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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Gegend des Landes wurde das Samaine-Fest in leicht abgewandelter Form gefeiert. Und da Boudicca als Kind in Dunford zu Hause gewesen war, war es an ihr, vorzutreten und den Kehrvers anzustimmen:
     
    Ihr Weisen, sagt ehrlich,
    Wie viele seid ihr,
    Und nennt mir Namen,
    Damit wir euch kennen.
    Die Männer, die den Kehrvers sangen, der darauf folgte, kannte sie eigentlich, aber durch die Masken klangen ihre Stimmen verzerrt und fremdartig.
     
    Ihr müsst uns nähren
    Mit Gerste und Weizen.
    So wie ihr die Geister beschenkt,
    So sollt ihr beschenkt sein!
    Während die Kinder zurück ins Haus rannten, um Fladenbrot und Bier zu holen, ging der Wechselgesang weiter. Schnell war das Essen und Trinken unter den Maskenträgern verteilt.
     
    Die Weiße Stute wird singen:
    Die Geister werden bringen
    Allen neues Leben,
    Allen neuen Segen.
    Der mächtige Kopf neigte sich. Boudicca trat zurück, benommen, als hätte sie selbst das Bier getrunken. Plötzlich sah sie keinen Pferdeschädel mehr und keine geschmeidige Tierhaut, sondern ein ganzes Tier samt Haut und Knochen.
    »Wie du mir eine Gabe schenkst, wird dir eine geschenkt … Was wünschst du dir, Königin der Icener?«
    Hörte sie diese Worte mit ihren Ohren oder mit ihrem Herzen?
    »Gib mir meinen kleinen Sohn zurück …«, flüsterte sie.
    »Er wird zurückkommen, aber nicht zu dir. Nicht durch eure Kinder werdet ihr Unsterblichkeit erlangen. Aber ich will dir deinen Beschützer zurückgeben.«
    Dann drängte sich die Menge dazwischen, und die Verbindung riss ab. Boudicca blinzelte, sah sich am Rand der Menge stehen.
    »Meine Herrin …«
    Sie drehte sich um und erkannte Brocagnos, an dessen Hand eine Wildschweinmaske baumelte. In der anderen Hand hielt er ein weißes Etwas, das sich bewegte. Sie beugte sich ein wenig hinab, um es genauer zu betrachten.
    »Als du im vergangenen Herbst zu Besuch bei mir warst, war meine weiße Hündin läufig, und dein Hund … nun ja, du siehst es selbst, der Welpe hier ist sein genaues Ebenbild. Ich wollte ihn eigentlich behalten, aber ich denke, er gehört hierher …«
    Boudicca hörte kaum hin. »Bogle …«, wisperte sie, als ein mächtiger weißer Kopf mit einer rostroten Schnauze und einem roten Ohr ihr aus Brocagnos’ Hand entgegenblickte. »Bogle, bist du das?«
    Der junge Hund spitzte die seidigen Ohren und sprang mit einem Satz freudig bellend in ihre Arme.
    Das reifende Korn auf den Feldern rings um Ramshill wogte wie ein weiches Fell im kalten Wind, der Tag für Tag bei Sonnenuntergang vom Meer herwehte. Prasutagos war nach Colonia gereist zum jährlichen Treffen der Stammesführer, zu dem Boudicca ihn das letzte Mal vor fünf Jahren begleitet hatte. Sie verbrachte die Sommer lieber hier in dem Land, das sie nach all der Zeit lieb gewonnen hatte, wo die Mädchen, inzwischen zehn und fast dreizehn, nach Herzenslust tollen konnten und weiten Auslauf hatten, so wie die Ponys, die sie ritten.
    Tagsüber war sie viel zu beschäftigt, als dass sie Prasutagos vermisste, das kam erst später, wenn die Schatten länger wurden und sich der Abend über das Land legte. Dann pfiff sie die Hunde herbei und ging mit ihnen hinaus in die Auen. Mittlerweile hatten sie gut ein halbes Dutzend davon, allesamt Nachkommen von Bogle und Hündinnen aus allen Ecken des Icener-Landes. Nachdem Brocagnos ihr den jungen Hund geschenkt hatte, zogen andere nach und schenkten ihr ebenfalls junge Welpen, in denen Bogles Blut floss, sodass ihre täglichen Spaziergänge nun begleitet waren von einer tollenden, weiß-rostrot gefleckten Hundeschar.
    Sie rannten kreuz und quer, scheuchten Hasen aus den Hecken, kläfften mit den krächzenden Krähen um die Wette, die in lauten Scharen aufstoben, über die Felder flogen, zurück auf ihren angestammten Baum. Und dennoch lag unter all dem oberflächlichen Lärm eine tiefe Ruhe über dem Land, die Boudiccas Seele besänftigte. Sie ging bis zum Hauptweg und blickte nach Süden, hoffte, den Tross der Männer und Pferde zu erspähen, welcher die Rückkehr ihres Mannes ankündigte.
    Aber es war nichts zu sehen. Die Hunde waren stehen geblieben, hoben die Köpfe und schnüffelten in die frische, kühle Brise. Sie wartete, kraulte den einen, dann den anderen pelzigen Hundekopf, der sich an ihre Hand drückte. Und da plötzlich erschien eine Gestalt am Horizont. Ein Mann, dem zackigen Gang nach zu urteilen ein junger Mann. Er trug eine verschlissene Tunika aus ungefärbter Wolle, ein Bündel auf dem Rücken und einen

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