Autobiografie eines Lügners
Skalpell hervor, schlitzte dem Professor die Nasenlöcher auf, bohrte ihm ein Auge aus, entfernte ihm mit großer Präzision die Milz und warf die Waffe abschließend wie einen Darts-Pfeil auf ein signiertes Gemälde der Frau Professor.
Sex ist ein eher schwieriges Thema
Alle klatschten Beifall. »Tut mir wahnsinnig leid, alter Junge«, sagte Hibben, »aber Sex ist ein eher schwieriges Thema. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Äh, na gut, dann gehe ich mal lieber mittagessen –, kommt jemand mit in die Konditorei?« Der Professor lag blutend auf dem Fußboden, und selbst in seinen letzten Momenten träumte er von Titten. Die Studenten verließen hintereinander den Hörsaal, dachten: »Gottseidank, das war ein kurzes Kolloquium«, und alle, außer denen, die ich später noch erwähnen werde, leben, wenn sie nicht gestorben sind, noch heute.
Mein Tutor in Physiologie, Professor McKenna, war ein Schotte, der jetzt in Dunedin, Neuseeland, lebt, weshalb man natürlich das Wort »säuerlich« verwenden müßte, um ihn zu beschreiben. Es träfe aber nicht zu. Er war ein großer, fetter, geiler Schweinehund mit einem Zickenbart und einem sehr beweglichen Geist darüber. Wieder kicherten wir bei Kolloquien alle über Hibben und waren ziemlich froh, weil er mit seinem ewigen Gefrage dem Professor die Zeit stahl, so daß der kaum je dazu kam, unsere Essays 24 zu erörtern. Nach etwa fünf Trimestern ging Professor McKenna unser Gegickel auf die Nerven, und er fuhr uns an: »Ich mag Hibben. Im Gegensatz zu Ihnen allen weiß er, wie man die Frage ›Warum?‹ stellt, eine Gewohnheit, die uns von Eltern in einem sehr frühen Alter ausgetrieben wird, wenn sie ein Talent ist, das gepflegt werden sollte.«
Wir krochen mit unseren Notizbüchern davon, voller Demut. Dies war eins der wenigen wirklich wichtigen Dinge gewesen, die ich in Cambridge gelernt hatte. Aber ich glaube immer noch, daß ich besser über das physiologische System des menschlichen Körpers als über den Harntrakt Bescheid wüßte, wenn Hibben nicht ganz so oft »Warum?« gefragt hätte. Professor McKennas kleine Vorlesung hatte ihn dazu inspiriert, bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit »Warum?« zu fragen, und oft versetzte er ganz gewöhnliche Passanten in Erstaunen, indem er sie fragte: »Warum?«
Mir war nicht klar gewesen, daß Kaninchen überhaupt Lärm machen können, bis ich einem, das im Physiologie-Labor festgenagelt war, die Kehle aufschlitzte. Ich wußte, daß das Tier technisch tot war, weil man ihm das Gehirn mit einer Sonde zermatscht hatte, und deshalb keinen Schmerz empfinden konnte. Aber ich und mein Partner, James Wellwood, waren ein bißchen überrascht, als es den Kopf vom Holzblock hob und quietschte. Nachdem wir ein paarmal an unseren Pfeifen gezogen hatten, faßten wir genug Mut, ihm den Brustkorb aufzuschlitzen, wo wir ein befremdlich pulsierendes Herz vorfanden, welches wir mutig mit verschiedenen Apparaturen kurzschlossen. Sollte dies Vivisektion gewesen sein? Ja, 25 dachten wir. Doch bald begann das alles Spaß zu machen.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin kein Vivisektionsgegner. Aber ich bin Gegner der unnötigen Vivisektion. Hier (in Großbritannien) habe ich noch keine erlebt, aber ich habe gesehen, wie jede Menge Ratten an einer Medizinischen Fakultät in New York abgeschlachtet wurden, wo ein Praktikant mit nagelneuem Staatsexamen ohne jede vernünftige Erklärung für sein Tun an Rattenhirnen herumfummelte. Er sagte, er fände, es hätte etwas mit der Zirbeldrüse 26 zu tun. Da haben die Ratten eben Pech gehabt. Mit Menschen verfahren sie dort genauso – mit »freiwilligen« Strafgefangenen –, die, wenn sie ihre Bereitschaft erklären, sich Sachen in den Leib finassieren zu lassen, die da nicht reingehören – nicht nur Plastik- und Metallteile, sondern auch unerprobte Drogen – früher freigelassen werden. Hier dagegen verwenden wir im Großen und Ganzen Medizinstudenten als Versuchskaninchen. Ich habe nie an einem dieser Wettkämpfe teilgenommen, und darüber bin ich froh, denn ein Freund von mir hat bei einer Doppelblind-Testreihe für eine Droge mitgemacht, die den Blutdruck senkt, und ein Jahr später festgestellt, daß sie permanente Impotenz bewirken konnte. Er hatte Glück gehabt, daß er das Plazebo gekriegt hatte.
Das einzige Experiment, zu dem ich mich je bereitfand, war das Inhalieren von Trilen –, einem milden Betäubungsmittel, von dem man sich »Fuu fuu Baby« fühlt, dann
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