Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
sie habe ein Drehbuch an DreamWorks verkauft. Oder war es Miramax? Jedenfalls an eins der großen Studios. Der Film hieß Hostage (vielleicht war es auch Hostage! ) und handelte von einer kleinen Flitterwochen-Insel im Südpazifik, die von Terroristen eingenommen wird. Sie bringen die wenigen Einheimischen um und nehmen die Flitterwochen-Paare als Geiseln. Einigen gelingt es, in den Urwald zu entkommen, wo sie – ähnlich wie Schiffbrüchige – überleben, indem sie sich von Gräsern und so ernähren und eine Befreiungsaktion planen. Der Film wurde als »Action-Film mit einer Liebesgeschichte und comedyhaften Zügen« beschrieben.
Der Sunday Independent brachte einen langen Artikel darüber, im Fernsehen wurde Ein toller Tag noch einmal wiederholt, und Emilys Mutter kaufte sich ein bodenlanges, dunkelblaues Kleid mit Strassbesatz für die Uraufführung. (Sie hatte es im Ausverkauf ergattert, vierzig Prozent runtergesetzt, aber es war trotzdem ganz schön teuer.)
Wieder verging die Zeit, und es passierte nicht viel. Es wurden keine Schauspieler engagiert, und jedesmal wenn ich mich erkundigte, wie weit der Film gediehen sei, sagte Emily knapp: »Wir sind immer noch bei der Feinarbeit am Skript.« Ich hörte auf, danach zu fragen.
Dann rief Emilys Mutter an und wollte von Emily wissen, ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn sie das bodenlange, dunkelblaue, strassbesetzte Kleid zu der Weihnachtsfeier in der Firma ihres Mannes anzöge. Schließlich sei es fast ein Jahr her, dass sie es gekauft hätte, und obwohl sie es im Schlussverkauf bekommen hatte, um vierzig Prozent reduziert, sei es dennoch ganz schön teuer gewesen, und sie würde es gern anziehen.
Na klar, zieh es an, riet Emily ihr.
Dann brachte eine andere Produktionsfirma einen Film heraus. Er handelte von einer Gruppe von acht Paaren, die zu
einem Golfurlaub auf eine kleine Fidschi-Insel fliegen. Die Insel wird von Terroristen eingenommen, die die wenigen Einwohner umbringen und die Golftouristen als Geiseln nehmen. Einigen gelingt es, in den Urwald zu entkommen, wo sie – ähnlich wie Schiffbrüchige – überleben, indem sie sich von Gräsern und so ernähren und eine Rettungsaktion planen. Es war ein Action-Film mit – wer hätte das gedacht? – einer Liebesgeschichte. Und es gab sogar, ob man es glaubt oder nicht, ein paar komische Elemente. Ich hatte lange genug am Rande der Filmindustrie gearbeitet und war deshalb nicht überrascht, als es hieß, das Studio habe beschlossen, Emilys Film abzulehnen. Ich rief Emily an und sagte ihr, wie Leid es mir für sie täte, und sie weinte. »Aber ich arbeite an einem neuen Drehbuch«, sagte sie zu mir. »Mal hat man Glück, mal Pech, stimmt’s?«
Das war anderthalb Jahre her. Kurz darauf kam sie über Weihnachten nach Irland und überredete mich, mit ihr auszugehen, wir zwei allein.
Garv bettelte darum, mitkommen zu dürfen, aber sie erklärte ihm bedauernd, dass es ein reiner Frauenabend sei und er so etwas gar nicht durchstehen würde – und damit hatte sie Recht: Schon in guten Zeiten war es gefährlich, mit ihr auszugehen, aber wenn sie sich verletzt und gedemütigt fühlte und nicht darüber sprechen wollte, war sie noch viel schlimmer. Es war ein Abend für den rosa Lederhut: Der Rock-Chick-Look näherte sich seinem schrecklichen Höhepunkt und war im Begriff, aufgrund seiner unglaublichen Albernheit in der Versenkung zu verschwinden. Aber so weit war es noch nicht, und sie sah umwerfend aus.
Ich war überglücklich, sie zu sehen, doch obwohl wir beide unser Wiedersehen feierten, wurde es ein seltsamer Abend. Damals dachte ich, wir hätten uns prächtig amüsiert, aber rückblickend bin ich mir nicht mehr so sicher. Emily trank in kürzester Zeit Unmengen von Alkohol – seit sie damit angefangen hatte, war sie Expertin. Normalerweise versuchte ich gar nicht erst mitzuhalten, aber an jenem Abend wollte ich mitziehen. Natürlich betrank ich mich, aber seltsamerweise bemerkte ich es nicht. Ich fühlte mich völlig nüchtern. Das einzige Anzeichen für eine Stimmungsveränderung bestand
darin, dass jeder, mit dem wir zu tun hatten, mich irgendwie beleidigte oder ärgerte. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass es mein Verhalten war, das Anlass zu Verärgerung gab.
Wir waren in einer Bar im Hayman, einem supermodernen Hotel, in dem alles, von den Dachziegeln bis zu den Aschenbechern, von einem gefeierten Designer aus New York entworfen worden war. Ich hatte von dem Hotel gehört – alle
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