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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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und Taximagulos, eure Gehöfte haben sie beschlagnahmt! Sie haben euch die Waffen genommen, die euch als Mann auszeichnen! Sie haben Waren und Ausrüstungen gestohlen, sie haben unsere jungen Männer fortgetrieben, um fern der Heimat zu sterben, sie haben unsere Frauen als Sklavinnen verkauft. Aber jetzt schreiten sie von der Gier zur Götterlästerung!« Sie drehte sich um, zeigte auf Rigana, die verstockt vor sich hin starrte und schützend ihre Schwester im Arm hielt.
    »Sie haben die Töchter des Königs befleckt, die Blume dieses Landes, und sie haben eure Königin behandelt wie eine Sklavin.« Die Männer wichen zurück, als sie den Zorn in ihren Augen funkeln sahen. »Seht nur!«
    Sie löste die goldene Brosche, die ihren Umhang hielt, und ließ ihn zu Boden gleiten. Darunter trug sie einen Rock, aber keine Tunika. Boudicca hätte sich nie entblößt vor so vielen Augen, aber Cathubodva zeigte stolz ihre Brüste, die noch immer prall und fest waren, obwohl Boudicca inzwischen vierunddreißig war. Sie hörte ein stöhnendes Raunen durch die Reihen der Männer gehen, und dann, als sie sich umdrehte, um ihren geschundenen Rücken zu enthüllen, huschte ein schreckerfülltes Flüstern durch die Menge – wie das Ächzen der Bäume vor dem Sturm.
    Boudicca spürte ihr Bewusstsein zurückweichen, als sich die Morrigan wieder umdrehte und der Menge zuwandte. »Viel zu lange schon schänden die Römer unser Land! Wir müssen sie vertreiben! Ihre Soldaten sollen sterben; ihre Städte sollen brennen!«
    Laute Rufe hallten ihren Worten nach, aber es gab auch Stimmen, die zu bedenken gaben, dass die Römer sie dreizehn Jahre zuvor schon einmal besiegt hatten, und warum sollte das jetzt anders sein?
    »Wenn eure Arme das Gewicht eines Schwertes vergessen haben, dann werden sie es jetzt wieder erfahren!«, rief sie. »Eure Herzen sind stark! Wenn die Icener allein die Römer nicht über das Meer davonjagen können, dann müssen wir ganz Britannien zu Hilfe rufen!« Sie berührte den funkelnden Ring um ihren Hals. »Dies ist der Halsring des Königs Cunobelin, den Caratac seinem toten Bruder Togodumnos abgenommen und den er getragen hat, als er die Stämme zum Aufruhr gegen die feindlichen Römer rief!«
    »Selbst seinem Ruf sind nicht alle gefolgt«, tönte Segovax. »Wieso sollten sie sich für dich erheben?«
    »Weil ich die Große Königin bin! Ich bin der Rabe der Schlacht, und ich werde euch führen!« Sie schüttelte den Kopf, und ihre Haarnadeln flogen wie Funken, als ihr flammendes Haar sich löste. »Weil ich der Sieg bin!«
    »Was sollen wir tun? Wohin sollen wir gehen?«, rief die Menge.
    »Dies ist die Hochburg der Sippe des Hasen – das heilige Tier der Andraste soll uns den Weg weisen!«
    Und damit sprang sie vom Podest.
    Die Männer wichen zurück. Als sie in Richtung der Tore davonschritt, rotteten sie sich in einem lärmenden Haufen hinter ihr zusammen. Bituitos folgte ihr dichtauf, in der Hand einen Beutel, in dem etwas zappelte und strampelte. Sie gingen unter dem Torbogen hindurch, an der Umzäunung entlang und hinaus auf den Weg. Sie wartete, bis auch die Menge hinter ihr durch das Tor war und sich schweigend nach allen Seiten verteilte. Als genügend Zeugen um sie waren, langte sie in den Beutel und zog einen Hasen heraus, der schlaff und bibbernd in ihren Raubvogelhänden lag.
    »Hab keine Angst, mein Kleiner«, murmelte sie und streichelte das graue Fell. »Die Raben schlafen. Dies ist nicht die Nacht, in der du sterben sollst …«
    Das Land ringsum lag still und friedlich, wellte sich in langen Bahnen aus Heide- und Weideland hinter der Anhöhe, auf der die Festung lag, dazwischen hier und da kleine Baumgrüppchen. Sie neigte den Kopf, spürte die Muskelspannung des Tierchens zurückkehren, als es plötzlich die Fellhaare aufstellte.
    »Andraste! Andraste! Schwester, ich rufe dich, Herrin dieses Landes! Zeige uns den Weg, du Königin! Führe uns zum Sieg!« Sie wiegte den Hasen an ihrer Brust und flüsterte ihm in die langen Ohren: »Renne, renne, und zeige uns den Weg, renne schnell und frei!«
    Sie bückte sich, setzte den Hasen auf den Boden und ließ ihn frei. Einen kurzen Augenblick lang kauerte sich das kleine Tier zusammen, zitterte. Dann sprang es mit einem langen Satz davon und schoss den Weg hinunter – südwärts – Richtung Colonia.
    Der laute Schrei der Icener trug den Hasen auf einer Klangwelle immer weiter fort. Männer führten Pferde herbei, klemmten rot bemalte Kriegspfeile in

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