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überführen sollte, werden Sie als ein unschuldig Betroffener dargestellt werden, als ein liebender, aber falsch informierter Sohn. Zugleich möchte ich Sie jedoch noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen: Falls Sie mir nicht die ganze Wahrheit gesagt haben sollten, falls Sie mich in irgendeiner Weise belogen haben sollten, werde ich die Sache in einem ganz anderen Licht darstellen. Der Öffentlichkeit wird dann unmißverständlich klargemacht werden, daß auch Sie und Ihre Familie an diesem Betrug beteiligt waren.«
»Ich habe Sie nicht belogen.«
»Na schön. Und denken Sie nicht, diese Geschichte wäre für mich lediglich Gegenstand einer auflagenträchtigen Story. Ich halte es für einen Skandal, daß in den Vereinigten Staaten völlig unbehelligt unzählige Nazi-Kriegsverbrecher leben, ohne daß sich auch nur ein Mensch an ihrer Vergangenheit stören würde. Ich könnte Ihnen jetzt auf der Stelle Dutzende von Namen und Adressen nennen. Auch beim Justizministerium weiß man genauestens über diese feinen Herren Bescheid. Sie sind alle um die siebzig Jahre alt. Sie mähen alle einmal wöchentlich ihren Rasen und laden alle paar Wochen ihre Nachbarn zu einer Grillparty ein. Ich könnte diese Männer vor den Augen ihrer besten Freunde ihrer Greultaten beschuldigen, ohne daß ein Mensch daran Anstoß nähme. Niemand würde mir glauben, weil diese Herren sich doch bisher absolut korrekt und anständig verhalten haben. Wie sollte der sympathische alte Herr von nebenan so etwas Schreckliches getan haben? Und außerdem liegt das doch alles schon furchtbar lange zurück. Weshalb sollte man plötzlich wieder diesen unangenehmen und längst vergessenen Schmutz aufwühlen?«
»Jetzt übertreiben Sie aber.«
»Ganz im Gegenteil.« Sloane zog ein Blatt Papier aus seiner Jackentasche. »Diese Liste habe ich von meinen Bekannten im Justizministerium. Sie enthält mindestens zwanzig Massenmörder, im Vergleich zu denen Jack the Ripper ein Waisenknabe war.«
»Und jeder von denen soll ein Kriegsverbrecher sein?«
»Allerdings. Und dabei handelt es sich bei diesen Männern nur um die Spitze des Eisbergs.«
»Aber wenn man beim Justizministerium so gut über diese Naziverbrecher Bescheid weiß... «
»Weshalb hat man sie dann nicht zur Rechenschaft gezogen? Weil nämlich der amerikanische Geheimdienst nach dem Krieg eine Abmachung mit diesen Männern getroffen hat. Sie sollten uns Zugang zu den deutschen Agentenringen verschaffen, damit diese für uns gegen die Russen arbeiten würden. Als Gegenleistung wurde diesen Männern von unserer Seite Immunität zugesichert. Überhaupt wurde dieses Problem ziemlich lax gehandhabt, bis vor einigen Jahren einige idealistische Anwälte des Justizministeriums gegen diese Vogel-Strauß-Politik Sturm zu laufen begannen, so daß 1979 das Amt für Sonderermittlungen ins Leben gerufen wurde.«
»Demnach wird also doch etwas gegen die Männer auf dieser Liste unternommen.«
»Ja, aber nicht nachdrücklich genug. Die Dunkelziffern sind selbstverständlich sehr hoch, und Schätzungen, denen zufolge in den Vereinigten Staaten zehntausend Naziverbrecher leben, dürften keinesfalls übertrieben sein. Bisher ist das Justizministerium gegen ganze vierzig von ihnen vorgegangen, wobei die Betroffenen schlimmstenfalls mit ihrer Abschiebung zu rechnen hatten.«
»Obwohl es sich bei ihnen um Massenmörder handelte?«
»Sie haben die Morde nicht in den Vereinigten Staaten begangen. Das einzige Verbrechen, dessen man sie in diesem Land beschuldigen kann, beschränkt sich auf die Angabe falscher Personaldaten auf ihren Einwanderungsanträgen.«
»Aber die Öffentlichkeit würde das doch nie hinnehmen, wenn sie davon erführe.«
»Glauben Sie wirklich? Im Fall der Männer, die gerichtlich verfolgt wurden, haben sich Bekannte und Nachbarn der Angeklagten dahingehend geäußert, daß man die Vergangenheit endlich Vergangenheit sein lassen sollte.«
»Ist das auch der Tenor Ihres Artikels?«
»Ich will dem Justizministerium unter die Arme greifen. Wenn ich die Öffentlichkeit auf diese Mißstände aufmerksam machen kann, bekommt das Amt für Sonderermittlungen vielleicht mehr Gelder bewilligt. Jedenfalls finde ich, daß diese Unmenschen - und es ist mir völlig gleich, wie alt sie sind -dafür büßen sollten, was sie unzähligen Unschuldigen angetan haben.«
»Einschließlich meines Vaters?«
»Falls die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zutreffen«, erklärte Sloane mit einem energischen Nicken,
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