Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon
schüttelte den Kopf, dessen junges Gesicht harte Züge zeigte, die zu seinem Alter nicht passen wollten. »Ich danke dir, mein König. Unser Freund mit dem verwundeten Bein muss sicher länger hierbleiben. Aber wir anderen zwei Narren, der Trinovant und ich, wir werden weiterziehen, bis wir ein Land erreichen, in dem es uns erlaubt ist, unsere Schwerter zu tragen!« Dabei strich er über die zerbeulte Klinge seines Schwerts, das er seitlich bei sich trug. »Vielleicht treffen wir dort auf weitere Männer vom Bund der Raben.«
Boudicca sah, wie ihr Gemahl zusammenzuckte, und diesmal war sie es, die keine Worte fand.
Drei Tage nachdem die beiden jungen Krieger das Gehöft verlassen hatten, starb der dritte von ihnen. Bei Sonnenuntergang begruben sie ihn in der Nähe des Schreins mit seinem verehrten Schwert in der Hand. Sie waren gerade auf dem Weg zurück zum Gehöft, als ein Reiter über den Hügel kam. Er hielt zwar keine Kampfeszeichen hoch, aber seine Miene war düster.
»Prasutagos, du wirst nach Dun Garo gerufen.«
»Hat der König eine weitere Ratsversammlung einberufen? Ich dachte, ich hätte meine Meinung bereits klargemacht.«
»König Antedios ist tot. Der römische Feldherr ruft dich sowie alle anderen überlebenden Stammesführer der Icener-Stämme.«
»Ich nehme an, er ist an gebrochenem Herzen gestorben«, sagte Boudicca zu Prasutagos, nachdem sie den Boten auf das Gehöft von Palos geschickt hatten, damit er dort essen und sich ausruhen konnte. Sie bog auf den Pfad Richtung Ramshill ein, und Prasutagos, der kein Wort gesagt hatte, seit er die Nachricht vernommen hatte, folgte ihr. »Antedios hat bestimmt die meisten der Gefallenen gekannt. Und mit einigen von ihnen habe ich als Kind wahrscheinlich gespielt.« Trotz Lhiannons Erzählungen vom Krieg im Süden war es schwer, sich vorzustellen, dass junge Männer, die eigentlich Pferde reiten und Kinder zeugen sollten, so schnell sterben konnten.
Schweigend gingen sie nebeneinanderher, und Boudicca sah, dass die Augen des Königs feucht schimmerten. »Was denkst du? Sag etwas! Wehe, du erstarrst jetzt wieder zu Stein!«
»Glaubst du denn, mein Herz tut nicht weh?«, platzte es plötzlich aus Prasutagos heraus. »Seit diese jungen Männer auf deinem Hof waren, frage ich mich, ob ich mich dem Aufstand nicht doch hätte anschließen sollen, ob es anders gelaufen wäre mit ein paar klugen Köpfen an der Spitze oder zumindest mit ein paar Schwertern mehr!«
»Ja, dann lägest du jetzt wahrscheinlich tot im Sumpfland«, antwortete sie. »Und dann, was würde dann aus uns?«
Er hielt mitten auf dem Weg an, verfolgte mit den Blicken eine Schar auseinanderstiebender Krähen über den Feldern. »Du bist im vergangenen Jahr und im Jahr davor auch ohne mich ganz gut zurechtgekommen …«, sagte er leise und sah noch immer den Krähen nach. »Ich weiß, dass du meine Anwesenheit duldest, aber nur dem Kind zuliebe.«
»Das ist nicht wahr!«, rief Boudicca und fragte sich plötzlich, wann genau ihre Gefühle sich geändert hatten. Er stand ganz still und unbewegt, hielt den Kopf gesenkt, und sie wagte nicht, sein Schweigen zu unterbrechen, verschränkte die Arme vor der Brust und spürte, dass sie fröstelte.
Kurz darauf ging er weiter. »Ich glaube, wenn ich dabei gewesen wäre«, sagte er mit gesenkter Stimme, »dann hätte ich ihnen zwar geholfen, die Schlacht zu gewinnen, aber den Krieg hätten wir dennoch verloren. Caratac hatte recht – die Zeit für die Vereinigung der Stämme war vor vier Jahren, bevor die römischen Adler ihre Klauen in dieses Land gestoßen haben. Alles, was wir jetzt noch tun können, ist, das Beste daraus zu machen.«
Er blieb erneut stehen und sah sie an – ein dunkler Schemen gegen den abendlichen Himmel. »Stimmst du mir da zu, meine Liebe?«
Boudicca sah ihn verwirrt an. Warum sollte es wichtig sein, was sie dachte? Kein Zweifel, Lhiannon würde sagen, dass sie weiterkämpfen sollten, sie jedoch sah immer noch das Gesicht des blutjungen Kriegers vor sich, die Angst in seinen Augen, als er starb. War Frieden da nicht besser als der Verlust von Männern – selbst mit begleitenden Widrigkeiten?
»Ja, mein Lieber, ich stimme dir zu.«
»Ich muss hinunter nach Dun Garo«, sagte er nüchtern. »Der gewählte Nachfolger von Antedios war dein Vater, aber der ist alt. In der königlichen Erbfolge bin ich der Nächste, und ich denke, dass sie vorhaben, mich zum König eines vereinten Stammes zu machen. Die Römer werden dies nur
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