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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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ins Haus kam, hatte man die Weidenwände entfernt, und die Bänke unter dem Strohdach waren dicht besetzt. Im großen Stuhl am oberen Ende der Feuerstelle saß Helve, die Augen so klar und stechend wie eh und je – wie die eines Raubvogels. Nur ihr Haar hatte inzwischen etliche graue Strähnen bekommen. Neben ihr saß – Lhiannon stolperte beinahe, als sie ihn erkannte – Ardanos.
    Dass Ardanos nach Lugovalos’ Tod Erzdruide geworden war, war sogar bis nach Eriu gedrungen. Aber sie hatte nicht erwartet, dass er sich verändert hätte. Er saß starr da, wirkte wie ein Standbild in den weißen Gewändern, selbst sein Haar war zu steifen Locken geformt. Aber vielleicht war sein Herz ja nicht ganz so vereist, wie es schien, denn immerhin hatte er den Kopf nach ihr gedreht, ihren Blick erwidert, und in seinen Augen war ein leises Flackern zu sehen.
    Doch was immer sie in seinem Blick zu erkennen gemeint hatte, er hatte sich sogleich wieder verschleiert. Ardanos neigte den Kopf zum Gruß, und nun drehte sich auch Helve nach ihnen um. In ihrer Miene spiegelte sich eine Mischung aus Erbitterung und Erleichterung, als sie Lhiannon sah.
    »Unsere Schwester Lhiannon ist aus Eriu zurückgekehrt«, sagte sie freundlich. »Ich bin sicher, sie hat uns viel zu erzählen, sobald wir unsere Beratungen hier abgeschlossen haben. In der Zwischenzeit wollen wir sie herzlich willkommen heißen.« Ihr Blick streifte die versammelten Druiden, männliche und weibliche, und ein Raunen ging durch die Reihen. Lhiannon erkannte Belina und Cunitor sowie einige andere. Und war der stramme junge Mann mit dem braunen Bart dort nicht der kleine Bendeigid? Zum Großteil aber waren ältere Priester und Priesterinnen anwesend, die sie nicht kannte.
    Sie folgte Coventa zu einem Platz auf den hinteren Bänken.
    »Die Lage ist folgendermaßen.« Ardanos’ Stimme klang gleichmäßig und beherrscht. »Der Feldherr Paulinus hat den Winter in der Festung von Deva verbracht, Schiffe gebaut und Vorräte gehortet. Die Vorräte könnte er zu sonst was brauchen, die Schiffe aber – Schiffe mit geringem Tiefgang, die durch Schwemmland fahren oder auf sandige Ufer auflaufen können – dienen wohl nur dem einen Zweck, nämlich Soldaten hierherzubringen, zumal die Zeit der Frühjahrsstürme nun vorbei ist. Dass es eines Tages so kommen könnte, haben wir gewusst. Vielleicht sollten wir dankbar sein, dass die Götter uns so lange davor bewahrt haben.«
    »Auf dieser Insel wimmelt es von Kriegern der Siluren, Ordovicer und Deceangli, die geflohen sind, als die Römer ihre Stämme eroberten«, sagte Helve. »Auf dem Festland gibt es keinen britannischen König mehr, der die Macht hätte, uns zu verteidigen. Wir haben euch heute hier einberufen, um zu entscheiden, ob wir uns zerstreuen, ob wir uns mit all unseren Kräften erwehren oder ob wir uns der Gnade der Römer ausliefern sollen.«
    »Letzteres auf gar keinen Fall«, warf jemand ein. »Gnade werden die für uns nicht haben.«
    »Man hasst, was man fürchtet – und sie fürchten uns zu Recht, wie wir ihnen beweisen sollten!«, sagte ein alter, Achtung gebietender Druide mit langem weißem Bart, der eindeutig einmal Oberdruide eines Stammeskönigs gewesen war. »Wenn die Krieger hier einfallen, steht ihnen kein Fluchtweg mehr offen. Und so viele erfahrene Druiden auf einem Haufen hat es noch nie gegeben. Lasst uns also den Zorn der Götter gegen sie beschwören!«
    Du gute Göttin, dachte Lhiannon. Und dafür bin ich zurückgekommen? Um noch einmal so etwas zu erleben wie damals mit Caratac? In ihren Albträumen wandelte sie noch immer über das Schlachtfeld der Niederlage, auch wenn die Erinnerung daran während der Zeit in Eriu etwas verblasst war.
    »Dann müssen wir sie zunächst günstig stimmen«, sagte eine der Priesterinnen. »Als wir an diesen Ort geflohen sind, haben wir Schätze mitgebracht. Schwerter und Wagen gehören nicht zu den Waffen eines Druiden. Lasst sie uns also den Göttern schenken!«
    »Lieber tot als auf einem römischen Siegeszug zur Schau gestellt«, brummte jemand hinter ihr.
    »Der Krieger bereitet sich auf die Schlacht vor, indem er sein Können probt«, sagte Ardanos ernst. »Ihr, die an Königshöfen und in Dörfern in Diensten wart, habt mehr Übung mit Ernte- und Heilungsriten als mit hohen magischen Künsten. Unser Ziel hier in Oakhalls war es, Geist und Seele zu nähren. Wenn wir uns der Römer erwehren wollen, dann muss jeder Einzelne von uns die noch verbleibende Zeit zum

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