Autobiografie eines Lügners
bereits beschuldigt hatte, ich hätte die Schlüssel zum Drogenschrank verloren, sagte: »Nein, wird sie nicht. Sie ist erst vierzehn und hat keine Schmerzen.« Ich informierte sie, daß Schmerzen – vom Alter ganz zu schweigen – völlig irrelevant seien, und daß alle Anzeichen, Kontraktionen eingeschlossen, darauf hindeuteten, daß sie definitiv das erste Stadium der Wehen erreicht habe. Die Hebamme sagte: »Unsinn«, und ich gingzurück, um mir das Programm anzusehen. Gerade als Bernard Levin etwas sehr Interessantes zu Harvey Orkin sagen wollte, wurde ich angepiept, rannte in den Kreißsaal hinauf, und während ich mir noch die Hände schrubbte, kam das Mädchen nieder. Die Hebammen gerieten in Panik. Ich gab dem Mädchen das Kind, nachdem ich die Formalitäten erledigt, die Nabelschnur durchtrennt und die Plazenta gewogen hatte. Das Mädchen fragte mich, wie ich hieß, und nannte die Plazenta aus Dankbarkeit »Graham«, obwohl das Kind nach seinem Vater »Alvar« getauft werden mußte.
Das war die leichteste Geburt, die ich je gesehen habe, vielleicht weil das Mädchen so jung war und keine der Befürchtungen und Sorgen hegte, die von älteren Mitgliedern des weiblichen Geschlechts aufgeboten werden, um ihre Rolle im Leben dramatischer zu betonen. Ich habe die Geburt immer für einen der natürlichsten Vorgänge gehalten, einen, der die Einmischung der medizinischen Wissenschaft nicht braucht. Die meisten Frauen auf der Welt kriegen ihre Kinder hinterm Busch in der Hocke, in der auch eine Steißgeburt von einer einzigen Person bewältigt werden kann, ohne unnatürliche Einwirkung. Für männliche Leser: Stellen Sie sich vor, Sie haben neun Monate lang Verstopfung, nachdem Sie versehentlich eine ganze Kokosnuß verschluckt haben, und dann bittet man Sie, sich auf einen Operationstisch zu legen, die Beine breit, und jede Menge Leute in albernen Klamotten sehen zu. Wären Sie in der Lage zu scheißen? Meiner Ansicht nach sollten Kreißsäle aus sorgfältig angeordnetem Buschwerk bestehen, mit Ohrstöpseln für jede Mutter, damit sie nicht zu hören braucht: »Ach, mit meinem ersten war es ja ganz schrecklich«; »Falsch rum, stimmt’s, meine Liebe?«; »Ach, das arme Ding, ich hatte letztesmal fünfundzwanzig Stiche« und »Hängst du wenigstens am Tropf?« Geburten wären völlig schmerzlos, wenn Großmüttern die Lippen zugenäht würden.
Und wenn jemals jemand zu Ihnen sagt: »Da habe ich all die Qualen ausgestanden., um dich auf die Welt zu bringen, und dann das «, rennen Sie 1 ) weg; hauen Sie 2 ) der Betreffenden aufs Maul, oder sagen Sie 3 ): »Komm mir bloß nicht damit, du dämliche Kuh; wenn du gern im Schacht den ganzen Tag Scheißkohle hacken willst, kannst du das jederzeit tun.«
Ich bekam es satt, soviele unnötige Einschnitte zu nähen, so satt wie die Einstellung der südafrikanischen Oberschwester gegenüber meinem Freund. Eines Abends, als ich gerade einen Patienten fertig zugenäht hatte, wurde er zu einer Niederkunft gerufen. Die südafrikanische Schwester verweigerte ihm den Zutritt zum Operationssaal, und ich wurde gerufen. Als ich kam, fand gerade eine perfekt natürliche Geburt statt, und die südafrikanische Schwester sagte mir, Mr Sadza habe sich geweigert, eine Episiotomie durchzuführen. Ich sagte, da sei ich seiner Meinung, es scheine keine nötig zu sein, aber die alte Vettel kam mit einer Schere immer näher. Ich sagte: »Nein, hier läuft doch alles bestens.« Der Kopf des Babys hatte die Vagina bereits geweitet, und es schien offenkundig, daß es ohne Hilfe oder Schaden für die Mutter herauskommen würde. Sie bestand darauf, daß es das nicht würde, und näherte sich wieder mit ihrer Schere den Labia. Ich schlug ihr mit dem Ellbogen auf die Kinnlade, und sie fiel zu Boden. (Ich hielt meine Hände steril, um ein heiles Baby zur Welt zu bringen.) Das Baby wurde aus einer unversehrten Vagina geboren. Das war für mich eine genauso große Erleichterung wie für die Mutter; die medizinisch-juristischen Komplikationen eines Dammbruchs in Tateinheit mit körperlicher Gewalt zum Nachteil einer Hebamme wären alles andere als puspig gewesen.
KAPITEL FÜNF
Neuseeland
IKH die Königinmutter. W. G. Grace. Sir Edmund Hillary. Zip! Japanische Massage
März 1964 . Der neue Biochemische und Physiologische Trakt von St Swithin’s wurde von Ihrer Königlichen Hoheit der Königinmutter eröffnet. Da ich damals Sekretär des Studentenverbands war, wurde ich eingeladen, mich Ihrer
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