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haben das eine Menge Deutsche getan. Was soll daran auszusetzen sein?«
»Wußten Sie auch, daß er einen anderen Namen angenommen hat?«
In Millers Wange zuckte ein Muskel.
»Sie wußten also Bescheid«, schloß Sloane aus dieser Reaktion.
»Also gut, ich wußte darüber Bescheid, wenn auch nicht über die näheren Umstände. Mein Vater hat mir nur erzählt, er hätte seinen Namen amerikanisiert, um nach dem Krieg nicht Opfer anti-deutscher Gefühle zu werden.«
»Hat Ihnen Ihr Vater auch erzählt, daß er deutscher Soldat war?«
»Ich habe keine Lust, mir diesen Unsinn noch länger anzuhören!« Wutschnaubend sprang Miller auf.
Sloane streckte seine Hand nach ihm aus, ohne ihn jedoch zu berühren. »Wenn demnächst ein Ermittlungsbeamter des Justizministeriums bei Ihnen auftaucht, werden Sie sich nicht so einfach aus der Affäre ziehen können. Deshalb würde ich unser Gespräch hier an Ihrer Stelle als eine Art Generalprobe betrachten. Außerdem sollten Sie bei dieser Gelegenheit vielleicht auch schon mal berücksichtigen, daß es sich für Sie und Ihre Familie nur von Vorteil erweisen könnte, wenn Ihnen die Presse wohlgesonnen wäre.«
Miller zögerte. »Wohlgesonnen?«
»Nun, plötzlich bricht die Vergangenheit über eine Familie herein, ohne daß diese je etwas von dieser Vergangenheit geahnt hätte. Ich könnte Ihren Fall durchaus so darstellen, daß dadurch Mitgefühl und Verständnis für Sie geweckt würden. Ich könnte den Sachverhalt also in ein für Sie günstiges Licht rücken. Vorausgesetzt selbstverständlich, daß Sie, was Ihren Vater betrifft, die Wahrheit gesagt haben.«
»Natürlich habe ich das.« Miller setzte sich wieder. »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß mein Vater solche Ungeheuerlichkeiten begangen haben könnte.«
»Darum geht es hier nicht. Mich interessiert lediglich, ob Sie tatsächlich nichts über seine Vergangenheit wußten. Glauben Sie wirklich, daß Ihr Vater unschuldig ist?«
»Aber selbstverständlich!«
»Dann beantworten Sie mir bitte meine Fragen. Hat Ihr Vater Ihnen erzählt, daß er deutscher Soldat war?«
Miller überlegte kurz. »Als er älter wurde, sprach er ab und zu über den Krieg. Er sagte, gegen Ende des Krieges wären alle Personen männlichen Geschlechts, selbst Kinder und alte Männer, eingezogen worden. Trotz seiner Unerfahrenheit wäre er zum Unteroffizier befördert und damit beauftragt worden, eine Brücke zu verteidigen. Als dann die Alliierten anrückten, versteckte er sich, bis das Schlimmste vorüber war, um sich dann zu ergeben.«
»Fanden Sie es nicht etwas eigenartig, daß einem deutschen Soldaten die Einreise in die Vereinigten Staaten gestattet wurde? Das war doch nach dem Krieg ziemlich ungewöhnlich.«
»Auch das hat er mir erklärt. Da die deutschen Soldaten nach dem Krieg in Gefangenenlager gesteckt wurden, versuchten viele, vor dem Anmarsch der Alliierten die Leiche eines Zivilisten zu finden und dessen Kleider und Papiere an sich zu bringen, um sich auf diese Weise der Gefangennahme zu entziehen. Auch mein Vater nahm auf diese Weise eine neue Identität an und kam in ein Flüchtlingslager anstatt in ein Kriegsgefangenenlager. Und nach mehr als einem Jahr in diesem Lager erhielt er schließlich die Genehmigung, nach Amerika auszuwandern. Wenn also tatsächlich stimmt, was Sie mir eben erzählt haben, dann hatte mein Vater wohl das Pech, die Identität dieses Franz Müller angenommen zu haben. Abgesehen davon, ist Franz Müller in Deutschland ein weitverbreiteter Name. Sicher gibt es Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Trägern dieses Namens. Aber nur einer von ihnen kann Kommandant einer SS-Einsatzgruppe gewesen sein.«
Sloane fuhr mit dem Zeigefinger durch den Kreis, den sein Glas auf der Tischplatte hinterlassen hatte. »Dem Justizministerium liegen Fotos von besagtem SS-Offizier vor. Neben einem Foto aus den Einwanderungsunterlagen Ihres Vater. Diese Fotos zeigen eindeutig ein und denselben Mann. Warum ist Ihr Vater verschwunden?«
»Wenn ich das wüßte! Mein Gott, mein Vater ist inzwischen dreiundsiebzig. Wo hätte er denn untertauchen sollen? Diese Anschuldigungen sind sicher vollkommen unbegründet!«
»Gut. Wenn Sie also bei dieser Version der Geschichte bleiben und das Justizministerium die Sache publik machen sollte, können Sie darauf zählen, daß ich den Sachverhalt in einer für Sie günstigen Weise darstellen werde. Selbst wenn das Justizministerium Ihren Vater der ihm angelasteten Verbrechen
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