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Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Auszeit für Engel: Roman (German Edition)

Titel: Auszeit für Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Disneyland den Hals verrenkt.
    »Es war meine eigene Schuld«, beharrte er. »Auf den Schildern stand, man soll sich nicht hinstellen. Und ich war nicht allein. Alle sieben haben sich den Hals ausgerenkt.«
    »Heilige Mutter Gottes!« Mum schlug sich die Hand vor den Mund. »Sie hat die Ringe abgenommen.«
    Ich hatte probiert, wie es sich anfühlen würde. Die fehlenden Ringe (der Verlobungsring musste auch ab) hinterließen eine deutliche Einbuchtung in der Haut, die dort weiß wie roher Teig war. Ich glaube, in den neun Jahren meiner Ehe habe ich die Ringe nicht einmal abgezogen. Ohne sie fühlte ich mich komisch, nicht gut. Aber mit ihnen auch. Und so war es wenigstens ehrlicher.
    Garv war der Nächste, der sein Missvergnügen an meiner Reise kundtat. Ich rief ihn an und sagte, ich würde für einen Monat oder so verreisen, und er kam stehenden Fußes vorbei. Mum führte ihn ins Wohnzimmer. »Also!«, fing sie an, und ihre ganze Körperhaltung drückte aus: »Zeit, dass dieser Unsinn ein Ende hat, mein liebes Kind!«
    Garv sagte hallo, und darauf sahen wir uns viel zu lange an. Vielleicht ist das normal, wenn zwei Menschen sich trennen: Sie versuchen sich zu erinnern, was sie einst zusammengeschweißt hat. Er sah ein bisschen unordentlich und ungepflegt aus. Obwohl er seine Arbeitssachen trug, waren seine Haare im Freizeit-Look, und sein Ausdruck war grimmig – oder war er immer schon grimmig gewesen? Vielleicht deutete ich zu viel hinein.
    Er wirkte keineswegs so, als würde er sich vor Kummer verzehren; er war immer noch, wie meine Mutter gern zu sagen pflegte, »ein prächtiges Mannsbild« (obwohl sie es nie von Garv gesagt hatte).
    Ich vermutete dumpf, dass dies unter den gegebenen Umständen nicht die richtigen Gedanken waren, sie schienen nicht gewichtig genug. Aber etwas Besseres brachte ich nicht zustande – warum nicht? Wegen des Schocks vielleicht? Oder lag es daran, dass Anna Recht hatte und Cosmopolitan Unrecht – und dass ich doch deprimiert war?
    »Warum L.A.?«, fragte Garv steif.
    »Warum nicht? Emily lebt da.«
    Er bedachte mich mit einem Blick, den ich nicht deuten konnte.
    »Ich habe keine Arbeit … und …«, erklärte ich. »Ich dachte, warum eigentlich nicht? Ich weiß, wir müssen eine Menge Dinge klären, aber …«
    »Wann kommst du zurück?«
    »Weiß ich nicht genau, auf meinem Ticket ist der Rückflug offen. In einem Monat etwa.«
    »Einem Monat!« Er klang erschöpft. »Gut, wir reden, wenn du wieder da bist.«
    »Das wäre ja was Neues.« Ich hatte nicht bitter klingen wollen.
    Groll wallte zwischen uns auf wie eine Giftwolke. Dann – puff! – war sie zerstoben, und wir waren wieder die höflichen Erwachsenen.
    »Wir müssen wirklich reden«, betonte er.
    »Wenn ich nach einem Monat nicht zurück bin, kannst du mich ja holen.« Ich gab mir Mühe, freundlich zu klingen. »Dann besorgen wir uns einen Anwalt und so.«
    »Ja.«
    »Dass du mir nicht zuvorkommst und dir einen nimmst, bevor ich einen habe.« Das sollte leicht klingen, doch stattdessen hatte es einen missgünstigen Ton.
    Er sah mich ausdruckslos an. »Keine Sorge, ich warte, bis du wieder da bist.«
    »Ich kann ja, weil ich keine Arbeit habe, die Rate für das Darlehen von meinem Konto für hübsche Kleinigkeiten zahlen.«
    Außer unserem gemeinsamen Konto hatte ich ein eigenes Konto, auf das ich monatlich eine kleine Summe einzahlte – gerade genug für unpraktische Sandalen und überflüssiges Lipgloss  –, damit ich nicht gleich von Schuldgefühlen zerfressen wurde, weil ich das Geld fürs Haus für meine Sachen ausgab. Einige meiner Freundinnen – besonders Donna – wunderten sich, dass Garv mit dem Extrakonto einverstanden war, dabei war es seine Idee gewesen, und er hatte auch den witzigen Namen dafür erfunden.
    »Vergiss die Rückzahlungen«, seufzte er. »Ich mach das
schon. Du brauchst das Geld auf dem Konto für hübsche Kleinigkeiten.«
    »Ich zahle dir alles zurück.« Ich war erleichtert, dass ich ein bisschen mehr Geld für Los Angeles haben würde. »Ist es in Ordnung, wenn ich ins Haus komme und mir ein paar Sachen hole?«
    »Warum sollte es nicht in Ordnung sein?« Ein schuldbewusstes und abwehrendes Flackern war in seinen Augen zu sehen. Er wusste haargenau, wovon ich sprach, aber er tat, als wüsste er es nicht. Und ich sah davon ab, es näher zu erklären. Zwischen uns herrschte eine seltsame Komplizenschaft, und eine Menge Dinge blieben unausgesprochen. So wollte ich es haben: Wenn er

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