Ausziehen!
Männern um Längen voraus sind.
Dr. Regina Stromburg, Koordinatorin der Frauen- und Geschlechterstudien
I ch nahm mir ein Taxi vom Krankenhaus nach Hause, aber der Rest der Nacht war dahin. Ich konnte nicht schlafen, ich konnte nicht denken. Selbst Eiskrem hatte ihren gewohnten Zauber verloren. Im Liegen zitterte ich wie Butter in einer Bratpfanne, und auf und ab zu gehen war nichts weiter als eine Verschwendung hart erarbeiteter Fettmoleküle.
Trotzdem ging ich auf und ab. Ich hatte das Richtige getan, redete ich mir immer wieder ein. Ich hatte Rivera nicht auf den Rücksitz seines Jeeps gezerrt und ihm die Klamotten vom Leib gerissen. Okay, ich hatte ihm einen Teil seiner Klamotten vom Leib gerissen, aber ich hatte mich damit zurückgehalten, mein Leben zu sabotieren. Ich hatte einen kühlen Kopf bewahrt. Ich hatte ihn sogar im Krankenhaus abgeliefert und mich damit richtig erwachsen verhalten. Wofür er jedoch nicht besonders dankbar gewesen zu sein schien. Tatsächlich hatte er getobt.
Ich hatte das Richtige getan, wiederholte ich immer wieder. Ich war jetzt eine Expertin. Eine Psychologin. Die Zeiten waren vorbei, in denen ich auf einem Parkplatz mit irgendeinem Kerl herummachte, der mich in den Wahnsinn trieb. Aber Teufel noch mal, ich hätte es so gern getan! Ich konnte einfach nicht vergessen, wie Rivera ausgesehen hatte, wie er sich angefühlt hatte, wie er gerochen -
Meine Gedanken kamen mit einem Kreischen zum Stillstand, als sich die Gerüche in meine Erinnerung drängten. Rivera hatte wunderbar gerochen, nach Moschus und Mitternacht, aber ich hatte noch etwas anderes gerochen, als wir unter Bomstads Fenster gestanden hatten, und zwar … Parfüm. Heiliger Bimbam! Die Wahrheit explodierte in meinem Hirn wie ein 10-Cent-Knallfrosch.
Die Gestalt, die Rivera angegriffen hatte, war gar kein Mann! Es war eine Frau gewesen!
Am nächsten Tag hatte ich nur vier Sitzungen, daher verbrachte ich meine Mittagspause in der Einkaufspassage, testete Düfte aus und versuchte, mich an jedes noch so kleine Detail der letzten Nacht zu erinnern. Gegen zwei Uhr war ich so spitz wie ein pubertierender Tubaspieler, da ich mich an einige Dinge besser als an andere erinnern konnte, aber schließlich war ich so weit, den Duft auf drei Finalisten einzugrenzen. Ich konnte mir natürlich nicht hundertprozentig sicher sein, aber da ich sonst keinerlei Hinweise hatte, war es wohl am besten, dem wenigen, was ich hatte, zu vertrauen.
Obwohl ich auch einige Zeit bei verschiedenen Discountern verbracht hatte, war ich mir sicher, dass es sich bei dem Duft, den der Einbrecher benutzt hatte, entweder um Bvlgari, Jivago oder Arpège handelte. Alle im gehobenen Preisniveau. Was durchaus einen Sinn ergab. Bomstad selbst war nicht gerade mittellos gewesen, da lag es doch nahe, dass die Frau, mit der er was hatte, ähnlich vermögend war, obwohl die Mädchen von der Highschool, mit denen er erwischt worden war, nicht gerade in Geld schwammen, genauso wenig wie Sheri Volkers.
Ich saß an meinem Computer und erwog, meinen Kopf in den Bildschirm zu rammen. Den Angaben der fünf Millionen Links zufolge, die ich mir angesehen hatte, konnte man Bvlgari bei etwa vierzig verschiedenen Unternehmen kaufen. Natürlich konnte jedes dieser Unternehmen locker hundert Geschäfte haben. Und das beinhaltete nicht einmal die Möglichkeit des Onlineshoppings.
Mit anderen Worten: Es würde ungefähr acht Lebzeiten dauern, alle Möglichkeiten unter die Lupe zu nehmen.
Von Rivera hatte ich seit dem Krankenhausdebakel nichts mehr gehört, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass er zu der nachtragenden Sorte zählte.
Andere Erinnerungen kamen hoch - Erinnerungen an heiße Blicke und warme Haut -, aber ich schob sie beiseite und konzentrierte mich auf dringendere Probleme. Wie überleben.
Ich hatte Proben aller drei Düfte gekauft. Glücklicherweise gab es sie in der Größe meines kleinen Zehs, so dass ich keine zweite Hypothek auf das Haus aufnehmen musste. Mit ihnen könnte ich einen Duftabgleich aller möglichen Verdächtigen durchführen. Der Bonus dabei war, dass ich richtig gut duften würde, wenn Rivera mich in den Knast warf.
Ich schnupperte erneut an allen drei Parfüms, aber mein olfaktorisches System war mittlerweile überlastet. Genau in jenem Moment klingelte das Telefon. Beim zweiten Klingeln nahm ich ab.
»Ms. McMullen.« Zuerst war mir die Stimme unbekannt. Der tiefe, sehr männliche Klang ließ mein Herz klopfen und brachte
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