Autobiografie einer Pflaume - Roman
getreten, sogar Alice, nur dass sie das Gummiband von Monsieur Paul nicht mehr um die Haare hatte und den dicken Jujube getreten hat, der sofort lauter geplärrt hat als der Junge auf dem Boden.
Die Mama von dem Jungen hat bei Monsieur Paul vorgesprochen, und der Lehrer hat uns nach dem Unterricht dabehalten und hat gesagt, dass wir so etwas nicht wieder tun dürfen, und wir haben gesagt:«Jawohl, Monsieur Paul», und dabei haben wir die Finger auf dem Rücken gekreuzt.
In der Klasse gibt es jede Menge Kinder, die nicht im Heim wohnen, aber sie machen uns keinen Ärger.
Oder wie Simon sagt:«Sie beäugen uns, als wären wir Wölfe.»
An dem Tag, als Béatrice ihre Finger aus der Nase genommen hat, habe ich Simon, der alles weiß, gefragt, warum Béatrice im Heim wohnt.
Simon hat gesagt:«Weil der Papa von Béatrice an seiner Tochter rumgeknutscht hat, aber er hätte besser an seiner Frau rumgeknutscht, die hat nämlich die Gendarmen geholt, und seitdem ist der Papa von Béatrice im Gefängnis wie der Papa von Ahmed.»
Ich habe gefragt:«Was heißt rumgeknutscht?», und Simon hat geantwortet:«Na ja, wenn man mit der Zunge rumspielt», und manchmal frage ich mich, wie es kommt, dass Simon so viele Sachen weiß.
Mittags essen wir in der Kantine des großen Hauses mit den grauen Fensterläden zusammen mit allen Kindern aus allen Klassen, und das sind sehr viele Kinder. Der Lehrer und Pauline sitzen bei den Erwachsenen, und Pauline schaut Monsieur Paul an, und Monsieur Paul lässt das kalt, er schaut uns an, die Kinder aus dem Heim.
Béatrice, die kleine Schwarze, isst hauptsächlich mit den Fingern, die sie zu diesem Anlass aus der Nase nimmt, und manchmal kommt Monsieur Paul zu uns an den Tisch und wischt Béatrice die Finger mit der verfleckten Serviette ab und gibt ihr eine Gabel in die Hand, und Béatrice schaut sich darin an, als wäre die Gabel ein Spiegel. Und wenn Monsieur Paul woanders hinschaut, lässt Béatrice die Gabel fallen und isst das Kartoffelpüree mit den Fingern, und Monsieur Paul lässt sie in Ruhe, weil Boris und Antoine ihre Erbsen mit dem Löffel zu den Kindern am Nebentisch werfen, die das Gleiche tun. Oder weil Alice nichts essen will.
Der dicke Jujube hat immer als Erster den Teller leer, und manchmal streitet er mit Ahmed um den Teller von Alice, und beide ziehen am Teller, bis der Inhalt auf dem Tisch landet und
Pauline sagt:«Diese Kinder sind noch mein Tod», und auf den Lippen von Boris sind die Worte«dreckiges kleines Flittchen»zu lesen, und wir müssen lachen.
Nachmittags bringt Monsieur Paul uns bei, wie man ein Haus baut. Es riecht nach Leim und nach Holz, und der dicke Jujube sagt, dass ihm davon schlecht wird, und wir anderen sagen:«Jujube, du nervst.»
Monsieur Paul sägt die Bretter zurecht und verstreicht den Leim darauf, und wir bauen«unser Traumhaus»mit unechtem Gras drum herum und mit Gazefetzen an den Fenstern.
Simon hat seine Fenster komplett vergittert, unechtes Gras wollte er keines -«Bei mir gibt es nur Beton»-, und den Schornstein hat er nicht auf das Dach geklebt -«Bei mir gibt es kein Kaminfeuer»-, und ich habe ihn gefragt:«Wo ist bei dir?», und er hat mir geantwortet:«In der großen Stadt», und ich habe ihn gefragt:«Warum bist du im Heim?», und er hat nicht geantwortet.
Alice hat das Dach weggelassen, damit sie«die Sterne und den Mond sehen»kann.
Béatrice hat unechtes Gras hingeklebt, und die Brüder Chafouin haben ein Haus ganz aus Glas gebaut,«damit uns jeder sehen kann», und Ahmed hat nichts gebaut und hat geheult, und Monsieur Paul wollte ihm helfen, aber Ahmed hat gesagt:«Mein Traumhaus, das gibt es nicht», und ist aus dem Klassenzimmer gelaufen, und Monsieur Paul hat ihn gesucht, nachdem er zu uns gesagt hat:«Und wenn ich zurückkomme, will ich kein Onga-onga hören!»
Und wir waren superbrav und haben kleine Tiere auf das unechte Gras geklebt, nur Boris nicht, der am Leim geschnüffelt hat und dann ganz komisch geworden ist, und Monsieur Paul musste ihn auf die Krankenstation bringen und Ahmed mitnehmen, der seine Hand nicht mehr loslassen wollte.
So ist Monsieur Paul zu uns Kindern.
Simon sagt, dass er zu Hause sechs eigene Kinder hat und dass Madame Papineau, die Heimleiterin, einen bei ihm schlafen lässt, wenn man samstags oder sonntags keinen Besuch im Heim bekommt.
«Du hast den Gendarmen, der dich besucht, du hast Glück.»
Und ich habe ja gesagt und an die Bonbons von Raymond gedacht.
Wenn
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