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Totenkopfverbänden angehörte.« Die Aussprache der deutschen Begriffe bereitete dem Capitan etwas Schwierigkeiten. »Sehen Sie den silbernen Totenkopf auf seiner Uniformmütze? Und auf den Ärmeln seiner Jacke sind ganz deutlich die zwei Blitze zu erkennen - das Abzeichen der SS. Achten Sie außerdem auf den Hintergrund - Berge von Leichen. Die Totenkopfverbände der SS waren nämlich zuständig für die Vernichtung der Juden.«
»Das weiß ich. Wieso erzählen Sie mir das alles?« Rosenberg wurde zusehends unruhiger. »Warum zeigen Sie mir dieses Foto?«
»Erkennen Sie den darauf abgebildeten Offizier nicht?«
»Natürlich nicht. Wie sollte ich auch?«
»Weil er eine auffallende Ähnlichkeit mit Ihrem Vater aufweist, dessen Foto Sie mir nach seinem Verschwinden vor mehreren Monaten haben zukommen lassen.«
»Aber dieser Mann ist nicht mein Vater.«
»Machen Sie mir doch nichts vor!« fuhr ihn Chavez an. »Ich habe die beiden Fotos sorgfältig miteinander verglichen. Fügen Sie noch ein paar Falten im Gesicht dazu! Nehmen Sie etwas Haar weg, stellen Sie sich den Rest etwas grauer vor, und schon haben Sie das perfekte Ebenbild Ihres verschwundenen Vaters vor sich!«
»Wie sollte ein Jude SS-Offizier gewesen sein?«
»Ihr Vater war ebensowenig Jude wie Sie. Ihr wirklicher Familienname ist Rodenbach. Der Vorname Ihres Vaters war Otto und der Ihre Karl.« Chavez holte aus dem Umschlag einen Packen weiterer Dokumente hervor. »Das Foto dieses Offiziers befindet sich sowohl auf alten SS-Ausweisen als auch auf den Einwanderungsanträgen Ihres Vaters, die er damals bei den mexikanischen Behörden eingereicht hat. Das Gesicht ist dasselbe, auch wenn der Name ein anderer ist. Unsere Behörden werden unverzüglich davon unterrichtet, wer Ihr Vater wirklich war. Selbstverständlich werden wir auch die zuständigen Stellen in den Vereinigten Staaten davon in Kenntnis setzen. Und wie Sie selbst wissen, gehen die Vereinigten Staaten mit äußerster Strenge gegen ehemalige NS-Verbrecher vor, um ihre Beziehungen mit Israel nicht zu belasten.«
Rosenberg war wie erstarrt. »Wer hat Ihnen das alles gesagt?«
»Sie erwarten doch nicht im Ernst, daß ich Ihnen meine Informationsquellen nenne?« Chavez breitete in einer einlenkenden Geste die Arme aus. »Allerdings würde es mich brennend interessieren, wieviel Sie es sich kosten lassen, wenn ich meine Informanten zurückpfeife und den zuständigen Behörden zu verstehen gebe, daß es sich bei dem Ganzen um eine bedauerliche Verwechslung gehandelt hat?«
Rosenberg war nahe daran, sich zu übergeben. Nahmen diese Erpressereien denn nie ein Ende? Soviel er auch zahlen mochte, konnte er seinen Kopf doch immer nur für einen begrenzten Zeitraum aus der Schlinge ziehen. Und irgendwann würde ihm schließlich das Geld ausgehen. Er mußte an die Lieferung denken, die inzwischen auf einem Schiff zum Mittelmeer unterwegs war und die ihn vermutlich endgültig ins Unheil stürzen würde.
»Wieviel wollen Sie?« fragte er.
Das Aufblitzen in den pechschwarzen Augen des Capitans verhieß nichts Gutes.
3
St. Paul, Minnesota. William Miller setzte ein höfliches Lächeln auf, als er die Bar durchquerte und auf den Mann zutrat, der an einem Tisch in der linken hinteren Ecke saß.
Am Telefon hatte sich der Mann mit Sloane vorgestellt. Er hatte behauptet, für Associated Press zu arbeiten und wollte mit Miller über dessen Vater sprechen.
Sloane erwiderte Millers Lächeln, stand auf und reichte ihm seine Hand.
Die beiden Männer taxierten sich gegenseitig.
»Was hat man Ihnen zugeschickt?« erkundigte sich Sloane. »Am Telefon sagten Sie etwas von irgendwelchem Schund.«
»Sind Sie wirklich Reporter?«
»Sie haben mein Ehrenwort.«
»Ach was, lassen wir den Quatsch.« Wütend auf sich selbst, schluckte Miller. »Tut mir leid, daß ich so ausfallend wurde, als Sie angerufen haben. Ich war mir sicher...«
»Deshalb sind wir doch hier. Um uns in Ruhe über das Ganze zu unterhalten.« Sloane forderte ihn mit einer kurzen Handbewegung auf, Platz zu nehmen.
Die beiden Männer setzten sich einander gegenüber an den Tisch. Sloane war Mitte dreißig, klein und breitschultrig; er hatte schütteres dunkles Haar und intelligente Augen. »Was haben Sie eigentlich mit Schund gemeint?« fragte er.
»Fotos.«
»Von was?«
»Von Konzentrationslagern, Leichen, Krematorien.« Miller rieb sich die Stirn. »Mein Gott. Mein Vater ist spurlos verschwunden, und dann hat jemand einen riesigen Totenkopf
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