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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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bückte, um ihr Bein zu reiben.
    Als sie wieder stehen konnte, sah sie Riganas Wagen herbeidonnern. Das Mädchen stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus und schwenkte den Speer mit einem lachenden Grinsen, das ihre Mutter lange an ihr vermisst hatte. Boudicca winkte ihr zu und drehte sich dann um, als jemand nach ihr rief.
    »Für heute ist es genug, Tascio – kehr um.« Sie bog sich gerade, als er die Pferde wendete und auf die Traube von Leuten zuritt, die sich am Rand versammelt hatten. Dabei gab sie sich alle Mühe, das Bild der mutigen Kriegerkönigin vor ihnen aufrechtzuerhalten und sich nicht anmerken zu lassen, wie dankbar sie war, die Übung mit gutem Grund beendigen zu können.
    Vom Streitwagen aus konnte sie den Großteil des Lagers überschauen, das seit dem Fall von Colonia einem fröhlichen Sammelplatz glich, auf dem sich allerlei Stämme zum Lugos-Fest eingefunden hatten. Auch Krieger kamen, diesmal aber samt Familien, zudem Barden und Kaufleute. Überall herrschte buntes Treiben – es wurde gesungen, und kleine Wettspiele im Kräftemessen oder sonstige Geschicklichkeitsspiele wurden veranstaltet. Eine unbeschwerte Heiterkeit erfüllte die Luft.
    Doch die Männer, die sie erwarteten, waren ganz und gar nicht in heiterer Festtagsstimmung.
    »Sind die Späher zurück?«, fragte sie. Nach der Niederlage der Neunten Legion hatte sie Männer ausgeschickt, um sämtliche römischen Festungen zu beobachten, insbesondere die im Osten, wo der Befehlshaber die Zwanzigste und die Vierte Legion postiert hatte, sowie im Südosten, wo die Zweite Legion stand. Eine Truppe von der Größe ihres eilends zusammengewürfelten Heeres konnte sich nicht unbemerkt in Marsch setzen – sie war überrascht, dass die Römer bislang nicht wieder angegriffen hatten.
    Die Gruppe machte Platz, um einen erschöpften Mann vorzulassen. »Ich bin nach Osten geritten, meine Königin, wie du befohlen hast. Musste aber nicht weiter als bis zu dieser neuen Festung am Großen Weg, die sie Letocetum nennen.«
    »Ist die Zwanzigste Legion im Anmarsch?«
    »Jawohl, mit der Vierten gleich dahinter, aber die wird noch eine Weile unterwegs sein. Die war nämlich auf Mona, meine Königin. Dort haben sie die Heilige Stätte der Druiden in Schutt und Asche gelegt und jeden Druiden getötet, den sie finden konnten!«
    »Frevel!«, tönte es einhellig. »Die Götter werden zurückschlagen …«
    Boudicca schloss die Augen, hielt sich am Rand des Wagens fest, während ein schreckerfülltes Raunen durch die Menge wogte. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sie selbst erlebt, welch große Verheerungen ein Feuer in einer Stadt anzurichten vermochte. Nur zu lebhaft konnte sie sich vorstellen, wie Flammen aus den kreisförmig angeordneten Gebäuden und im Heiligen Hain gen Himmel loderten. Was war wohl mit Belina, Coventa und all den anderen geschehen, die sie liebte? Sie betete zu den Göttern, dass Lhiannon noch in Eriu in Sicherheit war.
    »Die Götter werden in der Tat zurückschlagen«, wiederholte sie, wobei ihr heiße Tränen aus den Augen schossen. Sie zog den Wurfspeer aus der Halterung und streckte ihn hoch in die Luft. »Mein Arm ist meine Waffe! Und eure …« Sie schwang den Speer über der Menge. »Jede Faust, die eine Schwertklinge halten kann, ist eine Hand der Götter. Und wir werden Rache nehmen!« Lautes Zornesgeschrei tönte ihr entgegen, und sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.
    »Die Zwanzigste Legion wird noch Wochen unterwegs sein«, fuhr der Bote fort. »Ich habe die Nachricht von der Kavallerietruppe, die vor drei Tagen mit dem Feldherrn Paulinus kam. Sie nahmen sich kaum Zeit zum Essen und Schlafen, denn es ging sogleich auf frischen Pferden weiter Richtung Süden nach Londinium.«
    »Werden sie versuchen, die Stadt zu halten?« – »Wo will er genug Männer herbekommen?«, fragten alle durcheinander.
    Bislang war Boudicca unentschlossen, in welche Richtung sie ihre Truppen als Nächstes führen sollte. Doch nach dieser Nachricht wusste sie, was sie zu tun hatte.
    »Ich weiß nicht, was er tun wird«, sagte sie aufgebracht, »aber was wir zu tun haben, ist klar! Geht und verbreitet die Nachricht lauthals im Lager! Füttert eure Tiere noch einmal ordentlich und packt sodann die Wagen! Morgen werden wir Marsch auf Londinium nehmen. Und wenn wir Glück haben, dann treffen wir dort auch auf die Schlächter von Oakhalls!«
    Das Schiff schaukelte auf und ab, während ein böiger Wind es in Richtung Sommerland trieb.

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