Auszeit für Engel: Roman (German Edition)
Schätzchen. Ich brauche für meine Freundin einen Termin. Sie hat ein tolles Gesicht und sie braucht einen fantastischen Haarschnitt. Dienstag?« Sie sah mich aus aquamarinblauen Augen an. »Maggie, Dienstag, sechs Uhr dreißig?«
Ich fühlte mich überrumpelt, überfallen. Es gefiel mir ganz gut. »Klar.« Warum eigentlich nicht? »Dienstag passt mir gut.«
Lara stellte das Telefon ab und wandte sich zu uns um. »Ich habe auch einen Grund zum Feiern«, sagte sie und reckte die Faust in die Luft. »Zwei tote Männer ist endlich nicht mehr in den Top Ten!«
»Super!«, rief Emily, und plötzlich waren wir alle in Feierstimmung.
Zwei tote Männer war eine dumme Gangsterkomödie – was hatte Lara damit zu tun?
»Erzähl Maggie die Geschichte«, forderte Emily sie auf.
»Möchtest du sie hören?«
»Natürlich!«
»Also gut. Du weißt ja, dass ich bei einer Produktionsfirma
arbeite, und eine meiner zahlreichen Aufgaben besteht darin, Drehbücher zu begutachten. Das heißt, ich muss sie lesen und meine Meinung dazu abgeben, also, ob ich glaube, dass sie sich für einen Film eignen. Jedenfalls, vor einiger Zeit bekam ich ein Drehbuch auf den Tisch; es war unter aller Sau, und ich habe es verrissen. Und wie hieß der Schwachsinn? Zwei tote Männer ! Eine der erfolgreichsten Gangsterkomödien des Jahres!« Ihre Fröhlichkeit war ansteckend. »Als ich in Variety las, dass Fox es produzieren würde, war das einer der schlimmsten Tage in meinem Leben. Ich habe inständig darum gebetet, dass es ein Flop sein würde. Jedesmal wenn ich las, welche Summen der Film einspielte, brach mir der Schweiß aus. Und ich hätte um Haaresbreite« – Sie zeigte mit Daumen und Zeigefinger den Abstand – »meine Stelle verloren.«
»Aber du hast ein Recht dazu, deine Meinung zu sagen«, sagte ich.
»Oh, nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht in diesem verrückten Land. Ein Fehler, und man ist weg vom Fenster.«
»Ich habe das Drehbuch auch gesehen«, sagte Emily. »Und Lara hatte Recht, es war Mist. Der Autor hat es, glaube ich, gar nicht als Komödie gemeint, aber weil es so schlecht war, hat jeder es für eine gehalten.«
»Aber das ist jetzt überstanden.« Lara strahlte.
Plötzlich spürte ich ein dumpfes Vibrieren. Ich merkte es, bevor ich etwas hören konnte, und es wurde ganz schnell immer stärker. Im ersten Moment dachte ich, es wäre ein Erdbeben und meine Mutter hätte Recht gehabt. Wie ärgerlich.
»O verdammt«, knurrte Emily. »Jetzt fangen sie wieder damit an. Die Lebensrhythmus-Trommler. Beknackt.«
»Wer?«
»Die nebenan. Mike und Charmaine und eine Gruppe berufstätiger Erwachsener, die es eigentlich besser wissen müssten. Sie schlagen indianische Trommeln und hoffen, auf diese Weise das Glück zu finden. Sie machen es absichtlich, um mich zu ärgern.«
»Du hättest ihr ›Es wird scharf geschossen‹-Schild nicht stehlen sollen«, warf Lara ein.
»Da hast du allerdings Recht! Jetzt bin ich praktisch gezwungen,
einkaufen zu gehen; ich brauche was zum Anziehen für die Präsentation. Kommt jemand mit?«
Einkaufen! Abgesehen von der Sonnencreme im Dutyfreeshop hatte ich seit Ewigkeiten nichts mehr eingekauft – nicht seit dem Tag, als mein Leben aus den Fugen geraten war. Ich verspürte eine kleine innerliche Belebung und fühlte mich wach und fast normal, und dieses Gefühl verstärkte sich noch, als sich herausstellte, dass die beiden zum Rodeo Drive gehen wollten. Am Rodeo Drive einkaufen war das, was ich tun sollte, was jeder, der nach L.A. kam, tat – statt wie eine verlorene Seele an einem einsamen Strand zu sitzen. Schon möglich, dass es nicht ganz meine Preisklasse war, aber eine Frau kann ein bisschen träumen. Und ihre Kreditkarte benutzen.
Als wir aus dem Haus kamen, begegneten wir den Ziegenbärtigen.
»He, Lara«, rief der mit dem rasierten Schädel bewundernd aus. »Sie sind Klasse, wirklich, Mann, erste Sahne.«
»Danke, Curtis!«
»Nein, ich bin Ethan. Das hier ist Curtis.«
»Hey.« Curtis hob schüchtern die pummelige Hand zum Gruß.
»Und ich bin Luis.« Ein hübscher Latino-Junge mit geschwungenen Wimpern und einem ordentlichen kleinen Bart winkte uns zu. »Und Sie sind wirklich erste Sahne.«
»Ich hatte wirklich gehofft«, sagte Emily bedauernd, »dass die am Ende des Semesters ihre Sachen packen und ausziehen würden und wir richtige Nachbarn bekämen. Aber anscheinend müssen wir sie noch den Sommer über ertragen.«
Die Ziegenbärtigen wollten mit ihrem
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