Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
aber man kann dafür nicht verhaftet werden.
»Hör auf zu stehlen«, schimpfte ich mit leiser, eindringlicher Stimme. »Einmal schnappen sie dich, und dann bist du in der Klemme.«
Eine Antwort bekam ich nicht – sie beschimpfte gerade wieder den Taxifahrer.
Wir gingen in einen Nachtclub, für den wir, realistisch gesehen, zu alt waren, und amüsierten uns prächtig, weil wir dort etwas wider all die Menschen hatten – wider den Türsteher, weil er uns nicht an der Schlange vorbei reingelassen hatte, wie Emily das wollte, wider den Barkeeper, weil er uns nicht sofort bediente, wider verschiedene Gäste, weil sie nicht von ihren Sitzen aufsprangen, als sie uns sahen, und sie uns anboten.
Insgesamt hatten wir einen ausgelassenen Abend, und am nächsten Morgen war Garv ganz reizend zu mir. Er machte hastig das Bad frei, als ich mich übergeben musste, und wartete, das Gesicht voller Rasiercreme, in der Hand den Rasierer, geduldig im Flur.
Gegen sechs Uhr abends ging es mir wieder so gut, dass ich sprechen konnte, und ich rief Emily an. Ich war fast stolz auf unser wildes Benehmen am Abend zuvor, aber Emily klang etwas bedrückt.
»Haben wir im Hayman um unsere Handtaschen herumgetanzt?« , fragte sie.
»Ja.«
»Weißt du«, sagte sie und tat cool, »ich habe das schreckliche Gefühl, dass da gar kein Tanzparkett war.«
»Nicht nur war da kein Tanzparkett«, rief ich, »es gab auch keine Musik. Und war es nicht toll, wie wir wider all die Leute eingestellt waren?«
Emily gab einen komischen Laut von sich. Ein Wimmern und Stöhnen in einem. »Erzähl mir nicht, dass ich was gegen die Leute hatte.«
»Wider«, sagte ich, »wir hatten was wider die Leute. Es hat Spaß gemacht.«
»Oh, nein.«
Ich nahm den Hörer. »Emily?«
»Wie geht es dir?«
»Ganz gut«, krächzte ich. »Ich glaube, ich habe eine leichte Grippe.«
»Deine Mum hat gesagt, du hast dich von Garv getrennt.«
»Ehm … ja.«
»Und du bist gefeuert worden.«
»Ja«, seufzte ich, »das stimmt.«
»Aber …« Sie klang sowohl erstaunt als auch hilflos. »Ich habe dir dauernd ins Büro gemailt. Jetzt weiß diejenige, die deinen Platz übernommen hat, über alle Einzelheiten von Bretts Penisvergrößerung Bescheid.«
Ich schaffte es zu sagen: »Es tut mir Leid. Ich habe mich bei niemandem gemeldet.«
Schweigen, während ein statisches Knistern und Krachen in der Leitung tobte. Ich wusste, dass ihr viele Fragen auf der Zunge brannten, aber sie begnügte sich mit: »Geht es dir wirklich gut?«
»Doch, es geht mir gut.«
Mehr Knistern. »Hör zu«, sagte sie langsam. »Wenn du keine Arbeit hast und … so, warum steigst du nicht einfach in ein Flugzeug und kommst eine Weile hierher?«
»Was gibt es denn da?«
»Sonnenschein«, lockte sie. »Kalorienarme Pringles. Mich .«
Daran, dass ich an der Aufrichtigkeit ihrer Anteilnahme zweifelte, kann man sehen, wie schlecht es um mich stand. Ich glaubte, sie hätte es nur gesagt, weil sie dachte, als Freundin müsste sie so etwas sagen. Trotzdem, in meiner Abgestorbenheit blitzte ein Funken auf.
Los Angeles. Die Stadt der Engel.
Da wollte ich hin.
6
I ch fand es äußerst bedenklich, wie lange wir brauchten, um über die Außenbezirke von Los Angeles zu fliegen. Sie breiteten sich unter mir aus, eine schier endlose Folge von Reihen mit Rechenkästchen, lauter staubige einstöckige Häuser, und gelegentlich schnitt ein Freeway mit seinen Betonfahrbahnen brutal durch sie hindurch. Ganz in der Ferne war das harte Glitzern des Ozeans zu sehen.
Es war wenig mehr als eine Woche vergangen, seit Emily angerufen hatte, und ich konnte kaum glauben, dass ich angekommen war. Fast angekommen – würden wir jemals landen?
Es hatte starken Widerstand gegen diese Reise gegeben. Besonders von meiner Mutter.
»Los Angeles? Warum Los Angeles?«, fragte sie. »Hat Rachel nicht gesagt, du kannst zu ihr nach New York kommen? Und Claire hat dir doch angeboten, du könntest nach London kommen und so lange bei ihr bleiben, wie du wolltest! Und wenn es in Los Angeles jetzt ein Erdbeben gibt? Sag du doch was«, sagte sie und wandte sich an meinen Vater.
»Ich hab zwei Karten für das Halbfinale«, erklärte Dad traurig. »Und keinen, der mitkommt.«
Dann fiel ihr etwas ein, und sie fragte Dad: »War das nicht in Los Angeles, wo du dir den Hals ausgerenkt hast?«
Vor ungefähr zwanzig Jahren war Dad mit einer ganzen Gruppe von Steuerberatern nach Los Angeles geflogen und hatte sich in der Log Flume in
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