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Personalakten. Gott allein weiß, wieviel Geld unsere Väter ihm zahlen mußten, daß er diese Unterlagen nicht der Öffentlichkeit zugänglich machte. Pavelic war der einzige Außenstehende, der genauestens darüber Bescheid wußte, was unsere Väter miteinander verband. Diese neuerlichen Nacht-und-Nebel-Aktionen hätten sich unmöglich durchführen lassen, wenn die Organisation, die sie veranlaßt hat, nicht gewußt hätte, was die Unterlagen des Kardinals enthalten.«
»Das klingt zwar durchaus logisch«, nickte Seth, »aber ich halte diese Erklärungsmöglichkeit deshalb noch keineswegs für zwingend. Es könnte durchaus noch andere Fakten geben, die uns bisher lediglich entgangen sind.«
»Welche zum Beispiel?«
»Genau hierin liegt das Problem«, sagte Seth. »Wir wissen zu wenig. Aber dieser Mann kann uns auch nicht weiterhelfen. Deshalb würde ich vorschlagen, wir beschäftigen uns als nächstes ausführlich mit dem Privatleben des Kardinals.«
Eiszapfen lachte. »Ich wußte gar nicht, daß Geistliche auch so etwas wie ein >Privatleben< haben.« Er überlegte kurz. »Und was machen wir...?« Er deutete auf Medici.
»Wir müssen ihn selbstverständlich beseitigen. Er ist für uns von keinerlei Nutzen mehr. Im Gegenteil, er stellt sogar eine Gefahr für uns dar. Eine zweite Spritze Sodiumamytal dürfte genügen. Er wird nichts spüren.« Seth zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist es sogar eine angenehme Erfahrung.«
»Damit blieben immer noch der Mann und die Frau, die wir in dem Hinterhof gegenüber von diesem Restaurant entdeckt haben. Die beiden lagen dort sicher nicht zufällig auf der Lauer. Sie haben sich für Medici aus genau denselben Gründen interessiert wie wir.«
»Wenn sie uns noch einmal in die Quere kommen, werden wir sie aus dem Weg räumen.« Das kurze Aufleuchten in Seths Augen deutete darauf hin, daß ihm auch das eine Freude sein würde.
Hin und wieder Alpträume
1
In engen Serpentinen wand sich die Straße den Berg hinauf. Die starke Steigung machte dem Volkswagen ziemlich zu schaffen. Als Saul einen halben Kilometer weiter Benzingeruch in die Nase stieg, hielt er auf dem kleinen Parkplatz eines Aussichtspunkts neben der Straße. Er stellte den Motor ab.
Erika, die auf dem Rücksitz geschlafen hatte, wachte auf. Sie kniff wegen der hellen Morgensonne die Augen zusammen, als sie in das Tal unter ihnen hinabsah. Der Himmel über ihnen war strahlend blau, die Bergwiesen leuchteten in saftigem Grün. Gähnend sah Erika auf ihre Uhr. »Zehn Uhr sechsundvierzig schon?« Sie war plötzlich hellwach. »Du sitzt schon seit Morgengrauen hinterm Steuer. Sicher bist du müde. Jetzt kann ich dich mal ablösen.«
»Es sind doch nur noch fünfzehn Kilometer. Die schaffe ich auch noch.«
»Nur noch fünfzehn Kilometer? Warum hast du dann angehalten?«
»Der Motor wäre um ein Haar in Brand geraten.«
Erika schnupperte kurz. »Jetzt kann ich es auch riechen. Benzin.«
»Wahrscheinlich ist es der Vergaser.« Saul stieg aus und klappte die Kühlerhaube hoch. Der Motor war von einem Flüssigkeitsfilm überzogen und dampfte heftig. Erika erschien neben Saul und warf einen Blick unter die Motorhaube.
»Gib mir mal dein Taschenmesser«, forderte sie Saul auf.
Sie klappte das Messer auf und verstellte damit eine Schraube am Vergaser. Wegen der dünnen Höhenluft hatte der Motor zuviel Benzin geschluckt, und dem half Erika durch das Verstellen der Gemischschraube ab.
»Noch fünf Minuten länger, und wir hätten zu Fuß weitergehen können«, bemerkte Saul.
»Wenn wir dazu noch in der Lage gewesen wären«, lachte Erika selbstkritisch. »Weil nämlich der Benzintank in die Luft geflogen wäre. Wir haben zu lange in der Wüste gelebt. Deshalb haben wir nicht mehr daran gedacht, welche Probleme die Höhenluft mit sich bringen kann.« Die Morgensonne brachte ihr langes, schwarzes Haar zum Leuchten. Ihre beige Jacke betonte das tiefe Braun ihrer Augen nur noch stärker.
Saul wurde von unbeschreiblicher Zuneigung für seine Frau erfüllt. »Hoffentlich ist das alles, was wir vergessen haben. Die Vorstellung, wir hätten bisher nur Glück gehabt, wäre mir äußerst unangenehm. Oder sollten wir doch etwas aus der Übung gekommen sein?«
»Vielleicht kann es gar nicht schaden, wenn wir hinsichtlich unserer Fähigkeiten von gewissen Selbstzweifeln geplagt werden. Das hindert uns jedenfalls daran, zu übermütig zu werden.«
»Diese Gefahr sehe ich bei mir sowieso nicht.«
Ungeduldig warteten sie
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