Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
und Haarspray, damit es so bleibt, aber es müsste gehen. Und geh nie wieder zu dieser FRAU!«
Das Essen fand in einem Gartenrestaurant in Laurel Canyon statt, und folgende Personen nahmen daran teil: ich, Emily, Helen, Anna, Mum und Dad – der stolz sein wieder eingerenktes Genick vorzeigte. (»Ich dachte, es sei ein Gewehrschuss, aber es war mein Hals.«)
Wir quetschten uns alle in Emilys Jeep und fuhren zu einem sehr malerisch gelegenen Restaurant. Laternen waren zwischen den Bäumen aufgehängt, ein Plätschern deutete auf einen Bach in der Nähe, und es war wunderbar frisch, verglichen mit der Stadt in der Ebene.
Shay war nirgendwo zu sehen. Wir wurden in die Bar geführt, wo wir auf ihn warten wollten, und ich ging zur Toilette, um nervös meinen Pony zu überprüfen. Das hätte ich vielleicht nicht tun sollen, denn als ich rauskam, war zwischen Emily und Dad ein Streit ausgebrochen, und die Stimmung war angespannt.
»Mr. Walsh«, sagte Emily, »ich möchte mich nicht mit Ihnen überwerfen.«
Mir wurde ganz mulmig. Worum ging es?
»Ich habe auch meinen Stolz«, erwiderte Dad.
»Ich will mich klar ausdrücken«, sagte Emily. »Ich bestelle die erste Runde. Ich wohne hier und Sie sind die Gäste, es ist also mehr als angemessen, dass die erste Runde an mich geht.«
Schmollend sagte Dad: »Und was ist mit der zweiten?«
»Die kann einer von Ihnen übernehmen.«
»Wer?«
»Das weiß ich nicht. Das können Sie untereinander ausmachen.«
Doch dann war es Shay, der die erste Runde bezahlte; blond und breitschultrig schlenderte er herein, zückte lässig eine goldene Karte für den Barkeeper und begrüßte uns alle mit einem strahlenden Lächeln.
»Hi, Maggie, du siehst bezaubernd aus. Du auch, Emily. Hier ist ja Claire. Oh, Entschuldigung, Mrs. Walsh, einen Moment lang habe ich Sie für Claire gehalten.« Dann begrüßte er Helen, die bei weitem die Schönste von uns allen war, aber sie bleckte schweigend die Zähne, und er verstummte. Er kam nicht dazu, Anna zu begrüßen, weil Dad ihn in ein Gespräch verwickelte
und damit prahlte, wie laut das Einrenken seines Genicks gewesen war. (»Ich dachte, ein Gewehr sei losgegangen, so wahr ich hier stehe.«)
Nachdem wir unsere Aperitifs ausgetrunken hatten, wurden wir zu einem Tisch unter dem Sternenhimmel und umgeben von raschelnden, duftenden Bäumen geführt. Der Kellner, der uns bediente, war wie immer ein großes Erlebnis, inklusive der Rezitation der Tagesgerichte. Etwas Veganisches, etwas Laktosefreies, etwas mit null Prozent Fett. Er richtete seinen Vortrag hauptsächlich an Shay, der zustimmend dazu murmelte; dann ging der Kellner, und Shay stöhnte: »Meine Güte, wie anstrengend! Warum muss es immer so kompliziert sein? Aber das ist wahrscheinlich L. A.«
»Gefällt es dir hier?«, fragte Mum ihn.
»Ja«, sagte er nachdenklich. »Solange einem klar ist, dass es in dieser Stadt nur um Filme geht und alles andere unwichtig ist. Zum Beispiel – erinnern Sie sich noch, als die amerikanischen Geiseln aus dem Iran freikamen?«
Alle nickten, doch bestimmt erinnerten sie sich nicht.
»An dem Tag war ich mit zwei Agenten im Grill Room zum Lunch verabredet, und einer sagte: ›Habt ihr schon gehört? Sie haben die Geiseln freigegeben.‹ Und der andere sagte: ›Freigegeben? Ich wusste gar nicht, dass sie angefangen hatten zu drehen.‹ So geht das hier. He, Mr. Walsh«, sagte Shay zu Dad, »erzählen Sie doch bitte die Geschichte mit dem Snooker.«
»Soll ich?«, fragte Dad verlegen.
»Ach, mach schon«, bedrängten wir ihn, und Dad erzählte die Geschichte von dem Tag, dem einzigen in meinen Leben, als er mich zum Schwindeln überredete – ich sollte die Schule schwänzen und Krankheit vorschützen, weil er Karten für das Endspiel des Snooker-Turniers hatte und nicht wusste, mit wem er gehen sollte –, und davon, wie es in die Abendnachrichten gelangte. So war es wirklich. Als der Favorit die Kugel zum Sieg versenkte, sieht man mich gestochen scharf unmittelbar hinter ihm wie blöd applaudieren. Ich bin klarer zu erkennen als der Sieger, und die Szene wurde in der Sportzusammenfassung der Sechs-Uhr-Nachrichten ausgestrahlt, dann in einem längeren Bericht in den Neun-Uhr-Nachrichten,
und dann in den Spätnachrichten, obwohl ich die selbst nicht gesehen habe. Die Szene wurde am folgenden Tag in den Mittagsnachrichten noch einmal gezeigt, und dann wieder am Wochenende, in einer Zusammenfassung der Sportnachrichten der Woche. Selbst zum
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