Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
hysterisches Lachen, zu komisch erschien ihr die Vorstellung, Caratac würde hier bei ihnen am Feuer erscheinen. Sie konnte förmlich die hitzigen Debatten und den Zorn in der Reaktion des Volkes hören.
»Mag sein …«, murmelte Prasutagos. »Aber ich bin ein König des Friedens, und was jetzt gebraucht wird, ist ein Kriegsführer …«
Ich kann nicht hierbleiben …, dachte Lhiannon.
Sie saß im Haus neben dem Kessel, der über dem Feuer hing, und rührte in der Suppe. Über das verräterische Zeichen auf ihrer Stirn hatte sie einen Schleier gebunden und um die Schultern einen Schal. In der Suppe köchelten die ersten Frühlingskräuter – zarte Nesseln, spinatähnliches Blattgemüse und Löwenzahn –, dazu gesalzenes Rindfleisch, eines der letzten Stücke der langsam zur Neige gehenden Vorräte. In ihrer Seele herrschte noch immer Winter.
Von draußen hörte sie das Stapfen genagelter Sandalen und tiefe Männerstimmen sowie das Klappern von Stahl- und Bronzemetall, als Schwerter, Schilde und Speerköpfe auf einen Haufen flogen.
Ich kam hierher, um den Krieg hinter mir zu lassen, aber Frieden herrscht hier nicht, vielmehr Tod …
Ihr gegenüber saß Boudicca, stillte ihr Kind. Rigana war eigentlich so gut wie abgestillt, doch wenn sie unruhig war, suchte sie noch immer die Mutterbrust. Jedes Mal wenn draußen Metall klirrte, fuhren sie zusammen, und unter Lhiannons äußerer frostiger Schale brodelte es. Prasutagos blieb keine andere Wahl, als die Beschlagnahme der Waffen zu beaufsichtigen, wenn auch nur, um den Zorn seiner Männer zu zügeln. Sie hoffte, dass jedes Schwert ihn mitten ins Herz traf, wenn es auf den Waffenhaufen schlug.
Sie zuckte erschrocken zusammen, als das schwere Fell, das die Tür verhängte, zur Seite gezogen wurde. Sonnenstrahlen fielen herein, und der römische Beauftragte Pollio trat ein, gefolgt von einem Legionssoldaten. In seinem Brustharnisch aus sich überlappenden Platten wirkte er wie ein Tausendfüßler, der einen Rundhelm mit ausgestellter Nackenstütze unter dem Arm hielt.
»Entschuldigung, die Damen«, sagte er in überraschend gutem Britannisch. »Aber kraft meines Befehls muss ich auch das Haus durchsuchen …«
Boudicca sprang auf, das schlafende Kind in den Armen. »Verstehe«, sagte sie süßlich, aber ihre Augen blitzten gefährlich. In der gleichen groben Manier hatten sie Bogle fest und sicher bei den Pferdestallungen angeleint. Und Bogle war genauso gefährlich wie irgendwelche Stahlklingen – aber auf so eine Idee kamen die Römer ja nicht.
Pollio gab seinen Soldaten ein Zeichen, und die fingen zögerlich an, sich umzusehen, gingen um den Herd herum, hoben Decken und Kisten hoch. Lhiannon rührte seelenruhig weiter in der Suppe, hüllte sich in Gleichgültigkeit, so wie ihr Schleier das Zeichen auf ihrer Stirn.
Als er die Vorhänge um die Schlafstatt berührte, musste Boudicca an sich halten. »Vergiss die Matratze nicht! Wir Kelten sind derart hartgesottene Barbaren, dass wir auf Speeren schlafen. Und wieso beschränkt ihr euch nur auf den Hausrat?«, fügte sie hinzu. »Hier, sucht an meinem Busen! Ich könnte dort einen Dolch versteckt halten.« Sie zog den Latz an ihrem Umhang herunter, der vom Stillen noch losgesteckt war, und entblößte eine weiße Brust. Dem Soldaten blieb vor Schreck der Mund offen stehen, und er wandte sich ab. Und Pollio wurde rot bis unter den Schopf. »Oder wollt ihr nicht auch in den Windeln meines Kindes nachsehen? Vielleicht haben wir dort ja einen Speerkopf versteckt!«
»Nein, meine Herrin, ich weiß, dass du und dein Mann Freunde Roms seid«, sagte Pollio. Dann murmelte er etwas dem Soldaten zu, der sich daraufhin umdrehte und sichtlich erleichtert aussah.
Im Bett hätte er ohnehin nichts gefunden, dachte Lhiannon. Waren diese Römer wirklich so naiv zu glauben, dass sie die Waffen an einem Ort versteckt hatten, wo sie so leicht zu finden wären? Der Legionssoldat hätte Prasutagos’ Schwert nie und nimmer entdeckt, es sei denn, er hätte gewusst, wie man in heiße Kohlen langt, ohne sich zu verbrennen – etwas, das sie auf Mona gelernt hatte. Sie hatten die Waffenerbstücke in geöltes Leder gewickelt und sie tief unter dem Feuer vergraben. Die Göttin, die über das Familienfeuer wachte, sollte sie so lange haben, bis die Zeit gekommen war, sie wieder zu nutzen.
Und dieser Tag wird kommen, dachte sie, während Pollio und sein Lakai sich umdrehten, von dannen zogen und sie zornig auf ihre Rücken starrte. Diese
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