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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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herschritt.
    Sie waren bereits am frühen Morgen aufgebrochen, wanderten durch Wälder und abgeerntete Felder, wo Krähen, die zwischen Getreidestoppeln nach herabgefallenen Körnern suchten, kreischend aufflogen. Es hatte in der Tat eine überreiche Ernte gegeben. Und es konnte gut sein, dass das aufgespeicherte Getreide künftig gebraucht wurde, um all die zu ernähren, deren Felder der drohende Krieg zertrampeln würde.
    Doch die Felder von Mona, obgleich ertragreich, deckten nicht den gesamten Bedarf der Insel. Ein gutes Stück landeinwärts, auf der östlichen Seite, wich der fruchtbare Boden einem breiten Sumpflandstreifen, der sich von der südlichen Küstenlinie aus halb über die Insel zog. Lhiannon sog die Luft tief ein, die erfüllt war vom Duft der Pflanzen und einer salzigen Meeresbrise. Da lenkte das plötzliche Herabstoßen einer Möwe ihren Blick auf den Sumpf. Irgendetwas bewegte sich im Schilfbett – ein Fischreiher stolzierte imposant einher, die grauen Federn bläulich schimmernd im Sonnenlicht. Und auf dem glitzernden Wasser dahinter schwamm eine ganze Flottille von Enten und Meerschwalben, die gefiederten Bürzel hoch gen Himmel gereckt, während sie die Köpfe untertauchten. Offenbar war der Mensch nicht der Einzige, dem die Insel eine gute Ernte schenkte. Der Wind zerrte an ihrem Schleier, und sie löste ihn, ließ ihr feines Haar frei fliegen, so wie Boudicca. Da würden sie beide heute Abend zwar eine ziemliche Strubbelmähne haben, aber immerhin konnten sie sich gegenseitig beim Entwirren helfen.
    Sie vernahm das brummig tiefe Gelächter der Männer, die mit den Königen vorneweg marschierten. Dahinter ging der Erzdruide, flankiert von Ardanos und Cunitor, und der junge Bendeigid führte die zahme Stute, auf der Mearan saß. Die Hohepriesterin war die Einzige, die sich reitend fortbewegte, da heftige Hüftschmerzen ihr neuerdings das Gehen beschwerlich machten. Lhiannon vermutete noch andere Gebrechen, welche die ältere Frau verbarg. Aber niemand von ihnen wagte, sie danach zu fragen.
    Lhiannon beobachtete, wie Ardanos sich zurückfallen ließ, um mit Mearan zu sprechen. Sie schüttelte den Kopf, und als er aufsah und sie die sorgenvollen Falten auf seiner Stirn bemerkte, war Lhiannon zutiefst bewegt. Gewiss leidet sie Schmerzen, mein Lieber, aber das wird sie vor dir niemals zugeben …, doch sie liebte ihn für seine rührende Aufmerksamkeit. Seit ihrem gescheiterten Stelldichein beim Beltane-Fest hatte sich eine gewisse Verlegenheit zwischen ihnen aufgebaut. Er sagte zwar, dass er verstehen könne, warum sie nicht gekommen sei, aber sie sah auch den Schmerz in seinen Augen und wagte nicht, diesen zu heilen, bis sie genau wusste und sicher war, was die Göttin von ihr wollte.
    Von weiter hinten drang das unregelmäßige Geklapper der Hufe und das Geklingel von Pferdegeschirr an ihr Ohr, das von den Ponys kam, die die Opfergaben trugen. Auf der Insel gab es kaum Wege, die für Pferdewagen tauglich waren, und in manchen Winkeln kamen selbst beladene Pferde nicht durch. Auch der Heilige Teich war nur über Umwege zu erreichen, doch an einem so schönen, sonnigen Tag machte Lhiannon der weite Weg ganz und gar nichts aus.
    Es war kurz nach Mittag, als sie den Fluss überquerten, der an seinem Oberlauf das Sumpfland speiste und nach Westen bog. Das dichte Waldland lief aus in ein wildes Stechginstergestrüpp, das strichweise über graue Felsblöcke wucherte; dazwischen zogen sich schilfgesäumte Rinnsale. Im Laufe des Tages begann sich Lhiannon zu wünschen, dass sie mehr Zeit für ihre körperliche Ertüchtigung verwendet hätte und weniger für die Meditation. Sie blickte zu Boudicca, beneidete den lockeren, leichten Gang des Mädchens. Ihr Rücken schmerzte, und ihre Füße waren wund.
    Als die Sonne langsam unterging, hielten sie schließlich in einer Talsenke, wo ein stehender Stein einen schmalen Pfad markierte, der vom Weg abging. Vor ihnen verschwand die Sonne hinter der grauen Wand des Heiligen Bergs, und linker Hand fiel das Land zum Meer hin ab. Ganz in der Nähe spiegelte ein kleiner See den glasig blauen Himmel.
    »Setz dich, Kind«, sagte Lhiannon, lehnte sich gegen einen Felsblock, streckte die Füße von sich und seufzte. »Es macht mich ganz müde, dir zuzusehen.« Sie winkte Boudicca herbei, die auf die Felsblöcke gekraxelt war, um eine bessere Sicht zu haben, und sich nun wieder hinabrutschen ließ.
    »Ist das der Heilige Teich?«, fragte sie und zeigte den Hügel

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