«, fragte Emily benommen. »Glaubst du, er kauft es und rettet mir das Leben.«
Ich überlegte – er hatte nichts darüber gesagt, dass er den Film im Schnellverfahren und mit jeder Menge Stars drehen und in dreitausend Kinos zeigen würde. Aber Mort Russell hatte so dahergeredet, und nichts war daraus geworden. Was wussten wir also? Und wollte Emily wirklich ihr witziges, spritziges Drehbuch umschreiben und Chip der Wunderhund daraus machen? Doch bevor ich all dies in Worte fassen konnte, war Emily schon eingeschlafen. Sie schlief während der ganzen, höllischen Fahrt zurück, deshalb erfuhr sie nie, dass ich auf der 405 die falsche Abzweigung nahm und fast bis nach Tijuana fahren musste und an mehreren Abfahrten in heruntergekommene Gegenden vorbeifuhr, bis ich umdrehen konnte.
Als wir wieder in Santa Monica waren, schaffte ich es nicht, sie zu wecken, deshalb ging ich zu den Ziegenbärtigen; Ethan machte auf, und ich bat ihn, mir zu helfen. Allerdings war das keine so gute Idee, denn er bestand darauf, dass ich Emily bei den Armen nahm und er ihre Beine packte, und ich wusste einfach, wusste instinktiv, dass er ihr unter den Rock gucken wollte. Als wir sie auf dem Sofa abgelegt hatten, schlug er hoffnungsvoll vor: »Wir sollten sie ausziehen. Falls sie irgendwo abgeschnürt ist und nicht richtig Luft bekommt.«
»Nein! Vielen Dank, Ethan! Und auf Wiedersehen!«
Ich wollte ihn schnell loswerden, denn als wir ins Haus kamen, war mir aufgefallen, dass auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht war. Sie musste von Troy sein. Und so war es auch – ich drückte auf den Knopf, und eine Männerstimme begann: »He, Süße …«, worauf ich erleichtert aufatmete. Doch dann wandelte sich meine Erleichterung zu bitterer Enttäuschung.
Es war nicht Troy. Es war Emilys Lou, der mit der Beziehungsphobie. Warum zum Teufel rief er sie an? Wenn man ihr glaubte, so würde er sich nie wieder melden. Und hier war er und nannte sie Püppchen und schlug vor, dass sie zusammen ins Kino gehen könnten.
Alle meine Hoffnung war verpufft, so wie Luft aus einem Wasserball mit Loch. In den letzten beiden Tagen hatte ich mich in Vertrauen geübt und Zweifel abgewehrt, aber jetzt waren meine Schutzmechanismen außer Kraft. Warum hatte Troy sich nicht gemeldet? Es war Montagnachmittag, fast schon Abend, und er hatte es versprochen. Oder vielmehr, ich hatte ihn gebeten, und er hatte nicht nein gesagt. Aber ich hatte kein Wort von ihm gehört. Warum nicht?
Sofort fingen meine misstrauischen Gedanken an, sich zu vermehren wie Bakterien in einer Petrischale. War ich hässlich? War ich langweilig? Hatte es mit mir keinen Spaß gemacht? Schließlich war ich so außer Übung, dass ich vielleicht eine echte Niete war und es nicht gemerkt hatte. Aber es hatte den Anschein gehabt, dass es ihm sehr wohl Spaß gemacht hatte. Andererseits hatte es auch den Anschein gehabt, dass Mort Russell Emilys Drehbuch nehmen würde, und dann hatte er es abgelehnt. War diese Stadt einfach ein riesiges Spiegelkabinett, in dem nichts das war, was es zu sein schien?
Ich saß erstarrt vor Verzweiflung und sah vor mir nichts außer einer leeren, ausgebrannten Zukunft. Doch dann fiel mir ein, was für ein fürchterlicher Tag hinter mir lag. Jeder würde sich danach
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